Kartellstreit um Windows-Betriebssystem EU sieht Microsoft-Angebot skeptisch
Microsofts Entscheidung, Lizenznehmern den Windows-Quellcode für Server ohne Aufpreis zur Verfügung zu stellen, um EU-Auflagen zu genügen, stößt auf Kritik: Während die zuständige Wettbewerbskommissarin Kroes Zweifel hat, dass den EU-Anforderungen dadurch Genüge getan wird, fürchten Softwareentwickler, dass die Maßnahme für sie mehr Nach- als Vorteile hat.
Die Offenlegung von Computerprogrammen, die der US-Softwarekonzern Microsoft der EU-Kommission zugesagt hat, ist möglicherweise nicht ausreichend, um die Wettbewerbsbedenken der Behörde zu zerstreuen. "Es ist die Qualität der Informationen und nicht deren Menge, die zählt," sagte der Sprecher von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes in Brüssel zu der Microsoft-Ankündigung, den Quellcode des Betriebssystems Windows offen zu legen. Entscheidend sei, dass diese Informationen ausreichend seien, um Programme der Konkurrenten mit Windows kompatibel zu machen. Anderenfalls erfülle das Unternehmen nicht die Auflagen der Kommission.
Microsoft stellte sich lange quer
Die Behörde hatte Microsoft im Frühjahr 2004 aufgefordert, bestimmte Programmteile offen zu legen, damit Arbeitsgruppenserver anderer Hersteller mit Windows-Computern und -Servern vollständig zusammenarbeiten können. Die darauf von Microsoft vorgelegten Dokumentationen waren nach Ansicht der Kommission aber zu ungenau und unvollständig. Daher forderte die Behörde im vergangenen Dezember Nachbesserung und drohte anderenfalls Microsoft ein Zwangsgeld von bis zu zwei Millionen Euro täglich an. Die Kommission erwartet nun bis spätestens 15. Februar eine offizielle Stellungnahme von Microsoft.
Entwickler freier Software befürchten Nachteile
Die Einsicht in den Quellcode ist für Computer-Programmierer wichtig, wenn sie Software-Anwendungen auf das Betriebssystem anpassen wollen. Ob diese wirklich ausreicht, um die Kompatibilitätsprobleme zu lösen, ist jedoch fraglich: So sieht die Free Software Foundation Europe (FSFE) Microsofts Entscheidung als problematisch an, anstatt der geforderten Schnittstellenprotokolle den Quellcode zur Verfügung zu stellen: "Es ist ein vergifteter Apfel", so FSFE-Anwalt Carlo Piana. So bestehe die Gefahr, dass Microsoft Programmierern, die Funktionen von Windows selbst nachprogrammierten, Copyrightverletzungen vorwerfe, da diese den Quellcode bei ihrer Arbeit verwendet haben könnten.