Streit um EU-Abgaspläne SPD-Politiker als Anwälte der Autoindustrie
Der Auseinandersetzung um die EU-Abgas-Grenzwerte hat sich auf die Brüsseler Bühne verlagert.SPD-Chef Beck gab dabei den Anwalt der deutschen Autobauer. Doch mit ihrer Haltung sind die Deutschen in der EU weitgehend isoliert.
Von Peter Heilbrunner, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Der EU-Umweltkommissar kam gleich zur Sache: Jeder müsse seinen Verpflichtungen zum Klimaschutz nachkommen, erklärte Stavros Dimas vor dem Europa-Parlament und meinte damit vor allem die Autohersteller, genauer jene aus Deutschland. Die Autoindustrie solle einfach die technischen Voraussetzungen schaffen, um das Ziel von 120 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer bis 2012 zu erreichen, so der Umweltkommissar aus Griechenland. Ein Ziel übrigens, auf das sich die Staats- und Regierungschefs bereits vergangenen Sommer geeinigt hatten.
Das ist aber genau der Wert, den die Autoindustrie selbst ins Spiel gebracht hatte, freilich bereits vor neun Jahren, als die Branche in Europa eine Selbstverpflichtung unterzeichnet hatte. Vor allem die deutschen Hersteller sind meilenweit von diesem Ziel entfernt, einzelne Modelle stoßen mehr als das Doppelte dieses Durchschnittswertes aus - Porsche, Audi und DaimlerChyrsler halten das Reduktionsziel mittlerweile für unerreichbar.
Beck als Anwalt der Autobauer
Die deutsche Politik hat sich die Argumentation der Autobauer zu eigen gemacht. Deshalb traten in Brüssel die Bundespolitiker weniger als Klimaschützer auf, denn als Interessenvertreter der PKW-Hersteller.
SPD-Chef Kurt Beck warnte in einem Gespräch mit EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot davor, die Auto-Industrie aus Europa herauszudrängen. Umweltminister Sigmar Gabriel bekannte sich zwar zu strengen Grenzwerten sowie einem gesetzlichen Rahmen. Gleichzeitig aber warb der SPD-Politiker für ein Maßnahmen-Mix, um das ehrgeizige Ziel zu verfolgen. So müsse ein höherer Anteil an Biosprit auf das Reduktionsziel angerechnet werden.
Einigung in der kommenden Woche?
Der Streit in der Brüsseler Kommission über die Grenzwerte für Neuwagen ist jedenfalls noch nicht beigelegt, ebensowenig wie die Auseinandersetzung zwischen Brüssel und Berlin. Bis kommenden Woche wollen sich der deutsche Industriekommissar Günther Verheugen und Umweltkommissar Dimas einigen, wobei SPD-Mann Verheugen ganz klar die Interessen der deutschen Auto-Industrie vertritt.
In der Kommission dürfte er mit dieser Haltung weitgehend isoliert sein, so wie es die deutschen Abgeordneten auch im EU-Parlament sind, stellte der CDU-Umweltpolitiker Peter Liese fest. Außerhalb Deutschland hat dafür kein Abgeordneter Verständnis, sagte Liese und forderte deshalb konstruktive Vorschläge von der deutschen Autoindustrie.
Wie die Auseinandersetzung um eine Schadstoffbegrenzung am Ende ausgehen wird, dazu wagt derzeit in Brüssel kaum jemand eine Prognose. Für die Deutschen jedenfalls dürfte es schwierig werden, Beistand zu finden. Schließlich waren es DaimlerChyrsler und Co, die einst auf die Selbstverpflichtung gedrängt haben und von der sie nun nichts mehr wissen wollen.