Steinbrück erleichtert über Ende des EU-Verfahrens "Nie wieder Defizitverfahren"
Bei ihrem letzten Treffen unter deutschem Vorsitz haben die EU-Finanzminister das deutsche Defizitverfahren endgültig eingestellt. Der Aufschwung spülte Geld in die Kassen. Deutschland nahm bereits 2006 weniger Neuschulden auf und baut das Defizit immer weiter ab. Ein Verdienst, der Finanzminister Peer Steinbrück zugeschrieben wird. Und der will am liebsten einen Haushalt ganz ohne neue Schulden.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Mit einem strikten Sparkurs macht man sich als Finanzminister nicht überall Freunde - in Brüssel dafür um so mehr. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia ist zufrieden: Die Zeiten exzessiver Schuldenpolitik in Deutschland seien vorbei.
Beeindruckende Entwicklung
Bereits im vergangenen Jahr hatte Bundesfinanzminister Steinbrück erheblich weniger Schulden gemacht, als die Bundesregierung in den Jahren zuvor - und damit die Vorgaben des Euro-Stabilitätspaktes wieder erfüllt. Auch die Aussichten für dieses Jahr sind bestens - das EU-Defizitverfahren gegen Deutschland wird deshalb endgültig eingestellt. „Die Entwicklung ist beeindruckend. Wir hatten die Bundesregierung gebeten, bis Ende 2007 den Stabilitätspakt wieder zu erfüllen - Deutschland hat die Neuverschuldung aber so stark zurückgefahren, dass das schon 2006 geklappt hat“, meinte Währungskommissar Almunia.
Stolzer Steinbrück
Die boomende Wirtschaft macht es möglich: Die Konjunktur spült so viel Geld in die öffentlichen Kassen, dass es dem Finanzminister leicht fällt, nicht mehr neue Schulden aufzunehmen als der Euro-Stabilitätspakt erlaubt. „In den Jahren 2006 und 2007 haben wir das deutsche Defizit um über zwei Prozent reduziert“, sagte ein sichtbar zufriedener Finanzminister Steinbrück. „Das ist der sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung geschuldet, aber auch der richtigen wirtschafts- und finanzpolitischen Strategie der Bundesregierung“. Er sehe mit einem gewissen Stolz, sagte Steinbrück, dass Deutschland jetzt aus dem Defizitverfahren entlassen werde - und im übrigen wolle er „nie wieder in ein solches Defizitverfahren hineingeraten“.
Bis 2005 hatte Deutschland vier Jahre in Folge mit seiner Schuldenpolitik gegen den Stabilitätspakt verstoßen - das EU-Defizitverfahren war die Quittung dafür gewesen. Die deutsche Haushaltspolitik kam damit quasi unter Brüsseler Aufsicht - am Ende eines solchen Verfahrens können Strafzahlungen in Milliardenhöhe stehen. Der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel hatte sich vehement gegen jede Verschärfung des Verfahrens gewehrt: 2003 hatten sich Bundesregierung und EU-Kommission gegenseitig vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt.
Der Stabilitätspakt soll sicherstellen, dass der Euro auf Dauer eine harte Währung bleibt. Im Vertrag von Maastricht waren zwar die Regeln für die Aufnahme in den Euro-Club festgelegt worden, doch die Vorschriften für die Einhaltung nach dem Start der Währungsunion blieben vage. Unter dem Druck des damaligen deutschen Finanzministers Theo Waigel wurde nach langen Verhandlungen im Dezember 1996 der Stabilitätspakt beschlossen.
Sein Kern sind hohe Bußgelder für Länder, deren Haushaltsdefizit drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschreitet. Die Strafe beträgt je nach Höhe der Überschreitung 0,2 bis 0,5 Prozent des BIP. Lange wurde um Ausnahmen gerungen. Keine Strafen brauchen gezahlt werden, wenn es unvorhersehbare Ereignisse gibt, wie Naturkatastrophen oder eine schwere Rezession mit einem Rückgang des BIP um mehr als zwei Prozent im einem Jahr.
Auseinandersetzung über deutsche Haushaltspolitik
In Brüssel denkt man mit Grauen an diese Zeit zurück. Solange die Konjunktur weiter brummt, wird es keine ernsthaften Probleme mit Brüssel geben - Steinbrück und Währungskommissar Almunia sind sich einig, dass weiter gespart werden muss: „Ich kann die Versicherung geben, dass Deutschland die Verpflichtung einhalten wird, 2010 ein gesamtstaatliches Defizit von Null zu haben“, sagte Steinbrück - also einen Haushalt, der ohne neue Schulden auskommt.