EU debattiert über den IWF-Chefposten Vorschläge, Absagen und Kritik
Wer wird neuer Chef des Internationalen Währungsfonds? Die EU hat das ungeschriebene Vorschlagsrecht, der von Frankreich ins Spiel gebrachte Ex-Finanzminister Strauss-Kahn stößt aber nicht überall auf Gegenliebe. Generelle Kritik kommt von Entwicklungsländern: Die EU habe keinen automatischen Anspruch auf den IWF-Chefposten.
Der französische Vorschlag, den früheren Finanzminister Dominique Strauss-Kahn zum neuen Chef des Internationalen Währungsfonds zu machen, sorgt für Diskussionen. Das Thema soll nach Angaben der portugiesischen Ratspräsidentschaft beim Treffen der EU-Finanzminister zwar erörtert werden, mit einer Entscheidung wird aber nicht gerechnet.
Der neue französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte den Oppositionspolitiker Strauss-Kahn ins Rennen geschickt. Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Thomas Mirow, bekundete Respekt für die Kandidatur des Franzosen. "Ich glaube, dass es im Hinblick auf seine Kompetenz keine Zweifel geben kann." Auf die Frage, ob es andere Kandidaten gebe, sagte Mirow: "Ich höre das." Wann eine Entscheidung falle, könne er nicht sagen. Auch der österreichische Finanzminister Wilhelm Molterer sagte, es gebe noch keine Einigung auf einen Kandidaten.
Kandidatur Strauss-Kahns umstritten
Als möglicher Bewerber galt bislang der frühere niederländische Finanzminister Gerrit Zalm. Ein Sprecher des Ministeriums sagte aber, Zalm stehe für den Posten nicht zur Verfügung. Laut Diplomaten hat auch Italien Interesse angemeldet. Als Kandidaten gelten Zentralbankchef Mario Draghi, der frühere EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti und Finanzminister Tommaso Padoa-Schioppa. Draghi bekräftigte aber, dass er kein Interesse habe. Auch Padoa-Schioppa äußerte sich entsprechend. Genannt wurde auch der ehemalige polnische Zentralbankchef Leszek Balcerowicz.
Sarkozy hatte am Wochenende gesagt, sein Vorschlag stoße auf Zustimmung in den USA, Spanien, Italien und Großbritannien. Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sprach von einem guten Kandidaten. Die Nominierung von Strauss-Kahn ist in Frankreich allerdings umstritten. Kritiker werfen Sarkozy vor, den einflussreichen Sozialisten wegloben zu wollen, um ein Zugpferd der Opposition kaltzustellen. In Deutschland kam Kritik aus der Union. Der CDU-Finanzpolitiker Steffen Kampeter verwies darauf, dass bereits an der Spitze der Europäischen Zentralbank, der Welthandelsorganisation sowie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Franzosen stünden."Europa ist mehr als Frankreich", sagte Kampeter. Auch seien die wirtschaftspolitischen Ansichten Strauss-Kahns problematisch, er sei ein "Vertreter des Staatsinterventionismus." Kampeter forderte die Bundesregierung auf, die Kandidatensuche nicht frühzeitig zu beenden.
Der amtierende Chef des Internationalen Währungsfonds, der Spanier Rodrigo Rato, hatte für Oktober seinen Rückzug angekündigt. Nach einer informellen Absprache stellen die Europäer den IWF-Chef, während der Präsident der Weltbank ein US-Amerikaner ist. Aus den Schwellen- und Entwicklungsländern kommt aber zunehmend Kritik an dieser Postenteilung. Auf ihren Wunsch hin trifft sich das IWF-Direktorium in der kommenden Woche in Washington.