Breite Front gegen Liberalisierungspläne Hafenrichtlinie in Straßburg versenkt
Die EU-Kommission ist mit ihrem Versuch einer Liberalisierung des Hafenbetriebs gescheitert. Das Europaparlament lehnte den Entwurf einer neuen Richtlinie ab. Das Aus des so genannten Port Package II, gegen das zuletzt tausende Hafenarbeiter protestiert hatten, wurde allgemein begrüßt.
Schon zum zweiten Mal ist die EU-Kommission mit einer Initiative zur Liberalisierung der europäischen Hafenbetriebe gescheitert. Nach einem Vorstoß im Jahr 2003 lehnte das Europaparlament die umstrittene Hafenrichtlinie "Port Package II" mit großer Mehrheit ab. 532 der 677 Abgeordneten stimmten gegen den Vorschlag der EU-Kommission, der eine Liberalisierung des Hafenbetriebs in Europa vorsah. 120 votierten dafür und 25 enthielten sich.
In der Debatte bezeichneten die Abgeordneten den Vorschlag als unnötig und schlecht. Nach Ansicht der Kritiker ist der Gesetzesentwurf der Europäischen Kommission unnötig, weil der Wettbewerb in Europas Seehäfen bereits funktioniere. Sie befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen und Sozialdumping.
Proteste zeigen Wirkung
In den vergangenen Tagen hatten tausende Hafenarbeiter mit Streiks und Demonstrationen in ganz Europa gegen das Gesetz protestiert. In den zweitägigen Beratungen des Parlaments hatten mehrere Abgeordnete explizit auf diesen Widerstand hingewiesen, als sie ihre Ablehnung begründeten.
Mit der Richtlinie wollte die EU-Kommission den Wettbewerb bei den Hafendiensten verschärfen und die Kosten für Lotsen- und Schleppdienste sowie das Löschen von Ladung in den europäischen Seehäfen senken. Mit der Ablehnung ist das Papier vom Tisch. Die Kommission könnte allerdings einen neuen Gesetzesvorschlag vorlegen.
Tiefensee: Guter Tag für den Wirtschaftsstandort Europa
Das Aus für die Richtlinie stieß in Deutschland auf breite Zustimmung. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sprach in Berlin von einem "guten Tag für unseren Hafen- und Logistikstandort sowie die Beschäftigten in der maritimen Wirtschaft". Die klare Positionierung für transparente und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Seehäfen habe sich ausgezahlt, sagte er. Der Minister hatte sich wiederholt gegen das Vorhaben der EU-Kommission ausgesprochen.
"Hoch zufrieden" äußerte sich auch die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Sie warnte vor einer Neuauflage der Richtlinie durch die EU-Kommission. Eine solche politische Initiative der Brüsseler Behörde wäre ein schlechtes Beispiel dafür, wie "bedenklich weit" das Entscheidungsgremium von der Lebenswirklichkeit der Bürger entfernt sei.
Der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe appellierte an EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot, als Konsequenz aus der Abstimmungsniederlage den Richtlinienvorschlag ganz zurückzuziehen.
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