Riesige Steinkohle-Vorräte schlummern in der Tiefe Schwarzes Gold für die nächsten 300 Jahre
Mindestens 300 Jahre werden die weltweiten Steinkohle-Vorkommen noch reichen. In Deutschland wurde der Abbau des schwarzen Goldes immer wieder infrage gestellt. Vielleicht hat die deutsche Kohle langfristig aber doch noch eine Chance.
Von Andreas Peter, MDR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin
Steinkohle ist ein fossiler Rohstoff, der in so gewaltigen Mengen auf der Erde vorkommt, dass er eigentlich eine Versorgung der Menschheit über mehrere hundert Jahre sicherstellen könnte. So schätzt die Uno die weltweiten Vorräte auf beinah unvorstellbare sechs Billionen Tonnen, also 6.000.000.000.000 Tonnen.
Steinkohle für die nächsten 300 Jahre
Im Jahre 2004 wurden weltweit 4,6 Milliarden Tonnen Steinkohle aus dem Boden geholt. Das entspricht also nicht einmal 0,1% der geschätzten Vorräte. Selbst wenn man unterstellt, dass nur die Hälfte der Weltreserven wirtschaftlich zu gewinnen ist und sich die Jahresförderung verdoppelt, könnte die Menschheit trotzdem mehr als 300 Jahre lang auf die Steinkohle setzen.
Die deutschen Reserven wurden bis vor kurzem von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover auf 21,6 Milliarden Tonnen geschätzt. Die Unternehmen der deutschen Steinkohleindustrie operieren nach wie vor mit dieser Zahl. Doch neuerdings spricht die Bundesanstalt nur noch von Steinkohle-Reserven in Höhe von 152 Millionen Tonnen. Diese Menge sei derzeit mit Subventionen in einem absehbaren Zeitraum wirtschaftlich zu fördern. Abhängig ist diese Bewertung vom Weltmarktpreis. Die 21,6 Milliarden Tonnen Steinkohle sind aber als Ressource vorhanden.
Deutsche Kohle liegt tief
Die deutsche Steinkohle hat prinzipiell einen gravierenden Nachteil: Sie muss aus Tiefen von über 1000 Metern unter schwierigen geologischen Bedingungen ans Tageslicht befördert werden. Das macht sie extrem teuer. Selbst Steinkohle, die aus dem tausende Kilometer entfernten Australien, dem weltgrößten Exporteur des schwarzen Goldes, herangeschafft werden muss, ist billiger als die deutsche.
Schon über 100 Milliarden Euro an Subventionen
Deshalb griff Vater Staat schon vor Jahrzehnten ein und stützte den Absatz deutscher Steinkohle mit Milliardensummen. Nach Angaben des Bundesumweltamtes wurden so allein zwischen 1980 und 2003 mehr als 100 Milliarden Euro an Subventionen gezahlt. Im Jahre 2001 verursachte ein Arbeitsplatz in der deutschen Steinkohleindustrie Jahreskosten von 82.000 Euro.
Als Mitte der 90er-Jahre der so genannte Kohlepfennig vom Bundesverfassungsgericht kassiert wurde und die Weltmarktpreise für Steinkohle historische Tiefststände erreichten, wurde der innenpolitische Druck so groß, dass die damalige Regierung Kohl den geordneten Rückzug aus der Steinkohleförderung bis zum Jahre 2005 beschloss. Außerdem musste Deutschland Vorgaben der EU umsetzen, die die Subventionsmaschine bremsen.
Immer wieder wütende Proteste der Kumpel
Vorangegangen waren dem aber wütende Proteste der Steinkohlekumpel. In Bonn demolierten sie gar die FDP-Zentrale, weil die Liberalen am lautesten den Totalausstieg aus der deutschen Steinkohle forderten.
Förderung vor 25 Jahren fünf mal so hoch wie heute
Die Regierung Schröder beschloss im Juli 2003 eine Übergangslösung für die Zeit nach 2005. Jetzt erhält die deutsche Steinkohleindustrie bis 2012 Subventionen von fast 16 Milliarden Euro. Das sind pro Jahr mehr als zwei Milliarden Euro. Die deutsche Steinkohleförderung soll im gleichen Zeitraum auf 16 Millionen Tonnen heruntergefahren werden. Zum Vergleich: 1980 wurden an Rhein und Ruhr noch 87 Millionen Tonnen aus der Erde geholt.
Immer wieder stehen bei den Diskussionen um die Steinkohle auf der einen Seite die Befürworter der Tabula-Rasa-Methode, die auch ein Ende der deutschen Steinkohleförderung nicht als Bedrohung für die Energieversorgung der Republik ansehen. Auf der anderen Seite sind jene Vertreter, die wegen des Wegfalls von Zehntausenden Arbeitsplätzen unvorhersehbare sozioökonomische Verwerfungen im Ruhrgebiet befürchten. Dazu kommt eine steigende Importabhängigkeit der Bundesrepublik.
Steinkohle-Preise in zehn Jahren verdoppelt
Die Weltmarktpreise für Steinkohle haben sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Das geschah vor allem wegen der unersättlichen Nachfrage Chinas und Indiens, deren eigene gewaltige Förderleistung dennoch den ungeheuren Bedarf dieser beiden aufstrebenden Volkswirtschaften nicht stillen kann. Kostete die Tonne 1996 im Durchschnitt noch 38 Euro waren es 2005 schon 65 Euro. Und es gibt nicht wenige Experten, die einen weiteren Preisanstieg in den kommenden Jahren voraussagen.
Abbau auch ohne Subventionen in 15 Jahren rentabel?
Bemerkenswert ist eine Selbsteinschätzung der deutschen Steinkohleindustrie. 2006 erklärte Professor Günther Apel, Bergbauexperte beim der Spezialfirma Deutsche Montan Technologie GmbH in Essen, in einer Presseerklärung, dass "je nach Weltmarktniveau auch ein nichtsubventionierter Steinkohlebergbau in Deutschland möglich sei, wie er derzeit in England, Kanada, USA oder Australien betrieben wird". Apel schreibt dort: "Zwar muss man in den besagten Ländern nicht in über 1000 Meter Tiefe vordringen, doch selbst unter den geologisch schwierigeren Abbaubedingungen in Deutschland ist ein privatwirtschaftlich finanzierter Bergbau in 15 bis 20 Jahren möglich."