Öffentlicher Personennahverkehr Deutschlands Regionalverkehr auf dem Prüfstand
Die Verkehrsminister der 25 EU-Staaten beraten in Luxemburg über mehr Wettbewerb im öffentlichen Personennahverkehr. Für Deutschland steht viel auf dem Spiel: Sollten sich die Liberalisierungsbefürworter gänzlich durchsetzen, könnten Verbundtickets im Regionalverkehr der Vergangenheit angehören.
Die Verkehrsminister der EU beraten in Luxemburg über die Liberalisierung des öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV). Dabei steht insbesondere das deutsche System in Frage. Vielerorts werden wird der Regionalverkehr vom Staat bezuschusst, was nach Auffassung der EU-Kommission gegen Wettbewerbsrecht verstößt. Auch verlangt die EU, dass Aufträge im ÖPNV europaweit ausgeschrieben werden. Dadurch erhofft sich Brüssel, die Qualität zu erhöhen und langfristig die Preise zu senken. Bisher hatten die Kommunen die Wahl, die Aufträge entweder an regionale Anbieter zu vergeben oder auszuschreiben.
Verschwinden die Verbundtickets?
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee will eine baldige Umsetzung der EU-Forderungen verhindern. Er fürchtet, dass Regionalverbände im Nahverkehr sich nicht gegen die Konkurrenz aus Europa behaupten können. In der Konsequenz könnten die bekannten verkehrsmittelübergreifende Fahrkarten der Vergangenheit angehören. So wäre denkbar, dass innerhalb einer Stadt für eine Busfahrt ein anderes Ticket gelöst werden müsste als für eine Straßenbahn- oder U-Bahn-Fahrt, weil die Verkehrsmittels von konkurrierenden Unternehmen betrieben werden. Selbst innerhalb des eines U-Bahn-Netzes wären unterschiedliche Betreiber bei einer Marktöffnung denkbar.
Tiefensee hofft auf Aufschub
Tiefensees Ziel ist es deshalb, dem Regionalverkehr europäische Ausschreibungen zu ersparen und eine Übergangsfrist durchzusetzen. Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft hat die Bedenken der Bundesregierung berücksichtigt und will den national vorhandenen Nahverkehrssystemen Rechtssicherheit bis 2022 einräumen.
Aber selbst Tiefensee die österreichische Initiative mit Skepsis: Von den 25 Mitgliedsstaaten seien höchstens Deutschland sowie Polen, Österreich und Finnland, deren Systeme dem deutschen ähneln, gegen einen Wettbewerb beim Nahverkehr. Auf deren anderen Seiten drängen große Verkehrsbetriebe aus Großbritannien und Frankreich, den Markt zu öffnen.