Entgelttransparenzgesetz Wenige Beschäftigte fragen nach Verdienst der Kollegen
Nur wenige Beschäftigte nutzen das Recht, die Bezahlung ihrer Kolleginnen und Kollegen zu erfahren. Nun soll das Gesetz überprüft werden - denn die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen ist weiter groß.
Seit 2017 können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Auskunft darüber verlangen, was andere Beschäftigte verdienen und so ihre Bezahlung mit den Kollegen des anderen Geschlechts vergleichen. Die Rechte aus diesem sogenannten Entgelttransparenzgesetz haben allerdings nur wenige Beschäftigte genutzt, wie ein Gutachten zeigt, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Daher soll laut Familienministerium heute im Bundeskabinett über die Expertise zur Überprüfung des Gesetzes beraten werden. Ursprünglich sollte es für mehr Lohngleichheit bei Frauen und Männern genutzt werden.
"Zwei Drittel kennen ihre Rechte nicht"
Dem Gutachten zufolge hat die Mehrheit der Beschäftigten weder eine Auskunft verlangt noch plant sie, dies in absehbarer Zukunft zu tun. "Konkret geben vier Prozent der Beschäftigten an, eine Auskunftsanfrage gestellt zu haben", schrieben die Autoren des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Tübingen.
Zwar kennen demnach rund 86 Prozent der befragten Verantwortlichen in Betrieben und Dienststellen den individuellen Auskunftsanspruch zur Überprüfung von Entgeltgleichheit. Auch die Mehrheit der Personal- und Betriebsräte wisse Bescheid. "Trotzdem zeigen die Ergebnisse, dass Betriebe und Dienststellen den Auskunftsanspruch den Beschäftigten nicht aktiv kommunizieren", heißt es im Gutachten.
Denn nur ein Drittel der Beschäftigten wisse, dass sie einen Auskunftsanspruch hätten. "Zwei Drittel kennen ihre Rechte nicht", stellen die Gutachter fest. "Unter dem anderen Drittel sehen manche keinen Mehrwert in einer Auskunft, oder sie fürchten, dass ein Auskunftsersuchen von ihren Vorgesetzten negativ bewertet werden könnte."
Frauen verdienen fast ein Fünftel weniger
Das Gesetz war Juli 2017 in Kraft getreten. Es sollte zur Durchsetzung des sogenannten Entgeltgleichheitsgebots beitragen - also zur gleichen Bezahlung für gleiche oder gleichwertige Arbeit zwischen den Geschlechtern. Der individuellen Auskunftsanspruch besteht für Beschäftigte in Betrieben und Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten.
Frauen erhalten in Deutschland weiterhin durchschnittlich geringere Stundenlöhne als Männer. Im vergangenen Jahr verdienten sie nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Schnitt 20,05 Euro pro Stunde und damit 4,31 Euro oder 18 Prozent weniger als Männer (24,36 Euro). In Ostdeutschland liegt der Verdienstunterschied aktuell mit sieben Prozent weit unter dem im Westen mit 19 Prozent.
Die Unterschiede sind den Angaben zufolge vor allem darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen die Vergütung geringer ist. Außerdem arbeiten sie häufiger in Teilzeit. Allerdings gibt es auch bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie immer noch einen Unterschied beim Verdienst: Dieser sogenannte bereinigte "Gender Pay Gap" wird auf sieben Prozent beziffert.