Koalition debattiert Konjunkturförderung Großeinkäufe auf Staatskosten?
Im Kampf gegen die Rezession streitet die Große Koalition über den Vorschlag, mit Konsumgutscheinen die Nachfrage anzukurbeln. In der SPD gibt es Überlegungen, jedem Erwachsenen 500 Euro zum Einkaufen zu schenken. Führende Unionspolitiker lehnen die Idee ab.
Einen Tag vor der geplanten Verabschiedung des ersten Konjunkturprogramms im Bundestag debattieren SPD und Union, wie sie mit weiteren Maßnahmen die Rezession bekämpfen können. Im Mittelpunkt des Streits stehen dabei Konsumgutscheine für Bürger. Nach der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles sprach sich auch der saarländische SPD-Chef Heiko Maas für den Vorschlag aus. "Das könnte kurzfristig dazu führen, dass die zurzeit einbrechende Konjunktur wieder verbessert wird", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, bestätigte, dass dieser Vorschlag ernsthaft geprüft werde.
Lauterbach will 500 Euro für jeden Erwachsenen
In der SPD wird dabei ein Modell des Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach diskutiert. Es sieht vor, kurzfristig an alle erwachsenen Bürger einen Gutschein über 500 Euro zu verteilen. Kinder und Jugendliche sollen je 250 Euro erhalten. Um die Konsumgutscheine einlösen zu können, müssen die Bürger aber selbst mindestens 200 Euro aus eigener Tasche bezahlen. Hartz-IV-Empänger sollen ebenso wie Kinder und Jugendliche von dieser Zuzahlungspflicht befreit sein.
Dem Lauterbach-Vorschlag zufolge hätten die Bürger acht Wochen Zeit, um die Konsumgutscheine im Handel und bei Dienstleistern einzulösen. Die Firmen können die auf diese Weise erhaltenen Gutscheine mit der Steuer verrechnen. Um zu verhindern, dass das Geld auf Sparkonten landet, dürften Unternehmen der Finanzbranche keine Konsumgutscheine annehmen. Nach Lauterbachs Berechnungen kämen bei diesem Modell auf den Staat Kosten von 35 bis 40 Milliarden Euro zu.
"Da können Sie auch zu dem Bauern auf den Hof gehen, ihm die Sau wegnehmen und ein Kotelett zurückbringen und ihm sagen, er soll glücklich sein. Das ist nicht unser Ansatz."
CSU und CDU gegen Konsumgutscheine
CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg lehnte den Vorschlag strikt ab. "Konsumgutscheine wären ein sündhaft teures Strohfeuer ohne nachhaltige Wirkung", sagte er. Auch der stellvertretende CDU-Chef und hessische Ministerpräsident Roland Koch sprach sich gegen den Vorschlag aus. Das Weihnachtsgeschäft laufe gut und dürfe nicht durch öffentliches Räsonieren über Konsumgutscheine gebremst werden.
Auch Grünen-Chef Cem Özdemir lehnte kurzfristige Konjunkturmaßnahmen wie Konsumgutscheine ab. Der Einzelhandel sieht die Idee ebenfalls kritisch. Es bestehe die Gefahr eines "rasch verpuffenden Strohfeuers", sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands HDE, Stefan Genth.
Koalitionstreffen im Januar
Die Große Koalition will am 5. Januar über mögliche weitere Schritte im Kampf gegen die Rezession beraten. Bei dem Spitzengespräch müsse etwas herauskommen, forderte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Nach seinen Worten will die Unionsfraktion in den kommenden Wochen intensiv über ein Paket weiterer Maßnahmen beraten. Er fordete in diesem Zusammenhang erneut Steuersenkungen.
Das bisherige Paket zur Unterstützung der Konjunktur reicht nach Ansicht des stellvertretenden CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers nicht aus. "Wir müssen rasch alles tun, um so schnell wie möglich aus der Rezession zu kommen", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Als Beispiel für sinnvolle Investitionen in die Infrastruktur nannte er den Bau neuer Kraftwerke und den Ausbau der Breitbandnetzes.
Im Gegensatz zur CSU dämpfte die SPD die Erwartungen an das Treffen der Koalitionsspitzen Anfang Januar. Fraktionsgeschäftsführer Oppermann erklärte, er rechne bei der Sitzung auf keinen Fall mit Entscheidungen. Von Januar bis März müsse man zunächst auswerten, wie das jetzige Konjunkturpaket wirke, bevor man über weitere Schritte entscheide, sagte er.