Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Folgebescheinigung.

Rekord-Krankentage 2023 Drückte Krankenstand Deutschland in Rezession?

Stand: 26.01.2024 14:01 Uhr

Ohne den hohen Krankenstand wäre die deutsche Wirtschaft 2023 offenbar gewachsen und nicht geschrumpft. Das ist das Ergebnis einer Studie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen.

Der rekordhohe Krankenstand im vergangenen Jahr hat die deutsche Wirtschaft einer Analyse zufolge in eine Rezession gedrückt. "Erhebliche Arbeitsausfälle führten zu beträchtlichen Produktionseinbußen - ohne die überdurchschnittlichen Krankentage wäre die deutsche Wirtschaft um knapp 0,5 Prozent gewachsen", heißt es in einer Studie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA), die tagesschau.de vorab vorlag. Stattdessen war die Wirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft.

"Deutschland im wahrsten Sinne der 'kranke Mann'"

"Die wirtschaftlichen Folgen des hohen Krankenstands sind beträchtlich und führen zu einem erheblichen Wertschöpfungsverlust", schreiben die Autoren der Studie, Claus Michelsen und Simon Junker. "Wäre der Krankenstand nicht erneut so hoch gewesen, wären im Jahr 2023 etwa 26 Milliarden Euro zusätzlich erwirtschaftet worden."

Deutsche Wirtschaftsleistung schrumpft um 26 Milliarden Euro wegen Krankmeldungen

Susanna Zdrzalek, WDR, tagesschau, 26.01.2024 20:00 Uhr

Zudem seien den Versicherungen durch den enormen Krankenstand in den vergangenen beiden Jahren fünf Milliarden Euro verloren gegangen. Darüber hinaus habe er zu Steuermindereinahmen von 15 Milliarden Euro geführt.

Besonders der Vergleich der konjunkturellen Entwicklung im internationalen Zusammenhang rücke in ein anderes Licht, so die Forscher. "Deutschland ist zumindest im Jahr 2023 im wahrsten Sinne des Wortes der 'kranke Mann', dessen Wirtschaftsleistung durch die Krankheitswelle deutlich stärker belastet wird als in anderen Ländern."

Investitionen in die Gesundheit und Präventionsmaßnahmen gefordert

Um die Folgen von Krankheitswellen zu reduzieren und die Wirtschaftsleistung zu stärken, seien Investitionen in die Gesundheit und Präventionsmaßnahmen sinnvoll und wichtig, heißt es in der Studie weiter. Denn würde der in den vergangenen zwei Jahren beobachtete Krankenstand die neue Normalität darstellen, stünden der deutschen Volkswirtschaft Arbeitskraft von rund 350.000 Beschäftigten weniger zur Verfügung.

Der Analyse zufolge sind die Krankenstände in den verschiedenen Branchen derweil unterschiedlich ausgefallen. Rund 70 Prozent des Produktionsausfalls fielen danach aufgrund der Größe der jeweiligen Branchen im Fahrzeugbau, im Maschinenbau, in der Metall-, Elektro-, in der Pharma- und in der Chemieindustrie an. In der Metallerzeugung war der Krankenstand mit 6,8 Prozent am höchsten.

Im Schnitt fehlten Beschäftigte im vergangenen Jahr 20 Tage im Job, wie die Krankenkasse DAK-Gesundheit in der vergangenen Woche mitgeteilt hatte. Nach ihrer Auswertung erreichte der Krankenstand damit abermals die Rekordhöhe von 5,5 Prozent wie bereits 2022. Die hohen Fehlzeiten beeinträchtigten Arbeitsabläufe vieler Betriebe und Behörden, besonders wenn die Personaldecke durch Fachkräftemangel immer dünner werde, betonte Kassenchef Andreas Storm. Vor allem Langzeitfälle seien ein großes Problem für die Wirtschaft.

Hauptgründe für Krankenstand Erkältung und psychische Erkrankungen

Die größte gesetzliche Krankenkasse, die Techniker Krankenkasse (TK) bestätigte die außergewöhnlich hohe Rate an Fehltagen bei Erwerbstätigen in 2023. Diese lagen deutlich über dem Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie, wie sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf ihre Daten erklärte. Demzufolge sei jede versicherte Erwerbsperson bei TK im Schnitt 19,4 Tage krankgeschrieben gewesen.

"Hauptgrund für die hohen Fehlzeiten sind wie im Vorjahr Krankschreibungen aufgrund von Erkältungskrankheiten wie grippale Infekte, Bronchitis oder Grippe. Sie machen mehr als ein Viertel der Fehltage aus", sagte Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, den Funke-Zeitungen. Im Schnitt fehlte jeder Erwerbstätige 5,11 Tage wegen Erkältungskrankheiten.

Vor der Corona-Pandemie waren die Beschäftigten deshalb nur 2,37 Tage krankgeschrieben. Die zweithäufigsten Fehlzeiten entstanden durch psychische Erkrankungen mit durchschnittlich 3,6 Tagen pro Jahr. Auch die DAK hatte von einem berichtet: Psychische Erkrankungen wie Depressionen führten danach zu 323 Fehltagen je 100 Versicherte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 26. Januar 2024 um 09:30 Uhr.