Urteil zum Klimafonds Habeck warnt vor Abwanderung der Industrie
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gegen den Klimafonds werden Warnungen laut, die deutsche Wirtschaft sei gefährdet. Das Bundeswirtschaftsministerium befürchtet gebremstes Wachstum.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht nach dem Urteil des Verfassungsgerichts gegen den Klimafonds (KTF) die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gefährdet. "Der Klima- und Transformationsfonds ist ein Fonds zur Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen. Er ist Industrie- und Arbeitsplatzpolitik", sagte der Grünen-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" laut Vorabbericht.
Der KTF habe den Umstieg auf grüne Chemie, den Hochlauf des Wasserstoffs, die Batteriezellenfertigung und die Halbleiterfertigung finanzieren sollen. "Wenn das gefährdet ist, sind Arbeitsplätze und Wertschöpfung gefährdet." Deutsche Unternehmen seien auf dem Weg zur Transformation. "Sie brauchen aber Unterstützung, damit sie in unserem Land investieren." Denn es sei klar, dass auch die Industrie in anderen Staaten der Erde sich auf diese Zukunftstechniken konzentriere, sagte Habeck.
Ampel darf Corona-Hilfen nicht verwenden
Das Bundesverfassungsgericht hatte am Mittwoch geurteilt, dass die Umleitung von 60 Milliarden Euro an nicht benötigten Corona-Hilfen in den Klimafonds gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz verstößt. Problematisch für die Regierung ist das Urteil vor allem deshalb, weil zahlreiche Projekte - vornehmlich aus Habecks Ministerium, aber auch aus anderen Häusern - mit dem KTF finanziert werden sollten.
So sollte unter anderem ein Großteil der knapp 40 Milliarden Euro, die für den Ausbau der Schiene angekündigt wurden, aus dem KTF kommen. Doch nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in dieser Woche ist dieser Topf deutlich kleiner - und die Suche nach alternativen Finanzierungsquellen hat begonnen. Denn nun fehlen 60 Milliarden Euro im KTF, die eigentlich bereits verplant waren.
Weiterer Rückschlag für heimische Wirtschaft
Im Bundeswirtschaftsministerium befürchtet man, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts das Wachstum in Deutschland bremsen könnte. "Ein Wegfall von Investitionsmitteln könnte nach ersten überschlägigen Schätzungen das Wachstum 2024 um etwa einen halben Prozentpunkt geringer ausfallen lassen", erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von einer mit den Annahmen des Ministeriums vertrauten Person. "Das Urteil könnte sich also negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken", hieß es.
Schon vor dem Gerichtsurteil hatte die EU-Kommission Deutschland im kommenden Jahr mit einem erwarteten Plus von 0,8 Prozent als Schlusslicht beim Wachstum in der Euro-Zone gesehen. Die bisherige Konjunkturprognose der Bundesregierung geht für 2024 von einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,3 Prozent aus, nach einem Schrumpfen von 0,4 Prozent im laufenden Jahr.
Unternehmen wollen Planungssicherheit
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hält eine verstärkte Investitionstätigkeit in Zukunftstechnologien ebenfalls für dringend notwendig. Im Interview mit tagesschau24 plädierte er darum dafür, kurz- und mittelfristig mehr Schulden aufzunehmen: "Man muss jetzt einen klaren Plan haben, wo man Prioritäten setzen will und wie man sie finanzieren will." Denn auch die Wirtschaft brauche nun Planungssicherheit.
Dieses Bedürfnis nach Planungssicherheit zeigte sich auch in Gesprächen Habecks mit Wirtschaftsvertretern: Habeck traf sich gestern kurzfristig mit dem Bündnis der Industrie aus Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. Am Freitagmorgen habe ein weiteres Treffen mit Vertretern des Mittelstandes stattgefunden. Dabei sei deutlich geworden, dass es bei den Unternehmen und Beschäftigten große Sorge und Verunsicherung vorherrsche.