Bundespräsident Köhler kritisiert Banken "Berauscht und blind für Risiken"
Bundespräsident Köhler ist mit den Banken hart ins Gericht gegangen. Zu viele Manager hätten Warnungen in den Wind geschlagen und sich an Renditen berauscht. Er forderte eine grundlegende Erneuerung des Bankgewerbes und eine internationale Antwort auf die Finanzmarktkrise.
Bundespräsident Horst Köhler hat Bankmanagern Versagen in der Finanzmarktkrise vorgeworfen und eine "grundlegende Erneuerung" der Branche gefordert. Zu viele in der Finanzbranche hätten "die vielfältigen Warnungen in den Wind geschlagen und lieber mitgewettet, als gegen Fehlentwicklungen anzugehen", sagte Köhler in einer Grundsatzrede auf dem Europäischen Bankenkongress in Frankfurt am Main. Nachdem sich die "ganze Branche offenbar so berauscht" habe an Renditen und darüber blind geworden sei für Risiken, seien nun Demut, Anstand und Bescheidenheit gefordert, erklärte der Bundespräsident. Die wichtigste Aufgabe der Banken sei es nun, Vertrauen zurückzugewinnen.
"Sie sind Treuhänder"
"Besinnen Sie sich wieder auf die Tugenden des soliden Bankiers", forderte Köhler von den Bankvorständen. "In den üblichen Lobbyismus zurückzufallen, um den eigenen Beitrag klein zu halten, ist keine angemessene Haltung." Er verlangte von den Banken sich bewusst zu machen, dass sie zuallererst Treuhänder derer seien, "die ihnen ihr Erspartes überantwortet haben". Er appellierte zudem an die Branche, mittelständische Unternehmen weiter mit Krediten zu versorgen. Die Finanzkonzerne sollten sich wieder auf die Funktion als Dienstleister besinnen.
Köhler mahnte die Bankvorstände auch, die Schuld für die Krise nicht bei anderen zu suchen, etwa bei US-Bürgern, die vielfach auf Pump gelebt hätten, oder bei den Rating-Agenturen. "Lassen Sie auch die Phase hinter sich, in der Sie mit dem Finger auf andere Leute zeigen", forderte der Bundespräsident. Commerzbank-Chef Martin Blessing räumte bei derselben Veranstaltung Fehler der Branche ein. "Banken und Finanzmarktteilnehmer überall haben Fehler gemacht", sagte er. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nannte es die "größte Pflicht" der Finanzindustrie, alles zu tun, Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und künftig zu vermeiden.
Köhler für Bretton Woods II
Für eine Lösung der weltweiten Finanzmarktkrise hält Köhler einen internationalen Kraftakt für notwendig. "Die Dimension der Krise heute verlangt ein Bretton Woods II, eine Versammlung der Besten, die mit Sachverstand, Moral und politischem Willen systematisch an die Arbeit gehen", sagte er. In der US-Ortschaft Bretton Woods war 1944 unter Führung der Amerikaner die Grundlage für die Weltwirtschaftsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg gelegt worden.
Das Abkommen von Bretton Woods ist eine zentrale Grundlage des internationalen Finanzsystems. Ziel der Übereinkunft war es, Konsequenzen aus der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg zu ziehen. In dem kleinen Ort in New Hampshire einigten sich im Juli 1944 die Vertreter von 44 Staaten auf eine neue Ordnung fester Wechselkurse. Diese sollte flexibler sein als der alte Goldstandard und es ermöglichen, Wechselkurse durch Auf- und Abwertung an die wirtschaftliche Leistung der beteiligten Länder anzupassen. Um dabei die Stabilität der Länder zu gewährleisten, wurde der Internationale Währungsfonds (IWF) gegründet. Er sollte seinen Mitgliedsländern bei wirtschaftlichen Engpässen Kredite einräumen. Als zweite Säule des Bretton-Woods-Systems wurde die Weltbank gegründet.
"Auf den internationalen Finanzmärkten muss die staatliche Ordnungsfunktion neu definiert und durchgesetzt werden", sagte Köhler. "Ich plädiere für die Schaffung einer internationalen Aufsichtsorganisation, und ich halte es für richtig, dem Internationalen Währungsfonds die Wächterfunktion über die Stabilität des globalen Finanzsystems zu übertragen." Damit er diese Aufgabe wirksam erfüllen könne, solle der Internationale Währungsfonds (IWF) mehr Unabhängigkeit erhalten. Köhler stand von 2000 bis 2004 selbst an der Spitze des IWF.