VW-Abgas-Skandal Können VW-Kunden ihr Auto umtauschen?
VW hat Nachbesserungen an seinen Dieselautos angekündigt. Doch damit will sich eine Kundin nicht begnügen - und ihren alten Wagen zurückgeben und das Geld dafür zurückfordern. Haben solche Klagen Aussicht auf Erfolg?
Die klassischen Gewährleistungsrechte wegen Mängeln am Fahrzeug hat man gegen den Autohändler, nicht aber den Hersteller. Das spannende an der Klage der Kölner VW-Fahrerin ist: Sie richtet sich direkt gegen VW, also das Unternehmen, das für Abgasmanipulationen verantwortlich ist. Um erfolgreich zu sein beweisen, muss die Klägerin nachweisen, dass VW sie "sittenwidrig" und "vorsätzlich" geschädigt hat. Darauf klagt sie nun vor dem Landgericht Braunschweig. Konkret will sie ihren fünf Jahre alten Diesel an VW zurückgeben und dafür den Kaufpreis von über 40.000 Euro zurück haben - abzüglich eines Ausgleichs für die gefahrenen Kilometer.
Die Chancen, dass die Richter dort die jahrelange Täuschung von Kunden und Behörden als "sittenwidrig" ansehen, stehen sicherlich nicht schlecht. Und die Mitarbeiter, die die Manipulationen vornahmen, handelten auch ganz bewusst, also "vorsätzlich". Dennoch stellen sich zwei Probleme für alle Kläger.
Die Chefs müssen "mitgemacht haben"
Problem Nr. 1: VW haftet nur dann selbst, wenn gerade der Vorstand - oder zumindest hochrangige Mitarbeiter mit großer eigener Verantwortung - bewusst mitgemacht haben. Das liegt zwar nahe und als Kläger kann man das im ersten Schritt auch behaupten. Spannend ist dann aber, wie VW vor Gericht auf den Vorwurf, "die Chefs haben mitgemacht", reagiert.
Am Mittwoch hatte der neue VW-Chef Matthias Müller in einem Interview gesagt, es seien wahrscheinlich nur sehr wenige Mitarbeiter an den Manipulationen beteiligt gewesen. Entscheidend für die Klage ist, wer beteiligt war. Darüber geben am Ende vielleicht auch die Strafermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig Aufschluss.
Problem Nr. 2: Die Klägerin muss das Gericht davon überzeugen, dass sie ihr Auto nicht gekauft hätte, wenn sie vor dem Kauf von den Manipulationen und den höheren Schadstoffwerten gewusst hätte. Der Anwalt der Klägerin sagt, die angeblich so niedrigen Abgaswerte des VW seien "kaufentscheidend" für die Frau gewesen. Sie habe sich bewusst für ein Modell aus der umweltfreundlicheren "Blue Motion"-Reihe entschieden und dafür mehr Geld ausgegeben.
Klage gegen den Autohändler möglich
Wer sein Auto zurückgeben und sein Geld zurück haben möchte, kann theoretisch aber auch den Händler verklagen, bei dem er das Auto gekauft hat. Grundlage wäre ein "Rücktritt" vom Kaufvertrag. Voraussetzung ist dann ein Mangel. Dafür kommen mehrere Punkte in Betracht, zum Beispiel die Manipulationssoftware selbst oder gegebenenfalls erhöhte Schadstoffwerte. Aber auch bei dem Rücktritt vom Kaufvertrag stellen sich gleich mehrere Probleme.
Händler muss Chance bekommen, Mängel zu beseitigen
Zunächst muss der Käufer dem Verkäufer grundsätzlich eine angemessene Frist einräumen, die Mängel zu beseitigen. Allerdings gilt das nicht, wenn Reparatur und Austausch gar nicht möglich oder unzumutbar sind. Manche Betroffene befürchten, dass durch die von VW angekündigten Nachbesserungen unter anderem die Motorleistung, die Beschleunigung und die Höchstgeschwindigkeit sinken könnten. Sollte das stimmen, wäre das keine ausreichende Nachbesserung.
Außerdem müssen die Mängel "erheblich" sein, um von dem Vertrag zurücktreten und das Fahrzeug zurückgeben zu können. Ob das der Fall ist, lässt sich noch nicht sicher sagen. Bei Mängeln, die nicht erheblich sind, kann der Käufer den Kaufpreis nur "mindern" und muss das Auto behalten. Der Rücktritt ist wirtschaftlich meist deutlich attraktiver als die Minderung. Der Käufer erhält den kompletten Kaufpreis zurück, abzüglich Wertersatz für die gefahrenen Kilometer.
Zwei Jahre Verjährungsfrist bei Mängeln
Und zu guter letzt könnte sich der Verkäufer auf Verjährung berufen. Normalerweise verjähren die Ansprüche wegen Mängeln zwei Jahre nach dem Kauf des Autos, egal, ob der Käufer von den Mängeln wusste. Viele Kunden haben ihr Auto aber schon vor längerer Zeit gekauft, so wie die Klägerin aus Köln. Sie hat ihr VW-Diesel seit 2010.
Droht beim Rücktritt Verjährung, ist die Klage gegen VW deutlich attraktiver. Hier beträgt die Verjährung nämlich drei Jahre. Und sie beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Käufer von den Manipulationen wissen konnte, also frühestens Ende 2015. Verjährung tritt daher erst Ende 2018 ein.