Habecks Jahreswirtschaftsbericht Nicht nur Wachstum soll Maßstab sein
Minister Habeck will in seinem ersten Jahreswirtschaftsbericht neue Akzente setzen. Sein Ziel ist eine "ökologisch-soziale Marktwirtschaft". Dazu sollen in dem Bericht auch neue Aspekte erfasst werden.
Er will Wohlstand und Klimaschutz zusammenbringen. Und in seinem Ministerium und der Wirtschaftspolitik für Kontinuität und Aufbruch zugleich sorgen. Dass das nicht einfach wird, weiß Robert Habeck:
Es ist aber auch eine wahnsinnige Chance, aufsetzend auf der ehrwürdigen Tradition dieses Hauses: Hier, wo die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland durchgesetzt wurde und damit der Wohlstand dieser Republik erfunden und geschaffen wurde, diese ordnungspolitischen Leitplanken weiterzuentwickeln und aus der sozialen eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft zu schaffen."
So äußerte sich Habeck, als er im Dezember die Führung des Wirtschaftsministeriums übernahm - das nun auch die Verantwortung für den Klimaschutz hat.
Neue Akzente im Jahreswirtschaftsbericht
Zu seinem Programm der Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft gehört es, den Jahreswirtschaftsbericht neu zu gestalten.
Wachstum allein soll nicht mehr der alleinige Maßstab sein; für die Wohlstandsmessung würden auch andere Kriterien in den Blick genommen, erläutert Habecks Staatssekretär Sven Giegold: "Wir werden genauso schauen, ob wir das Klima schützen, ob die soziale Ungleichheit steigt oder sinkt. Ob Kinder eine Chance haben in unserer Gesellschaft, auch wenn sie aus ärmeren Elternhäusern kommen."
Eine erweitere Wohlstandsmessung als Ziel
Erweiterte Wohlstandsmessung - so lautet das Ziel. Aus dem Jahreswirtschaftsbericht werde eben ein echter umfassender Blick auf die Wirtschaft und nicht nur auf das, was man in Geld schnell vernutzen könne, sagt Giegold weiter.
Hinter diesen Neuerungen stecken Überlegungen, die auch unter Ökonomen diskutiert werden, aber zugleich strittig sind. Einerseits ist klar: Ein höheres Wachstum bedeutet nicht automatisch, dass es den Menschen besser geht, seit Jahren sind daher auch andere Wohlfahrtsindikatoren in der Diskussion - bis hin zum Versuch, das Glück zu messen.
BIP-Entwicklung weder über- noch unterschätzen
Doch ein geringeres Wachstum oder gar einen Einbruch der Wirtschaft wie im Corona-Jahr 2020 - das bekommen viele negativ zu spüren. Man sollte die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) daher weder überschätzen noch unterschätzen, sagt Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft: "Man ist gut beraten, diese Größe nicht überzustrapazieren." Das BIP sei eine wichtige Grundlage für viele andere Entscheidungen, auch solche des Staats - "denn die ökonomische Aktivität kann besteuert werden. Glück beispielsweise oder irgendein abgehobener Wohlfahrtsindikator, den kann man eben nicht besteuern."
Man könne zusätzlich zur Menge der wirtschaftlichen Aktivitäten, wie sie im Bruttoinlandsprodukt zusammengefasst werden, durchaus auch andere zum Beispiel soziale Faktoren betrachten. Doch Verteilungsfragen oder Umweltaspekte dürften nicht zusammen mit dem Wachstum in einen Topf geworfen werden. Sonst drohe die Wirtschaftspolitik unklar zu werden.
Wachstum nicht vernachlässigen
Der Staat muss aber die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass in seinem Gebiet ökonomische Aktivität stattfinden könne, sagt Kooths weiter. Und je mehr es davon gebe, desto größer sei das Bruttoinlandsprodukt, "und eine umso größere Gestaltungsmöglichkeit hat die Wirtschaftspolitik".
Der Ökonom rät daher, bei aller Neugestaltung des Jahreswirtschaftsberichts das Wachstum nicht zu vernachlässigen - auch im Sinn der Politik, die Gelder zur Finanzierung für die Energiewende und den Klimaschutz braucht.