Wirtschaftsforscher legen Herbstgutachten vor Stärkstes Wachstum seit Jahrzehnten
Die führenden Wirtschaftsforscher prognostizieren Deutschland in diesem Jahr das stärkste Wachstum seit der Wiedervereinigung. Laut ihrem Herbstgutachten wird die Wirtschaft um 3,5 Prozent zulegen. Allerdings war sie im vergangenen Jahr um fast fünf Prozent geschrumpft.
Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung der wichtigsten Forschungsinstitute in diesem Jahr um 3,5 Prozent wachsen - und damit so stark wie wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Das ist deutlich mehr als ursprünglich angenommen: In ihrem Frühjahrsgutachten hatten die Institute für 2010 noch mit nur 1,5 Prozent Wachstum gerechnet. Da das deutsche Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr aber um fast fünf Prozent geschrumpft war, wäre das BIP auch bei 3,5 Prozent Wachstum noch unter dem Vorkrisen-Niveau. "Die deutsche Wirtschaft ist auf gutem Weg, den krisenbedingten Produktionseinbruch wettzumachen", heißt es im Herbstgutachten.
Weniger Arbeitslose, höhere Löhne
Im kommenden Jahr dürfte der Zuwachs allerdings geringer ausfallen und 2,0 Prozent erreichen, erwarten die Experten. Laut Gutachten werden 2011 durchschnittlich weniger als drei Millionen Arbeitslose erwartet, die niedrigste Zahl seit 1992. in diesem Jahr werde die der registrierten Arbeitslosen im Schnitt bei 3,2 Millionen liegen.
Die Arbeitnehmer in Deutschland können sich wegen des Aufschwungs nach Ansicht der Ökonomen 2011 auf kräftige Lohnerhöhungen freuen. Die Bruttolöhne und -gehälter dürften im kommenden Jahr um 2,8 Prozent steigen. Dadurch werde sich auch der private Konsum im kommenden Jahr zu einer Stütze des Wirtschaftswachstums entwickeln.
Deutsches Wachstum weit über EU-Durchschnitt
Mit einem Wachstum von 3,5 Prozent läge Deutschland deutlich über dem Durchschnitt in Europa, das ohne Deutschland nur gut 1 Prozent Wachstum in diesem Jahr erlebe, sowie auch über den allermeisten anderen Industriestaaten der Welt.
Ökonomen fordern Haushaltssanierung
Die gute Konjunkturentwicklung entlastet auch den Staatshaushalt: Die Defizitquote werde 2011 nur noch 2,7 Prozent betragen nach einem Defizit von 3,8 Prozent im laufenden Jahr. An die deutsche Regierung richten die Institute dennoch die dringende Aufforderung, den Kurs der Haushaltskonsolidierung verschärft weiterzuführen. Die gute Konjunkturentwicklung müsse genutzt werden, um die Defizite zu senken.
In ihrem Gutachten weisen die Experten aber auch auf die weltweiten Risiken für die Konjunktur hin. In den USA laufe die Erholung nur schleppend. Risiken sehen sie auch im weiter stark wachsenden China, wo sich in manchen Landesteilen eine Immobilienpreisblase aufbaue. In Europa seien die Staatsschuldenkrisen noch nicht gelöst.
Die Bundesregierung wird nicht zuletzt auf der Basis des Herbstgutachtens ihre eigene Konjunkturprognose aktualisieren und am Donnerstag kommender Woche vorlegen. Im April hatte die Regierung ein Wachstum von 1,4 Prozent für 2010 und von 1,6 Prozent für 2011 vorausgesagt. Dass diese Werte deutlich nach oben korrigiert werden, davon ist nach den Aussagen verschiedener Regierungsmitglieder auszugehen.
Zu den Instituten, die das Herbstgutachten erstellen, gehören das Kieler IfW, das Münchner Ifo, das IWH aus Halle, das RWI Essen, das ZEW aus Mannheim, das Züricher KOF, das Wiener IHS sowie die Experten von Kiel Economics.