Neue Streikwelle Griechische Gewerkschaften rufen zum Generalstreik
Eins steht fest: Griechenlands Kassen sind leer. Deshalb werden die heutigen Streiks gegen die Kürzungen der Regierung wenig bewirken können. Die Mehrheit der Griechen hält denn auch die Sparmaßnahmen für nötig, allerdings nur, so lange der Druck durch die EU nicht zu groß wird.
Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Seit Tagen bereits rufen die beiden größten Dachverbände der griechischen Gewerkschaften zu umfassenden und landesweiten Streiks für den heutigen Mittwoch auf. Diese richten sich vor allem gegen die strikten Sparmaßnahmen der Regierung: "Generalstreik! Wir reagieren auf die Erpressungen der Spekulanten und der Märkte", heißt es. Die Menschen und ihre Bedürfnisse stünden über den Märkten. Man streike, um die sozialen Rechte zu sichern, damit die Arbeiter nicht für die Krise bezahlen.
Wird es ein Generalstreik?
Ob es allerdings, wie beabsichtigt, zu einem wirklichen "Generalstreik" kommen wird, muss offenbleiben. Sicher ist, dass für heute sämtliche Flüge von und nach Griechenland gestrichen sind. Denn der griechische Luftraum ist seit Mitternacht für 24 Stunden gesperrt. Zudem fahren den gesamten Tag über keine Fähren und Bahnen, der Busverkehr ist stark eingeschränkt.
Auch die Journalisten haben ihre Arbeit niedergelegt, so dass es heute keine Nachrichten und morgen keine Zeitungen geben wird. Dennoch sind alle Hotels und die weitaus meisten Geschäfte geöffnet. Auch die Taxis fahren. Die Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern wollen nur Notfälle behandeln. Für den späten Vormittag haben die Gewerkschaften zu einer Großkundgebung in Athen aufgerufen.
Streik hin oder her, die Kassen sind leer
Ministerpräsident Jorgos Papandreou zeigte zwar für die angekündigten Streiks Verständnis, sagte aber gleichzeitig, die öffentlichen Kassen seien leer. Deshalb müsse das Land sparen. Einen anderen Weg gebe es nicht. Griechenland soll und will sein Defizit binnen drei Jahren von derzeit knapp 13 Prozent auf unter drei Prozent des Bruttoinlandproduktes drücken.
Repräsentative Umfragen zeigen, dass mehr als 86 Prozent der Griechen die Sparmaßnahmen der Regierung als nötig und unabwendbar bezeichnen. Allerdings könnte sich dieser Trend ändern, so sagt Kostas Tsouparopoulos, der leitende Wirtschaftsredakteur der Tageszeitung "Elefterotypia", wenn der Druck der EU auf Griechenland noch größer werde: "Papandreou hat zur Zeit die Zustimmung des Volkes, das Defizit auf den Wert zu drücken, den die EU akzeptiert. Aber besser wäre es, in vier Jahren und nicht in drei Jahren, wie uns die EU gezwungen hat. Alle Experten - Griechen und Ausländer - sind der Ansicht, dass Griechenland sein Defizit maximal 1,5 bis 2 Prozent pro Jahr reduzieren kann. Was darüber hinausgeht, ist weder finanziell machbar, noch sozial akzeptabel."
Medienschlacht zwischen Deutschland und Griechenland
Derweil ist ein heftiger Zwist zwischen deutschen und griechischen Medien entbrannt. So brachte gestern die griechische Zeitung "Eleftheros Typos" eine Fotomontage, auf der die Siegesgöttin Viktoria auf der Siegessäule in Berlin ein Hakenkreuz hält. Im entsprechenden Text war zu lesen: "Finanznazitum bedroht Europa" sowie: "Es reicht mit der Verleumdung des Landes durch die Deutschen". Auslöser war der Titel der jüngsten Ausgabe des Magazins "Focus". Dort ist eine Statue der Aphrodite abgebildet, die einen Stinkefinger zeigt. Darunter heißt es dann: "Betrüger in der Euro-Familie".