Krise in Griechenland Massive Streiks vor dem Generalstreik
Morgen beginnt der Generalstreik - doch schon jetzt ist Griechenland durch massive Streiks weitgehend lahmgelegt. Vielerorts türmt sich der Müll in den Straßen, der Fährverkehr steht still, zahlreiche Ministerien sind von Streikenden besetzt. Die Proteste richten sich gegen ein neues Sparpaket der Regierung.
Die zum Teil seit Wochen andauernden Streiks gegen den Sparkurs der griechischen Regierung legen zunehmend das öffentliche Leben lahm. Bahnmitarbeiter, Anwälte und Journalisten schlossen sich den Protesten der Müllabfuhr, des Fährpersonals und der Steuer- und Zollbeamten an und legten ihre Arbeit nieder. Die Fährverbindungen fielen den zweiten Tag in Folge aus und auf den Bürgersteigen türmt sich der Müll. Die Müllabfuhr in und um Athen und in anderen Städten ist bereits seit mehr als zwei Wochen im Ausstand. Staatsbedienstete blockieren die Eingänge zu mehreren Ministerien.
Die Gewerkschaften haben zudem zu einem 48-stündigen Generalstreik ab morgen aufgerufen. Dann stimmt das Parlament über weitere Renten- und Gehaltskürzungen von Beamten ab. Dann wollen auch Lehrer, Ärzte, Taxifahrer und Bankangestellte ihre Arbeit niederlegen. Anders als bei den bisherigen Aktionen sollen auch Geschäfte für Dinge des täglichen Bedarfs wie Bäckereien geschlossen bleiben. Die Zeitung "Ta Nea" sprach von "der Mutter aller Streiks". Die Gewerkschaften riefen außerdem zu mehreren Kundgebungen und Protestmärschen im Regierungsviertel von Athen auf. Auch die Fluglotsen wollen für zwölf Stunden in den Ausstand treten - ursprünglich war ebenfalls von einem Streik über 48 Stunden die Rede gewesen.
Müllabfuhr zu Dienst verpflichtet - "Seuchengefahr"
Wegen der streikenden Müllabfuhr besteht nach Ansicht der Behörden inzwischen die Gefahr eines Seuchenausbruchs. Daher verpflichtete die Regierung die Müllarbeiter zum Dienst. Ein entsprechender Ministerialerlass wurde in der Regierungszeitung veröffentlicht. Inzwischen liegen nach Schätzungen allein in der Hauptstadt Athen mehr als 30.000 Tonnen Müll auf den Straßen. Die für die öffentliche Gesundheit zuständige Behörde bezeichnete die Situation als "Bombe", die die Gesundheit gefährde. In einigen Fällen seien bereits Ratten gesichtet worden. Die Beseitigung der riesigen Müllberge soll nach ersten Schätzungen der Kommunen im Großraum Athen etwa eine Woche dauern.
Niedrigere Gehälter, höhere Steuern
Das neue Sparpaket sieht weitere drastische Einschnitte im öffentlichen Dienst vor, darunter die Suspendierung von 30.000 Beamten bis zum Jahresende bei eingeschränkter Lohnfortzahlung. Zudem enthält das Programm weitere Lohnkürzungen im Umfang von 2,8 Milliarden Euro im öffentlichen Sektor. Angesichts eines drohenden Staatsbankrotts will die Regierung in Athen die drastischen Sparmaßnahmen umsetzen, um die nächste Tranche des Rettungspakets im Umfang von 110 Milliarden Euro zu erhalten. Zu den Kürzungen kommen außerdem Steuererhöhungen.
Gewerkschaftschef warnt vor "Todesspirale"
Ministerpräsident Giorgos Papandreou rief sein Volk zu Einigkeit auf. Das Sparpaket müsse beschlossen werden, damit es Griechenland aus der Krise schaffen könne. "Jeder muss seiner Verantwortung gerecht werden", sagte der Regierungschef. Trotz des Unmuts der Bevölkerung dürften die Steuererhöhungen, Lohnkürzungen und Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst mit der Mehrheit der sozialistischen Regierung auf den Weg gebracht werden.
Die Gewerkschaften laufen seit Monaten gegen die Sparmaßnahmen Sturm, die von den internationalen Gläubigern verlangt werden. Die Einschnitte trieben die griechische Wirtschaft tief in die Rezession, ohne dass der Schuldenstand abgebaut wurde. Der Chef der Gewerkschaft Adedy, Costas Tsikrikas, fand einen Tag vor dem geplanten Streik drastische Worte. Griechenland riskiere, in eine "Todesspirale" hineinzugeraten, sollte die Regierung ihren Kurs fortsetzen. Vielmehr müsse sie den Reichen mehr abverlangen und Steuerhinterziehung bekämpfen, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.