Regierung verschärft Sparkurs Entlassungswelle in griechischen Staatsfirmen
Ohne Notkredite der Euro-Staaten ist Griechenland im Oktober zahlungsunfähig. Ohne harte Einschnitte bekommt die Regierung in Athen aber kein weiteres Geld der Partner. Sie kündigte nun Entlassungen in Staatsfirmen an, um Kosten zu senken: Es geht offenbar um mindestens 20.000 Jobs.
Die griechische Regierung verschärft den Sparkurs. Angesichts der Angst vor einer Staatspleite kündigte das Finanzministerium in Athen zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte des Landes Entlassungen in Staatsunternehmen ab. Betroffen sind den Angaben zufolge Mitarbeiter von 151 Firmen. Nach Medienberichten sollen insgesamt mindestens 20.000 Arbeitsplätze wegfallen. Die geplanten Entlassungen sollen dem Staat Hunderte Millionen Euro pro Jahr sparen.
Wie es in einem Schreiben des Finanzmisteriums heißt, müssen binnen zwei Wochen die Vorstände dieser Unternehmen Listen von Angestellten präsentieren, die zunächst in eine sogenannte "Arbeitsreserve" geschickt werden sollen. Das bedeutet, dass die Angestellten ein Jahr lang 60 Prozent ihres Lohnes erhalten und dann entlassen werden. Andere Angestellte müssten in Frührente gehen. Die meisten Stellen sollen in der Verwaltung gestrichen werden. Jedes Unternehmen muss laut Anordnung des Finanzmisteriums "mindestens zehn Prozent" seiner Angestellten auf die Entlassungliste stellen.
Fernsehsender wird geschlossen
Der traditionsreiche Fernsehsender ET-1, einer von bislang drei Sendern des staatlichen griechischen Fernsehens (ERT), wird im Zuge der Sparmaßnahmen ganz geschlossen. "Wir werden damit rund 60 Millionen Euro (jährlich) sparen", sagte Regierungssprecher Ilias Mosialos. Als Hauptgrund für die Schließung des Senders, der 1965 als erster TV-Sender in Griechenland begonnen hatte, gelten die niedrigen Einschaltquoten sowie die geringen Einnahmen durch Werbung.
Die Regierung hatte Anfang des Monats angekündigt, auch mehrere staatliche Radiosender vor allem in den Provinzen schließen zu wollen. Der Jobabbau in Staatsunternehmen trifft darüber hinaus auch Mitarbeiter der halbamtlichen griechischen Nachrichtenagentur (AMNA), der U-Bahn von Athen und der staatlichen Eisenbahnen (OSE). Daneben stehen Entlassungen in Theatern, Messezentren und Institutionen wie dem Verband der griechischen Pelzindustrie an.
Reformdruck der Troika
Die Entlassungswelle ist eine der Maßnahmen, die die Experten der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) gefordert hatten. Solange die Troika Griechenland nicht bescheinigt, dass das Land seine versprochenen Reformen zur Sanierung der Staatsfinanzen umsetzt, wollen die Euro-Staaten Griechenland die nächste Tranche der Hilfskredite nicht auszahlen.
Ohne dieses Geld, wäre Griechenland nach eigenen Angaben im Oktober zahlungsunfähig. Ab dann könnten auch die Gehälter der Staatsbediensteten nicht mehr bezahlt werden. Für diesen Fall drohen große soziale Unruhen. Zudem dürften die Griechen aus Angst vor zusammenbrechenden Banken massiv Geld von ihren Konten abheben - und den Niedergang beschleunigen.
Die Troika hatte kürzlich ihre turnusmäßige Überprüfung der griechischen Reformen unterbrochen und war aus Athen abgereist. Sie war dem Vernehmen nach unzufrieden mit den Fortschritten der Regierung. Das Finanzministerium in Athen erklärte nun, dass die Vertreter der Troika am kommenden Montag in die griechische Hauptstadt zurückkehren wollten.
EU-Experten unterstützen Griechenland
Bei der Umsetzung der notwendigen Reformen können die griechischen Behörden nun auf die Unterstützung europäischer Experten zurückgreifen. Ein etwa 30-köpfiges Team unter Leitung des Deutschen Horst Reichenbach soll dem pleitebedrohten Staat wieder auf die Beine helfen, teilte die EU-Kommission mit. Der erste Bericht der Experten muss Ende Oktober vorgelegt werden.
Die sogenannte Griechenland-"Task-Force" sei beispiellos, sagte ein Kommissionssprecher. Sie geht auf den EU-Gipfel vom Juni zurück. Damals hatten die Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen, Griechenland "technische Hilfe" zur Verfügung zu stellen.
Einerseits soll die Task Force dazu beitragen, die griechische Verwaltung zu modernisieren und wirksamer Steuern einzutreiben. Gleichzeitig geht es darum, Projekte zur Ankurbelung der Konjunktur zu starten und das dafür bereit stehende Fördergeld aus Brüssel einzusetzen. Es stehen bis Ende 2013 noch bis zu 20 Milliarden Euro zur Verfügung, die beschleunigt ausgezahlt werden sollen. Griechenland braucht dringend ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Die Wirtschaft war 2010 um 4,5 Prozent geschrumpft. In diesem Jahr geht der griechische Finanzminister von einem Minus von 5,3 Prozent aus.
Kein deutsch-französischer Plan für Griechenland
Unterdessen wiesen sowohl das französische Präsidialamt als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel Spekulationen über eine unmittelbar bevorstehende deutsch-französische Initiative zu Griechenland zurück. "Ein spezielles Papier zur Situation in Griechenland gibt es nicht", sagte Merkel. Sie stehe aber natürlich sehr oft im Kontakt mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und berate sich mit ihm über die Euro-Rettung.