Positionen der Bundestags-Parteien Geld für Athen - wer würde zustimmen?
Griechenland hat sich um ein drittes Hilfspaket beworben. Das müsste vom Bundestag genehmigt werden. Wie stehen die Parteien zu weiteren Finanzhilfen für Athen? Wie viele Unionsabgeordnete würden der Kanzlerin folgen? tagesschau.de gibt einen Überblick.
Zahlreiche Bundestagsabgeordnete dürften schon einmal nachgesehen haben, ob es noch Flüge von ihren Urlaubsorten zurück nach Berlin gibt. Denn sprechen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die anderen EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Sondergipfel am Sonntag für die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm aus, muss der Bundestag trotz Ferienzeit dem Start der Gespräche zeitnah zustimmen. Spannend wird dann, ob die eigenen Leute der Kanzlerin noch folgen.
CDU und CSU
Besonders aus CSU-Kreisen waren zuletzt Forderungen nach einem "Grexit" laut geworden, anstatt Griechenland mit neuen Milliardenhilfen weiter zu unterstützen. Als es im Februar um die viermonatige Verlängerung des inzwischen ausgelaufenen Programms ging, stimmten bereits 29 der 311 Unionsabgeordneten mit Nein, weitere enthielten sich. Auch wenn es in einem ersten Schritt zunächst nur um die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm ginge, ist von diesen Abgeordneten nicht mit Zustimmung zu rechnen. Abzuwarten bleibt, wie sich die mehr als hundert "Ja-Aber"-Unionspolitiker verhalten, die im Februar zwar zustimmten, aber kritische Erklärungen zu Protokoll gaben.
Versagen diese Abgeordneten Angela Merkel massenhaft die Gefolgschaft, könnte die Kanzlerin ernsthaft Schaden nehmen. Von solchen Szenarien wollen Merkel-Getreue wie CDU-Vize Thomas Strobl nichts wissen. "Ich bin sicher, dass die Fraktion in jedem Fall einem Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel folgen wird", sagte er.
Doch es gibt auch andere Stimmen. Der ehemalige Innenminister Hans-Peter Friedrich sagte der "Rheinischen Post", er kenne "keinen einzigen Kollegen" in der Fraktion, der eine Basis für ein drittes Hilfspaket sehe. Er ist als stellvertretender Fraktionsvize für das Thema Europapolitik in der Union zuständig.
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist im Hinblick auf die griechische Regierung weiterhin sehr kritisch: Er vermisst vertrauensbildende Maßnahmen der griechischen Regierung zur Lösung des Schuldenstreits. Er habe dem neuen griechischen Finanzminister Euklides Tsakalotos gesagt: "Macht doch die eine oder andere Maßnahme. Geht doch in Euer Parlament und: Just do it. Das würde wahnsinnig viel Vertrauen schaffen", sagte der CDU-Politiker bei einer Bundesbank-Tagung in Frankfurt. Doch dies sei seines Wissens nach nicht der Fall gewesen. "Meine Fantasie, wie wir vertrauensbildende Maßnahmen zwischen jetzt und Sonntag 24.00 Uhr bekommen sollen, ist sehr begrenzt", so Schäuble.
SPD
Auch in der SPD haben die kritischen Stimmen gegenüber Griechenland zuletzt zugenommen. Befeuert wurde dies durch Äußerungen von Parteichef Sigmar Gabriel über die linksgeführte Regierung in Athen. Bisher hatten sich die Sozialdemokraten in Abgrenzung zur Union stets milder gegeben. Doch Teilen der SPD ist die Geduld mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und seiner Mannschaft verloren gegangen. Die Linie Gabriels wird aber nicht von allen in der Partei für richtig gehalten. Die Haltung der Sozialdemokraten in der Griechenland-Frage ist derzeit also uneinheitlich. Stimmt der Bundestag zunächst einmal nur über die Aufnahme von Verhandlungen über ein Hilfspaket ab, dürften die 193 SPD-Abgeordneten diesen wohl ganz überwiegend zustimmen.
Linkspartei
Die Abgeordneten der Linkspartei dürften sich wie schon bei der Abstimmung im Februar in einer Zwickmühle befinden. Denn einerseits lehnt die Linkspartei die Logik der Hilfsprogramme und die damit verbundenen Reformauflagen strikt ab. Sie argumentiert, dadurch sei Griechenland erst in seine katastrophale Lage gekommen. Andererseits unterstützen sie Tsipras und dessen stramm linke Syriza-Partei. Bis Februar hatte die Linkspartei wegen der damit verbundenen Auflagen stets gegen Griechenland-Hilfen gestimmt. Die viermonatige Verlängerung des damaligen Hilfsprogramms befürworteten die Abgeordneten jedoch dann mehrheitlich, um der Tsipras-Regierung eine "Atempause" zu verschaffen.
Die Grünen
Auf die Grünen kann sich die Kanzlerin verlassen. Sie fordern zwar ein Zugehen der internationalen Geldgeber auf die Regierung in Athen sowie eine Schuldenerleichterung: "Das bedeutet: Bis 2020 wird der Schuldendienst vom ESM übernommen", so Fraktionschef Anton Hofreiter. Gleichzeitig drängen die Grünen aber Tsipras zu entschlossenen Reformen. Die Zustimmung der Grünen zu Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm ist also zu erwarten.
Sie fordern aber - ganz gleich, wie sich die Situation am Wochenende entwickelt - für nächste Woche eine Sondersitzung des Bundestags zur Griechenlandkrise. Das gelte unabhängig vom Ergebnis des EU-Sondergipfels, sagte Fraktionschef Hofreiter. "Wenn es keine Einigung gibt, muss im Deutschen Bundestag unbedingt über die Konsequenzen diskutiert werden."