Interview

Interview mit Netz-Experten Bager Google Buzz könnte "Insellösung" werden

Stand: 10.02.2010 18:44 Uhr

"Was machst Du?" Antworten auf diese Frage können Twitter-User bald auch über Google loswerden. Der Suchmaschinen-Riese schickt Google Buzz gegen Twitter und Facebook ins Rennen. Jo Bager, Redakteur der PC-Zeitschrift c't, spricht im tagesschau.de-Interview von einer "Insellösung".

tagesschau.de: Halten Sie Google Buzz für ein geeignetes Produkt, um Facebook und Twitter anzugreifen?

Jo Bager: So, wie es sich momentan darstellt, bin ich ein wenig skeptisch. Google hat zwar eine große Google-Mail-Nutzerschaft, der das Unternehmen seinen neuen Dienst momentan auch nachdrücklich anpreist. Zudem können sich Buzz-Nutzer auch Updates ihrer Twitter-Kanäle anzeigen lassen. Aber aus Buzz heraus lassen sich keine Twitter-Updates absetzen, eine Facebook-Integration fehlt gänzlich. Daher sehe ich Buzz derzeit zu sehr als Insellösung, um insbesondere Facebook mit seiner riesigen Benutzerbasis das Wasser abgraben zu können.

Zur Person
Jo Bager ist Redakteur bei der Computerzeitschrift c't. An der Universität Passau studierte er Informatik. Die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen im Bereich Internet-Dienste und -Anwendungen.

tagesschau.de: Um keine Insellösung zu bleiben, kooperiert Google mit Twitter oder Foto-Diensten wie Flickr und Picasa. Warum fehlt gerade Facebook in der Liste der Kooperationspartner von Google?

Bager: Facebook und Google dürften sich grundsätzlich nicht besonders grün sein. Beide beanspruchen auf ihre Weise die Vorherrschaft über die Benutzerströme im Web: Google als Suchmaschine, Facebook - an dem ja auch Google-Konkurrent Microsoft beteiligt ist - als soziales Netzwerk.

tagesschau.de: Für welche Anbieter könnte Google Buzz zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten werden?

Bager: Da Google Buzz den unternehmenseigenen Maildienst, Googlemail, aufwertet, könnte der Dienst Benutzer von anderen Mailanbietern weglocken. Zudem macht Buzz einige Dinge besser als Twitter, die Darstellung der Dialoge ist beispielsweise gut gelöst. Ein weiterer Vorteil von Google Buzz ist die Integration der Kurznachrichten in Googles mobilen Kartendienst Mobile Maps und die Integration von Bildern. Insofern könnte das Angebot tatsächlich ein Problem für Twitter werden.

tagesschau.de: Warum integriert Google keine Dienstleistungen von Facebook oder Twitter, sondern gründet einen eigenen Dienst für Internet-Kurzmitteilungen?

Bager: Google will die Benutzer an die eigene Plattform binden, um ihnen dort Werbung präsentieren zu können. Sowohl Google als auch Facebook verdienen ihr Geld mit Anzeigen, die sie den Besuchern ihrer Plattform anzeigen. Die Informationen über die Benutzer sind ein Schlüssel zu zielgenauer Werbung: Je mehr ich über die Benutzer weiß, desto maßgeschneiderter kann ich Werbung für sie anbieten.

tagesschau.de: Wie sicher sind die Daten bei Google Buzz?

Bager: So sicher wie alle Daten, die bei Google lagern. Von Datenpannen bei Google ist in den vergangenen Jahren verhältnismäßig wenig bekannt geworden. Allerdings gibt es auch bei Google keine hundertprozentige Sicherheit, wie der Angriff Ende vergangenen Jahres zeigte. Wer sich komplett in die Hände von Google begibt (Mail, Sucharchiv, Reader, Buzz, Picasa, etc.) , sollte wissen, dass er tiefe Einblicke in seine Privatsphäre ermöglicht. Uns sind keine Fälle bekannt, in denen Google Datenbetrug betrieben hätte. Nichtsdestotrotz sollte sich jeder selbst überprüfen, wie viele private Daten er einem fremden Unternehmen gibt.

Die Fragen stellte Melanie Stinn per E-Mail für tagesschau.de