Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsinstitute Forscher rufen nach Steuersenkung
Sorgen um Griechenland, die Ukraine-Krise und Konflikte im Nahen Osten - all das macht der deutschen Wirtschaft nicht zu schaffen, ganz im Gegenteil: Die Wirtschaftsinstitute rechnen mit einem kräftigen Wachstum und fordern, die Steuerzahler zu entlasten.
Ein boomender Konsum, Rekordbeschäftigung und steigende Löhne: Die führenden Wirtschaftsforscher prophezeien Deutschland einen kräftigen Aufschwung. In ihrem Frühjahrsgutachten für die Bundesregierung hoben sie ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in diesem Jahr von 1,2 auf 2,1 Prozent.
"Der niedrige Ölpreis lässt den Deutschen mehr Geld für den Konsum, der niedrige Euro schiebt die Exporte an", erklärte Timo Wollmershäuser, Konjunkturchef des Ifo-Instituts bei der Vorstellung des Gutachtens. 2016 soll das Plus mit 1,8 Prozent ähnlich kräftig ausfallen.
Bundesregierung bislang zurückhaltender
Die Institute sind damit optimistischer als etwa der Internationale Währungsfonds (IWF), der in diesem Jahr mit einem Anziehen der Konjunktur von 1,6 Prozent rechnet, während die Bundesregierung bislang nur 1,5 Prozent erwartet. Die Regierung dürfte aber ihre Prognose kommende Woche ebenfalls anheben, dient doch das Frühjahrsgutachten als Grundlage dafür.
Niedriger Ölpreis dämpft Inflation
Die Forscher gehen davon aus, dass die Inflationsrate in diesem Jahr bei lediglich 0,5 Prozent liegen wird, bedingt vor allem durch niedrigere Ölpreise. Im kommenden Jahr müssen sich die Deutschen auf wieder stärker steigende Preise einstellen: Sie sollen dann um 1,3 Prozent zulegen.
Forscher fordern umfassende Steuersenkungen
Angesichts des kräftigen Aufschwungs fordern die Wirtschaftsforscher umfangreiche Steuersenkungen. Der Tarif solle insbesondere im Bereich kleiner und mittlerer Einkommen leistungsfreundlicher gestaltet werden. Ein solcher Schritt würde den Faktor Arbeit entlasten und das Wachstumspotenzial in der Bundesrepublik dauerhaft steigern, so das Gutachten.
Die Reduzierung der Steuerlast für die mittleren Einkommen würde nach Einschätzung der Forscher rund 25 Milliarden Euro kosten. Allerdings hat die Anregung der Institute so gut wie keine Chance, von der Großen Koalition umgesetzt zu werden. Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag verständigt, keine Steuern zu erhöhen, aber sie auch nicht zu senken. Spielräume sollen vorwiegend für mehr Investitionen und die Haushaltskonsolidierung genutzt werden.
Kritk am Kurs der EZB
Deutliche Kritik übt das Gutachten an der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): "Es ist nicht auszuschließen, dass es bei anhaltend expansiver Geldpolitik zu Blasen auf den Aktienmärkten kommt", schreiben die Forscher. Ein Platzen hätte negative Konsequenzen für die Konjunktur. "Auch auf anderen Vermögensmärkten, etwa für Immobilien, besteht dieses Risiko." Die EZB pumpt derzeit über den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren monatlich rund 60 Milliarden Euro in die Finanzmärkte, um für mehr Inflation und Wirtschaftswachstum zu sorgen.