Ökonom zur Übernahme von Rhön-Kliniken "Die Qualität leidet nicht"
Die geplante Übernahme von Rhön-Kliniken durch Fresenius wird nicht die letzte auf dem Krankenhausmarkt sein, sagt Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg. Im Interview mit tagesschau.de erklärt er, was das für Mitarbeiter und Patienten bedeutet.
tagesschau.de: Warum wollte Fresenius denn unbedingt dazukaufen?
Jonas Schreyögg: Auf dem Krankenhausmarkt ist ein organisches Wachstum nur schwer möglich. Das heißt: Man kann die Zahl der Betten nicht ohne Weiteres ausweiten. Kommunale Krankenhäuser stehen zudem kaum mehr zum Verkauf - die Kommunen sind zurückhaltender geworden. Das bedeutet also, Konzerne müssen sich gegenseitig übernehmen, um Wachstum zu ermöglichen.
Prof. Dr. Jonas Schreyögg ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Management im Gesundheitswesen, an der Universität Hamburg und wissenschaftlicher Direktor des Hamburg Center for Health Economics (HCHE). Er ist gleichzeitig assoziierter Forscher an der Stanford University.
tagesschau.de: Wie verändert der heutige Kauf den Krankenhausmarkt?
Schreyögg: Der Krankenhausmarkt konsolidiert sich. Wir sehen, dass die Konzerne größer werden, und die Effizienz wird natürlich deutlich steigen.
tagesschau.de: Effizienz - das klingt auch nach Konsequenzen für die Beschäftigten. Haben die Mitarbeiter Negatives zu befürchten?
Schreyögg: Nein, es ist so, dass die Effizienzreserven vor allem über Preise realisiert werden. Das heißt also, durch eine Reduktion bei Einkaufskosten werden wir Preissenkungen sehen. Die Beschäftigten haben meines Erachtens nicht viel zu befürchten, da die Krankenhäuser ohnehin schon in privater Trägerschaft waren.
tagesschau.de: Hat das Auswirkungen auf die Zulieferer?
Schreyögg: Auf die Zulieferer dürfte es Auswirkungen haben. Der neue große Krankenhauskonzern wird versuchen, die Preise zu senken. Wir wissen aus der Vergangenheit, dass das erfolgreich sein wird. Die Zulieferer - beispielsweise aus der Medizintechnik oder Arzneimittelhersteller - haben zu befürchten, dass die Preise in Zukunft sinken.
tagesschau.de: Leidet dadurch die Qualität?
Schreyögg: Nein. Wir wissen aus bisherigen Studien zu Krankenhausprivatisierung, dass die Qualität nicht leidet. Es ist allerdings so, dass es nur sehr wenige Studien zu dieser Thematik gibt. Hier besteht also Forschungsbedarf. Aber wir können zumindest nicht sagen, dass die Qualität der Versorgung darunter leidet. Es ist sogar so, dass die Patienten tendenziell davon profitieren könnten, da das Netzwerk des Konzerns wächst. Das heißt folglich, das Netzwerk von Reha-Kliniken, medizinischen Versorgungszentren - also die Zusammenarbeit der Institutionen - dürfte sich deutlich verbessern.
tagesschau.de: Sie haben es angesprochen, der Krankenhausmarkt konsolidiert sich. War das der letzte große Kauf eines Klinikums?
Schreyögg: Nein, das ist nicht zu erwarten. Es ist so, dass etwa ein Drittel dieses Marktes in privater Trägerschaft ist. Dieses Drittel wächst wie gesagt nicht, weil eben kaum mehr kommunale Krankenhäuser privatisiert werden. Die Privatisierungswelle ist also erst einmal vorbei. Wir werden aber sehen, dass die Krankenhäuser sich in Zukunft gegenseitig stärker übernehmen. Das haben wir in der Vergangenheit schon gesehen: beispielsweise die Übernahme der Damp Holding im Norden durch Helios oder die Übernahme von Mediclean durch Asklepios. Wir werden deshalb in den nächsten Jahren weitere Übernahmen sehen.
Das Interview führte Michail Paweletz, tagesschau24.