Flutkatastrophe Winzer im Ahrtal schwer getroffen
Die Hochwasserkatastrophe hat auch bei Weinbauern in Rheinland-Pfalz enorme Schäden verursacht. Viele Winzer aus dem Ahrtal stehen vor dem Aus - doch Hilfe kommt aus anderen Weinanbaugebieten.
Nach der Flutkatastrophe im rheinland-pfälzischen Ahrtal ist die bevorstehende Weinlese in großer Gefahr. Von den insgesamt 50 Weinbetrieben an der Ahr seien lediglich vier nicht von der Flut betroffen, sagte der Vorsitzende des Vereins Ahrwein, Peter Kriechel, im Deutschlandfunk. "Alle anderen sind geschädigt." Zehn bis 20 Betriebe seien komplett zerstört. Sehr viele Winzer hätten alles verloren.
Ähnlich hatte sich zuvor auch der Geschäftsführer des Weinbauverbands Ahr, Knut Schubert, im SWR geäußert. Nach seinen Angaben hat die Katastrophe die meisten Haupterwerbswinzer in Existenznot gebracht. Ebenso betroffen seien auch die rund 1000 Nebenerwerbswinzer, die ihre Trauben über die drei Winzergenossenschaften an der Ahr in die Kelter bringen. "Die meisten Weingüter haben einen Totalverlust erlitten", so Schubert.
Keine Räume für Produktion und Lagerung
Problematisch ist laut Kriechel die bevorstehende Weinlese. In sechs bis sieben Wochen müssten die ersten Trauben in die Keller gebracht werden. "Das beschäftigt uns enorm, wie wir das schaffen können", sagte Kriechel. Weil auch Pressen und andere Geräte zerstört wurden, sind die Winzer im Anbaugebiet auf Hilfe aus anderen Regionen angewiesen, um die Ernte zu sichern. Laut Winzerin Julia Baltes haben Winzerkollegen von der Mosel Hilfe angeboten. Baltes sagte im SWR, es gebe Hoffnung für den 2021er-Jahrgang, weil dieser in Betrieben dort produziert werden könne.
Viele Weinbauern an der Ahr haben nach der Flut weder Räume für die Produktion, noch für die Lagerung. Auch hier hofft Baltes, die diesjährige Ernte bei den Mosel-Winzern im Keller unterbringen zu können. Die Hilfsbereitschaft unter den Winzern sei riesig, bestätigte auch der Präsident des Deutschen Weinbauverbands, Klaus Schneider, im SWR. Nicht nur bei Aufräumarbeiten, sondern auch bei nicht aufschiebbaren Arbeiten im Weinberg seien Helfer aus anderen Gebieten an die Ahr geeilt.
Nicht nur Wein wurde zerstört
Von der Flut seien nicht nur Geräte oder Gebäude weggerissen worden, sondern auch gelagerte Weinflaschen früherer Jahrgänge, erklärte Winzervertreter Kriechel. Alleine dieser Verlust betrage rund 50 Millionen Euro. Eine ähnliche Zahl nannte auch Verbandsvertreter Schubert: Er bezifferte den Schaden allein an gelagertem Wein auf 48 bis 50 Millionen Euro. Auch die Weinberge selbst wurden zerstört. Mehrere tiefer gelegene Hänge in Ahrnähe wurden nach Angaben des rheinland-pfälzischen Weinbauministeriums völlig zerstört, teilweise auch durch Hangrutsch.
Kriechel bezeichnete den Verlust im Deutschlandfunk als "grausam". Wenn die Arbeit eines kompletten Jahres verschwinde, sei das ein finanzieller und ein psychischer Verlust. Er wisse von Kollegen, die nicht mehr weiter machen wollten. Die Hilfe aus anderen Weinbaugebieten gebe den Winzern jedoch Hoffnung. "Wir wissen gar nicht, wie wir uns im Nachgang dafür bedanken können", sagte Kriechel. Der Region stehe ein langer Weg bevor, denn die Wiederherstellung der Infrastruktur, auch für den Weinbau, werde sehr lange dauern.
Der Verkauf der von der Katastrophe gezeichnete "Flutweine" soll den geschädigten Winzern helfen.
Der "Rotweinmetropole" soll per Crowdfunding geholfen werden
Das Anbaugebiet im Ahrtal, das sich selbst "Rotweinmetropole" nennt, ist besonders für seine Spätburgunder bekannt. Weil die Trauben dort im kostenintensiven Steillagenweinbau kultiviert werden, erzielt der Ahrwein höhere Durchschnittspreise je Liter Wein als andere Regionen. Bei einer Jahresproduktion von durchschnittlich vier Millionen Litern erzielt das Anbaugebiet einen Umsatz von etwa 32 Millionen Euro im Jahr. Entsprechend hoch fällt jetzt der Verlust aus.
Mit einer Spendenaktion will der Verein Ahrwein e.V. den Winzern helfen. Noch bis Anfang September können bei einer Crowdfunding-Aktion Flaschen mit Ahrwein im Internet erworben werden, die bei der Flut nicht zerstört wurden. Die Flaschen der "Flutweine" sind bedeckt mit Schlamm und teilweise ohne Etikett, dadurch gelten sie als Rarität. Die Einnahmen aus dem Verkauf der von der Katastrophe gezeichneten Weine sollen nach Vereinsangaben den Familienbetrieben im Weinbau und der Gastronomie im Ahrtal für den Wiederaufbau ihrer Existenzen zugute kommen.