US-Kommission legt Bericht vor "Die Finanzkrise war vermeidbar"
Riskante Spekulationen, laxe Aufsicht und falsche politische Weichenstellungen: Die Finanzkrise war laut dem Bericht einer US-Kommission keineswegs unvermeidbar. Schuld liege bei den Investmentbanken, der US-Notenbank und auch bei den früheren Präsidenten Bush und Clinton.
Politiker, Banken und Finanzaufseher sind nach Einschätzung einer von US-Präsident Barack Obama eingesetzten Kommission für die Finanzkrise verantwortlich. "Wir kommen zu dem Schluss, dass diese Finanzkrise vermeidbar gewesen wäre", heißt es im Abschlussbericht. "Die Krise war das Ergebnis menschlichen Handelns und menschlicher Untätigkeit und nicht davon, dass Mutter Natur oder Computermodelle außer Rand und Band geraten wären", schreiben die demokratischen Kongressabgeordneten, die in der Kommission die Mehrheit stellen.
Die mit Politikern beider großer Parteien besetzte Kommission hatte seit 2009 mehr als 700 Zeugen befragt, um herauszufinden, welche Rolle die staatlichen Stellen und privaten Geldhäuser bei den heftigen Turbulenzen auf dem Finanzmarkt spielten.
Scharfe Kritik an Notenbankchefs
Der Bericht geht vor allem mit dem früheren US-Präsidenten George W. Bush und dem derzeitigen Notenbankchef Ben Bernanke hart ins Gericht. Sie hätten die Krise nicht vorhergesehen und bei ihrem Eintreten falsch reagiert. Auch Bernankes Vorgänger Alan Greenspan sieht sich scharfer Kritik ausgesetzt. Mit seiner Überzeugung, Finanzinstitute könnten sich selbst kontrollieren, habe er zu der Krise beigetragen, heißt es im Bericht.
Eine Mitschuld sehen die Abgeordneten auch beim ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton. Dessen Regierung habe dafür gekämpft, dass die hochkomplizierten Derivate-Produkte keiner Kontrolle und Aufsicht unterworfen worden seien. Die Ratingagenturen hätten ihrerseits durch eine allzu positive Bewertung von Risiken die Finanzkrise begünstigt.
Zu wenig Kapital bei Investmentbanken
Der Bericht übt auch scharfe Kritik an den großen Investmentbanken, von denen Goldman Sachs und Morgan Stanley als einzige die Krise als eigenständiges Unternehmen überlebt haben. Alle fünf - auch Lehman Brothers, Merrill Lynch und Bear Stearns - hätten im Jahr 2007 mit außerordentlich dünner Kapitaldecke gearbeitet, kritisiert der Bericht. Dadurch seien sie gefährlich anfällig bei einer Abwertung der angehäuften Papiere und Finanzprodukte gewesen. "Ein Rückgang des Buchwerts von nicht einmal drei Prozent konnte eine Firma auslöschen."
Im Management der Finanzbranche stellt der Bericht "umwerfende Beispiele von Pannen und Verantwortungslosigkeit" fest. In diesem Zusammenhang werden neben Merrill Lynch ausdrücklich der Versicherungsriese AIG und der Hypothekenfinanzierer Fannie Mae genannt, die beide während der Krise vom Staat mit Milliardenhilfen gerettet werden mussten.