Nach Rekordjahr 2021 Investitionen in Tech-Firmen brechen ein
Während der Corona-Pandemie erlebten europäische Start-ups einen Boom, in diesem Jahr brachen die Investitionen ein. Mindestens 14.000 Menschen verloren ihre Jobs in Tech-Firmen. Trotzdem bleibt der größte Teil der Branche optimistisch.
Die Investitionen in europäische Technologieunternehmen sind deutlich eingebrochen. Nach Berechnungen des Risikokapitalgebers Atomico belaufen sich die diesjährigen Finanzspritzen auf etwa 85 Milliarden Dollar, 18 Prozent weniger als der Höchststand von rund 104 Milliarden Dollar im Jahr 2021. Die Summe ist jedoch immer noch die zweithöchste aller Zeiten. Atomico-Partner Tom Wehmeier sprach bei der Vorstellung des Branchenberichts vom "härtesten ökonomischen Umfeld seit der globalen Finanzkrise". Im Vergleich dazu sei das Ergebnis bemerkenswert.
Start-ups in der Krise
Mit einem Rückgang der Investitionen von knapp 19 auf rund elf Milliarden Euro bekam der deutsche Markt die Krise besonders deutlich zu spüren. Das habe auch am exorbitanten Vorjahr gelegen, erklärte Wehmeier. Die hiesige Branche habe sich seit 2015 stark entwickelt und sei zunehmend erfolgreich darin, ausländische Tech-Talente anzuziehen.
Start-ups hatten während der Pandemie einen Boom erlebt. Sie profitierten davon, dass die Digitalisierung einen Schub erhielt, etwa bei Finanzgeschäften, Online-Shopping oder Essenslieferungen. Niedrige Zinsen führten zu zahlreichen üppigen Finanzierungsrunden. Aber mit dem Krieg in der Ukraine, der schwächelnden Wirtschaft und den steigenden Zinsen drehte sich der Markt. Investoren hielten sich zurück. Die Bewertungen großer Start-ups, darunter der Zahlungsdienst Klarna, brachen ein und Firmen wie der Berliner E-Roller-Anbieter Tier strichen Jobs.
Optimismus trotz gesunkener Bewertungen
Angesichts der schlechten Stimmung brach laut Atomico die Zahl der großen Finanzierungsrunden in Europa um mehr als 100 Millionen Dollar ein. Auch bei "Einhörnern" - also Start-ups, die eine Milliarde Dollar oder mehr wert sind - war ein starker Rückgang zu verzeichnen: 2021 waren noch 105 neue Einhörner auf dem Markt, in diesem Jahr gab es bis Ende Oktober erst 31. Darunter befanden sich vier deutsche Unternehmen: Das Steuer-Startup Taxfix, die Sport-App OneFootball, die Firma Grover, die Elektronikgeräte zur Miete anbietet, und die Gastro-App Choco.
Insgesamt habe das raue Branchenumfeld laut der Studie mindestens 14.000 Menschen ihren Arbeitsplatz bei europäischen Technologieunternehmen gekostet und mehr als 400 Milliarden Dollar an Bewertungen seien verloren gegangen. Dennoch zeige sich die Branche robust. In einer Umfrage gaben 77 Prozent der Firmen an, optimistischer oder genauso optimistisch in die Zukunft zu blicken, 23 Prozent waren pessimistischer als vor einem Jahr.