Steigende Bauzinsen Der Traum vom Eigenheim wird teurer
Noch ist Baugeld günstig. Doch die Hypothekenzinsen dürften 2022 kräftig steigen. Das zeigt auch ein Blick auf die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe, die erstmals seit drei Jahren wieder positiv ist.
Schluss mit den Negativzinsen - das gilt neuerdings zumindest partiell am deutschen Anleihemarkt. Dort ist die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe zur Wochenmitte über Null Prozent gestiegen. Sie ist also erstmals seit April 2019 wieder positiv. Hintergrund ist ein Ausverkauf bei US-Anleihen. In dessen Sog werfen Investoren auch Bundesanleihen aus ihren Depots, und das sorgt für fallende Kurse. Im Gegenzug steigen die Renditen.
Oliver Eichmann, Zinsexperte für den europäischen Raum bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS, sieht den Anstieg der deutschen Rendite in den anhaltend hohen Inflationsraten, der Markterwartung baldiger und kräftiger Zinserhöhungen durch die Federal Reserve und einer weniger expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank begründet. "Wir gehen davon aus, dass die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen in diesem Jahr weiter bis in den Bereich von plus 0,2 Prozent steigen wird."
Eine Bundesanleihe dient der Staatsfinanzierung. Institutionelle Investoren leihen dem Bund ihr Kapital für einen bestimmten Zeitraum. Im Gegenzug erhalten sie eine feste Verzinsung (Kupon). Über die Börse haben auch Privatanleger die Möglichkeit, Anteile an Bundesanleihen zu kaufen oder verkaufen.
Schuldenmachen wird teurer
Der hochverschuldete deutsche Staat dürfte sich über diese Entwicklung nicht freuen, bedeutet die positive Rendite für zehnjährige Bundesanleihen doch, dass er bald wieder Zinsen für aufgenommene Kredite über diese Laufzeit zahlen muss. Zuletzt hatte die Bundesrepublik dank der Negativzinsen am Anleihemarkt mit dem Schuldenmachen sogar noch Geld verdient.
Doch nicht nur für den deutschen Staat, sondern auch für Verbraucher dürfte das Leben auf Pump künftig teurer werden. Die positive Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe bedeute auch für die Bauzinsen nichts Gutes, betont Max Herbst von der gleichnamigen Frankfurter Finanzberatung (FMH) im Gespräch mit tagesschau.de.
Höhere Pfandbriefzinsen gleich höhere Bauzinsen
Tatsächlich geben die zehnjährigen Bundesanleihen die Richtung für Pfandbriefzinsen und damit indirekt auch für Bauzinsen vor. Die Banken bestreiten ihr Baufinanzierungsgeschäft nämlich in erster Linie über den Handel mit Pfandbriefen.
Bei der Festlegung der Pfandbriefzinsen richten sich die Banken nach den Vorgaben der DekaBank Deutsche Girozentrale in Frankfurt. Diese legt die Rendite für Pfandbriefe mit zehnjähriger Laufzeit fest und orientiert sich dabei an den Zinsen zehnjähriger Bundesanleihen. Die Banken schlagen dann auf den Pfandbriefzins nochmals eine Risikoprämie von 0,5 bis 0,7 Prozent obendrauf - fertig ist der Bauzins.
Strengere BaFin-Regeln treiben Bauzinsen
"Üblicherweise sinken zu Beginn des Jahres die Bauzinsen, die Banken wollen eher mehr Volumen denn Marge machen. Dieses Jahr wird das aber nicht der Fall sein", ist Finanzexperte Herbst überzeugt. Das liegt aber nicht nur an den steigenden Renditen der Bundesanleihen, sondern auch an der deutschen Finanzaufsichtsbehörde BaFin.
Diese drängte die Banken jüngst zu einer strengeren Risikovorsorge. Die Banken sollten sich künftig mit höheren Rücklagen gegen ausfallende Immobilienkredite absichern. "Das wirkt sich negativ auf die Zinssituation der Banken aus - doch das bezahlt dann am Ende nicht die Bank, sondern der Bankkunde", erläutert FMH-Experte Herbst.
Bauzinsen von bis zu 1,75 Prozent 2022
Dabei ist der Trend steigender Bauzinsen kein gänzlich neues Phänomen. Die Bauzinsen hatten bereits 2020 ihren Tiefpunkt bei 0,62 Prozent erreicht. Im neuen Jahr kletterten sie nun erstmals seit über zwei Jahren wieder über die Marke von 1,0 Prozent. Finanzexperte Herbst rechnet nicht zuletzt mit Blick auf die anziehenden Inflationsraten mit einem weiteren Anstieg der Bauzinsen im Jahresverlauf: "Ich denke schon, dass wir im Laufe des Jahres hier die 1,5 bis 1,75 Prozent sehen werden."
Der Branchenkenner warnt allerdings eindringlich davor, die Situation am Markt für Immobilienkredite zu dramatisieren und verdeutlicht das mit einem Rechenbeispiel: "Eine Steigerung von 0,1 Prozentpunkten bedeutet bei einem Darlehen von 400.000 Euro und einer Laufzeit von zehn Jahren 33 Euro mehr pro Monat. Selbst ein Anstieg der Bauzinsen um 0,5 Prozentpunkte würde den Immobilienkäufer gerade einmal 166 Euro pro Monat mehr kosten."
Max Herbst von der FMH Finanzberatung rechnet mit weiter steigenden Bauzinsen.
Experte warnt vor übereilten Entscheidungen
Solche Beträge sollten nach Meinung des Experten für Baufinanzierungen niemals den Ausschlag darüber geben, ob sich jemand eine Immobilie leisten kann oder nicht. Notfalls könne man auch statt der üblichen zwei oder drei Prozent Tilgung den Tilgungssatz niedriger ansetzen.
"Die Leute müssen jetzt also nicht panikartig etwas unterschreiben", warnt Herbst. Sich beim Kauf unter Druck setzen zu lassen aus Angst vor steigenden Bauzinsen wäre das Schlechteste, was man jetzt machen könnte."