Teilrückzug von Kuwait Mercedes und seine ausländischen Aktionäre
Der Staatsfonds Kuwait bläst zum Teilrückzug bei Mercedes-Benz. Doch eines wird sich dadurch gewiss nicht ändern: Das Gros der Mercedes-Dividenden wird auch weiterhin ins Ausland fließen.
Kuwait ist der wohl treueste Aktionär Daimlers - gewesen. Seit 1974 ist der Staatsfonds des kleinen ölreichen Landes Großaktionär bei Mercedes-Benz. Doch nun nehmen es die Kuwaitis mit der Treue nicht mehr ganz so genau, vielmehr ziehen sie sich bei dem Stuttgarter Autobauer zurück und verkaufen für fast 1,4 Milliarden Euro etwa 20 Millionen ihrer Mercedes-Benz-Aktien.
Durch den Teilverkauf reduziert sich der Anteil der Kuwait Investment Authority (KIA) von 6,84 auf 4,95 Prozent. KIA hält jetzt noch etwa 53 Millionen Papiere der insgesamt 1,07 Milliarden Mercedes-Benz-Aktien.
Experten vermuten Gewinnmitnahmen als Grund
Begründet wird der Schritt in Kuwait mit dem lapidaren Hinweis, man wolle sich breiter aufstellen. Marktbeobachter sprechen hingegen von Gewinnmitnahmen. "Kuwait will in erster Linie die Gunst der Stunde nutzen, um Kasse zu machen", erklärt ein Analyst, der namentlich nicht genannt werden darf, gegenüber tagesschau.de. "Dahinter steckt auch die Erwartung: Schöner wird es nicht", betont der Experte mit Blick auf den Aktienkurs.
Die Mercedes-Benz-Aktie hat seit der Festlegung der Managementspitze auf die neue Luxus-Strategie eine gute Kursentwicklung hingelegt, allein für die vergangenen sechs Monate steht ein Kursplus von rund 30 Prozent zu Buche.
Mercedes-Benz ohne verlässlichen deutschen Ankeraktionär
Der Teilrückzug des Staatsfonds von Kuwait wirft ein Schlaglicht auf die Aktionärsstruktur bei dem deutschen Premiumautobauer. Dabei sticht sofort ein großer Unterschied zu den anderen deutschen Autokonzernen ins Auge: Während VW mit dem Land Niedersachsen und BMW mit der Familie Quandt verlässliche deutsche Ankeraktionäre haben, ist der Streubesitz bei Mercedes-Benz mit aktuell knapp 65 Prozent extrem hoch.
Das macht das Unternehmen verletzlicher in Zeiten, in denen sich immer häufiger aggressive Investoren von außen an ein Unternehmen heranschleichen und versuchen, über den Erwerb von Anteilen Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen. "Rein theoretisch ist Mercedes-Benz der einzige deutsche Autokonzern, der relativ leicht zu übernehmen ist", erklärt der Ökonom.
China hält fast 20 Prozent der Mercedes-Benz-Stimmrechte
Hinzu kommt: Kuwait ist nicht der einzige ausländische Investor, der große Anteile an Mercedes-Benz hält. Die Chinesen sind noch weit stärker an dem DAX-Konzern beteiligt. Zuletzt hielt die BAIC Group 9,98 Prozent der Anteile, damit ist sie der größte Mercedes-Einzelaktionär. Auf Platz zwei steht der chinesische Investor Li Shufu. Der Geely-Chef hält über die Firma Tenaciou3 Prospect Investment Limited einen Anteil von 9,68 Prozent.
Würde man die Anteile der beiden chinesischen Aktionäre zusammenlegen, so fehlte nicht mehr viel zu einer Sperrminorität von über 25 Prozent. Gemeinsam könnten die Chinesen so die Geschäftspolitik bei Mercedes-Benz mitbestimmen und wichtige Beschlüsse blockieren. Zwar weisen sowohl Mercedes-Benz als auch Experten immer wieder darauf hin, dass man beide chinesischen Investoren völlig getrennt voneinander sehen müsse; ganz auszuschließen sei ein solcher Zusammenschluss für die Zukunft jedoch nicht, erklärt der Analyst gegenüber tagesschau.de.
Er sieht die eigentliche chinesische Herausforderung für Mercedes allerdings weniger in der Aktionärsstruktur, denn in der Elektroautowelle. "Es gibt momentan 20 bis 30 chinesische Automobilmarken, die nach Europa drängen. Das ist gut für die Kunden, weil es die Preise drücken wird. Doch für Mercedes, VW und Co. ist das ein Riesenproblem."
Was deutschen Anlegern bei Mercedes-Benz entgeht
Ein Problem haben mit Blick auf Mercedes-Benz auch deutsche Anlegerinnen und Anleger, stellen sie doch laut Berechnungen der Beratungsgesellschaft EY insgesamt nur 35 Prozent der Aktionäre. Unter den institutionellen Investoren beläuft sich ihr Anteil dem DAX-Konzern zufolge sogar nur auf 7,7 Prozent. Immer dann, wenn Mercedes-Benz seine Schatulle öffnet und seine Aktionäre am Gewinn beteiligt, klingeln die Kassen also vor allem in Peking, Hongkong und Kuwait - und weniger in Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt.
Dabei geht es um gewaltige Dimensionen: 2022 war Mercedes-Benz der größte Dividendenzahler im DAX, die Stuttgarter schütteten 5,4 Milliarden Euro an ihre Aktionäre aus. Davon gingen EY zufolge 3,5 Milliarden Euro ins Ausland, 1,9 Milliarden an Anleger aus Deutschland.
Im Mai ist Zahltag bei Mercedes
2023 will Mercedes-Benz bei der Dividende noch eins draufsetzen: Die Stuttgarter wollen 5,20 Euro je Aktie und damit eine im Vergleich zum Vorjahr um 20 Cent höhere Dividende an ihre Aktionäre für das Geschäftsjahr 2022 auszahlen. Das entspricht auf Basis des gestrigen Schlusskurses (69,79 Euro) einer Dividendenrendite von 7,5 Prozent.
Wer von der Dividendenausschüttung profitieren möchte, muss die Aktie zum Tag der Hauptversammlung besitzen, also am 3. Mai. Die Gutschrift der anteiligen Gewinnausschüttung folgt dann am 4. Mai.