Countdown für Nvidia Wall Street vor wichtigen Zahlen nervös
Der Wagemut, den die deutschen Anleger an den Tag legten, wurde in New York nicht geteilt. Kurz vor der Zahlenvorlage des KI-Giganten Nvidia tendierten die US-Märkte schwächer.
Ohne Klarheit darüber, wie es mit dem KI-Boom weitergeht, wollten sich die Investoren an der Wall Street nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Kurz vor der Vorlage der gespannt erwarteten Quartalszahlen des Chipkonzerns Nvidia schloss der Leitindex Dow Jones nach einer von Vorsicht geprägten Sitzung 0,4 Prozent tiefer bei 41.091 Punkten.
Noch zurückhaltender agierten die Anleger an der Technologiebörse Nasdaq, die einen Großteil ihrer jüngsten Rally dem KI-Profiteur Nvidia verdankt. Der Auswahlindex Nasdaq 100 büßte 1,2 Prozent auf 19.350 Punkte ein.
"Die Anleger sind ein wenig nervös, was sie von Nvidia sehen und hören werden", sagte Sam Stovall, Chefstratege beim Analysehaus CFRA. "Da die Erwartungen zuletzt so hoch gewesen sind, fragt man sich, wie viel besser es noch werden kann."
Sollte Nvidia diesmal mit seinen Zahlen oder seinem Ausblick enttäuschen, könnte das einen neuen Ausverkauf an den heiß gelaufenen Märkten auslösen. Zumal viele Investoren ohnehin das Gefühl haben, dass sich der KI-Markt in einer Spekulationsblase befindet. So soll etwa der Hedge Fonds Elliott Management die Nvidia-Aktie für "überbewertet" halten.
Sollte Nvidia erneut positiv überraschen, würden Anleger darin eine Bestätigung der KI-getriebenen Börsenrally sehen. Weitere Kursgewinne wären dann wahrscheinlich. Allerdings könnten auch gute Zahlen - je nach ihrer Interpretation - Gewinnmitnahmen auslösen.
Der DAX verfehlte dagegen mit einem Anstieg auf bis zu 18.857 Punkte sein Rekordhoch nur um wenige Zähler. Zum Handelsende notierte der deutsche Leitindex 0,54 Prozent höher bei 18.782 Punkten. Mitte Mai hatte der DAX einen historischen Höchststand von knapp 18.893 Punkten erreicht.
Damit hat sich der Markt in eine seltene Konstellation manövriert. Denn die Zahlen eines einzigen Unternehmens könnten über Erfolg und Misserfolg des derzeitigen Gipfelsturms entscheiden.
Nvidia steht wie kein anderes Unternehmen für den Boom der Künstlichen Intelligenz. Dank seiner gefragten KI-Halbleiter hat der Aktienkurs von Nvidia in diesem Jahr mehr als 160 Prozent gewonnen, was die Aktie zum mit Abstand stärksten Papier im Nasdaq 100 macht - und das, nachdem sie 2023 bereits um fast 240 Prozent gestiegen ist.
In den vergangenen fünf Jahren schnellte der Börsenwert von Nvidia um rund 3.000 Prozent in die Höhe. Heute ist der Chiphersteller mit einer Marktkapitalisierung von 3,2 Billionen Dollar das zweitteuerste Unternehmen der Welt - nur Apple ist mit aktuell 3,5 Billionen Dollar noch höher bewertet.
Bei den letzten Zahlenvorlagen konnte Nvidia stets auf ganzer Linie die Erwartungen übertreffen, die Aktie stieg jedes Mal deutlich. Zuletzt hatte es allerdings negative Berichte über Verzögerungen bei der neuen Prozessor-Generation Blackwell gegeben.
Der Euro ist von seinen jüngsten Höchstständen zum Dollar wieder zurückgefallen. Die europäische Gemeinschaftswährung lag am späten Abend 0,6 Prozent im Minus bei 1,1115 Dollar. Der Goldpreis gab ebenfalls nach: Die Feinunze Gold kostete am späten Abend 2.508 Dollar und damit 0,7 Prozent weniger als gestern.
Am Ölmarkt standen die Notierungen ebenfalls unter Druck. Rohöl der Nordseesorte Brent büßte bis zum Abend 1,5 Prozent auf 77,73 Dollar je Barrel (159 Liter) ein. Die wöchentlichen Lagerdaten aus den USA änderten an der Tagestendenz wenig. Die Bestände an Rohöl sanken im Vergleich zur Vorwoche um 0,9 Millionen auf 425,2 Millionen Barrel. Analysten hatten aber mit einem deutlicheren Rückgang gerechnet.
An der Wall Street rutschte die Aktie von Super Micro Computer zweistellig ab. Damit waren ihre Gewinne im Zuge des KI-Booms mehr oder weniger zunichte gemacht. Der US-Serveranbieter hat die Einreichung seines Jahresberichts verschoben. Das Unternehmen teilte mit, es brauche mehr Zeit, um die "Wirksamkeit der internen Kontrollen" über seine Finanzberichterstattung zu bewerten. Vorwürfe des US-Leerverkäufers Hindenburg, Super Micro habe seine Konzernbilanz manipuliert, hatten die Aktie bereits am Dienstag auf Talfahrt geschickt. Im Jahr 2020 war das Unternehmen von der US-Wertpapieraufsicht beschuldigt worden, Einnahmen zu früh verbucht und Ausgaben zu niedrig angesetzt zu haben.
Eine erfreuliche Nachricht kam dagegen von einer Aktie, die eher der "Old Economy" zugerechnet wird. Berkshire Hathaway durchbrach heute als erstes US-Unternehmen außerhalb des Technologiesektors beim Börsenwert die Schallmauer von einer Billion Dollar. Die B-Aktien der Holding des legendären Investors Warren Buffett gewannen rund ein Prozent auf etwas mehr als 465 Dollar. Die für Privatanleger kaum erschwinglichen A-Aktien verbuchten einen ähnlichen Zuwachs. Der Kursgewinn der B-Aktien beträgt seit Jahresanfang mehr als 30 Prozent. Ein starkes Versicherungsgeschäft und Optimismus für die US-Wirtschaft trieben an. Berkshire Hathaway gehören unter anderem der Versicherer Geico, die Eisenbahngesellschaft BNSF und der Batteriehersteller Duracell.
Größter Gewinner im DAX war die Covestro-Aktie. Laut Insidern könnte der Ölkonzern Adnoc mit einer fast zwölf Milliarden Euro schweren Offerte für den Kunststoffhersteller Ernst machen. Nach einer monatelangen Hängepartie hatten Covestro und das staatliche Ölunternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten im Juni konkrete Übernahmeverhandlungen aufgenommen. Diese Prüfung der Bücher sei nun fast abgeschlossen und schon im September könnte Adnoc ein offizielles Angebot vorlegen, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen.
Im MDAX machte Aroundtown auf sich aufmerksam. Der Gewerbeimmobilien-Spezialist zeigte sich für das laufende Jahr zuversichtlicher und erhöhte sein Ziel für das operative Ergebnis leicht auf 290 bis 320 Millionen Euro. Das kam am Markt gut an.
Der langjährige Europa-Chef der US-Bank Morgan Stanley, Oliver Behrens, lenkt künftig die Geschäfte des Online-Brokers FlatexDegiro. Der Aufsichtsrat habe ihn zum 1. Oktober 2024 für drei Jahre zum Vorstandsvorsitzenden bestellt, teilte das im SDAX notierte Unternehmen mit.
Aktien von LEG Immobilien standen unter Druck. Der Konzern gab kurzfristig die Begebung einer Wandelanleihe ohne Bezugsrecht der Aktionäre an und sammelte damit rund 500 Millionen Euro ein. Das Unternehmen will damit unter anderem bestehende Verbindlichkeiten refinanzieren.
Der südkoreanische Autobauer Hyundai will mit der Verdopplung seines Angebots von Hybrid-Modellen den Fahrzeugabsatz deutlich steigern. Bis 2030 will der Vorstand 5,55 Millionen Autos pro Jahr verkaufen, was ein Plus von 30 Prozent gegenüber 2023 bedeutet. Statt sieben wolle der Autobauer mit seiner Tochter Kia künftig 14 Hybrid-Modelle anbieten.
Der südkoreanische Batteriespezialist Samsung SDI und der US-Autoriese General Motors (GM) haben eine Vereinbarung zum Bau einer gemeinsamen Fabrik für Elektroauto-Batterien im US-Bundesstaat Indiana unterzeichnet. Die beiden Unternehmen wollen rund 3,5 Milliarden Dollar in das neue Werk investieren. Der Start der Massenproduktion ist laut Samsung SDI für 2027 geplant.