Fed sucht nach "richtigem Zeitpunkt" Zinshoffnungen ruhen auf Fed-Chef Powell
Klare Signale zur Zinssenkung hatten sich Anleger von Fed-Chef Jerome Powell erhofft, bekommen haben sie sich nicht. An den Aktienmärkten hat sich ein Stück weit Ernüchterung breit gemacht.
Die jüngsten Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell haben die Wall Street am Dienstag auf Richtungssuche geschickt. Wie schon zu Wochenbeginn erklommen sowohl der breit aufgestellte S&P 500 als auch die Technologie-Indizes Nasdaq 100 und Nasdaq Composite bereits kurz nach Handelsbeginn Höchststände. Vor allem die Tech-Werte setzten heute ihren Aufwärtstrend fort: Die Aktien von Chipherstellern wie Micron, Intel und Nvidia kletterten um bis zu knapp anderthalb Prozent.
Mittlerweile zeigen sich jedoch bereits Ermüdungserscheinungen, sodass die wichtigsten Indizes wenig verändert schlossen. Zudem sorgte die halbjährliche Anhörung von Notenbankchef Jerome Powell vor dem Senat kaum für Impulse. Für den S&P 500 ging es um 0,07 Prozent auf 5.576 Punkte nach oben. Der Nasdaq 100 stieg um 0,07 Prozent auf 20.453 Punkte.
Der Dow Jones Industrial schwächelte erneut und gab um 0,13 Prozent auf 39.291,97 Punkte nach. Dem Leitindex fehlt weiterhin ein gutes Stück zu seinem Rekord über der Marke von gut 40.000 Punkten aus dem Mai.
Auch Analysten mahnen mittlerweile zur Vorsicht: Der S&P 500 erscheine inzwischen recht überkauft, erklärt etwa Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Von daher wäre eine Pause von der Rekordjagd jetzt eher der Normalfall als eine Überraschung." Wie weit die Rally noch trägt, hängt auch von der Zinspolitik der US-Notenbank ab. Die Blicke richten sich daher auf den Auftritt von US-Notenbankchef Powell heute und morgen im US-Senat.
Doch Powell enttäuschte die Anleger und gab bei seiner Anhörung erneut kein klares Signal für eine baldige Leitzinssenkung. Die jüngsten Inflationsdaten deuteten auf "bescheidene weitere Fortschritte" bei der Preisentwicklung hin, sagte Powell. "Mehr gute Daten" würden das Vertrauen stärken, dass sich die Inflation nachhaltig dem Zielwert der US-Notenbank annähere. Die Fed werde von "Sitzung zu Sitzung" über den weiteren Kurs entscheiden.
"Der oberste US-Währungshüter lässt sich weiterhin nicht genau in die Karten schauen, wie lange die Fed noch am aktuellen Leitzinsniveau festzuhalten gedenkt", kommentierte Elmar Völker, Volkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg.
Unterdessen betonte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, dass es nach der Kurswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juni keinen Automatismus für weitere Zinsschritte nach unten gebe. "Zinssenkungen machen wir nicht per Autopilot", sagte Nagel dem "Tagesspiegel" in einem Interview. "Wir werden also je nach Datenlage entscheiden." Das nächste Zinstreffen der EZB findet kommende Woche statt.
Die europäischen Anleger haben heute enttäuscht auf die Rede von Powell vor dem US-Kongress reagiert. Erneut gab es keine klaren Signale für baldige Zinssenkungen. Das entmutigte, denn an den Märkten werden zwei Zinsschritte nach unten erwartet, beginnend im September. Doch Powell gab keine Hinweise, dass sich eine solche Hoffnung erfüllen könnte.
Der bereits zuvor schwächelnde DAX reagierte mit weiteren Verlusten. Letztlich stand ein Minus von 1,28 Prozent auf 18.236 Punkte zu Buche. Dabei sackte der deutsche Leitindex unter die viel beachtete 21-Tagelinie, die den kurzfristigen Trend angibt und fand erst knapp oberhalb der 100-Tagelinie Halt. Diese Trendlinie für den DAX-Verlauf auf mittelfristige Sicht verläuft derzeit knapp unter 18.160 Punkten.
Gute Nachrichten kommen stattdessen heute aus der deutschen Wirtschaft: Auch wenn die Zahl der Insolvenzen im ersten Halbjahr deutlich über derjenigen des Vorjahres lag, ist ein leichter Rückgang zu erkennen. Im Juni sank die Zahl der Insolvenzen den zweiten Monat in Folge, teilte das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) mit. In vielen Branchen seien bereits im April Höchstwerte erreicht worden. Allerdings liegen die Insolvenzen seit einem Jahr über den Durchschnittszahlen der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Der Euro ist am Dienstag im US-Handel etwas unter Druck geblieben. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung 1,0814 US-Dollar. In frühen europäischen Geschäft hatte der Euro noch etwas höher notiert. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0814 (Montag: 1,0835) Dollar fest.
Die Ölpreise sind auf dem Rückzug, nachdem Hurrikan "Beryl" zwar eine wichtige Ölförderanlage in Texas getroffen, aber weniger Schaden angerichtet hat als erwartet. "Erste Anzeichen lassen darauf schließen, dass der Großteil der Energieinfrastruktur unbeschadet davongekommen ist", sagten ING-Analysten. Rohöl der Nordseesorte Brent verbilligt sich aktuell um 0,5 Prozent auf 85,34 Dollar je Barrel (159 Liter).
Die Volkswagen-Tochter Audi stoppt ihr Oberklasse-Elektromodell Q8 e-tron angesichts der schwachen Nachfrage möglicherweise vorzeitig und stellt das Werk in Brüssel auf den Prüfstand. Nun würden zusammen mit den Sozialpartnern Lösungen für den Standort erarbeitet. "Am Ende dieses Prozesses kann unter anderem auch die Einstellung des Betriebs erfolgen", so der VW-Konzern. Zudem senkt Volkswagen wegen milliardenschwerer Belastungen - unter anderem bei Audi - die Ergebnisprognose für das laufende Jahr.
Auch die Dachholding Porsche SE der Eigentümerfamilien Porsche und Piech rechnet in der Folge mit weniger Gewinn. Die Aktien der Unternehmen fielen nachbörslich. Die Volkswagen-Vorzüge gaben auf der Handelsplattform Tradegate um 1,1 Prozent gegenüber dem Xetra-Schluss nach. Porsche-SE-Titel standen 0,9 Prozent tiefer.
Die Reederei Hapag-Lloyd hat nach dem ersten Geschäftshalbjahr ihre Ergebnisprognose für 2024 angehoben. Das Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) werde nun zwischen 3,2 bis 4,2 Milliarden Euro statt 2,0 bis 3,0 Milliarden Euro erwartet, das operative Ergebnis (EBIT) zwischen 1,2 bis 2,2 (vorher: null bis 1,0) Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr habe der Konzern ein EBITDA von rund 1,8 Milliarden Euro und ein EBIT von rund 0,8 Milliarden Euro verbucht.
Bei Anlegern kamen die Neuigkeiten gut an. Die Hapag-Llyod-Aktie legte auf der Handelsplattform Tradegate zuletzt um sechs Prozent im Vergleich zum Xetra-Schlusskurs zu.
Ein geplanter Milliarden-Deal zwischen Oracle und dem KI-Startup xAI von Elon Musk ist geplatzt. Musk erklärte auf seinem Kurznachrichtendienst X, man werde nun selbst ein Datenzentrum mit 100.000 Prozessoren des Typs H100 von Nvidia bauen. Gespräche über den Deal mit potenziellen Wert von zehn Milliarden Dollar seien beendet worden, da Oracle etwa die von Musk verlangte Bauzeit als unrealistisch betrachtete, hieß es unter Berufung auf mehrere an den Verhandlungen beteiligte Personen.
Der US-Flugzeughersteller Boeing hat im Juni 44 Jets an die Kunden übergeben, davon waren 35 Mittelstreckenjets vom Typ 737. Mit den Auslieferungen im Juni kommt Boeing bis Ende des ersten Halbjahrs nun auf 175 Maschinen, während Konkurrent Airbus 323 Jets übergab. Zudem musste Boeing zwei Stornierungen verbuchen. Wegen Bilanzierungsrichtlinien strich Boeing zudem 116 Orders aus den Auftragsbüchern.
Der Haushaltsgerätehersteller Dyson plant, bis zu 1.000 Stellen in Großbritannien zu streichen, wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete. Das entspreche mehr als einem Viertel der bisher dort angesiedelten Jobs. Das Unternehmen hat weltweit rund 14.000 Beschäftigte.
Der umstrittene asiatische Online-Händler Shein will in den kommenden fünf Jahren 250 Millionen Euro in der Europäischen Union und Großbritannien in eine "zukunftsfähige Modeindustrie" investieren. Das "Herzstück des Investitionsprogramms" ist nach Angaben des Unternehmens aus Singapur ein "Zirkularitätsfonds" (Kreislaufwirtschaftsfonds), für den Shein ein Startkapital von 200 Millionen Euro bereitstellt.
Der Sportwagenbauer Porsche hat im ersten Halbjahr unter anderem wegen eines schwächelnden China-Geschäfts weniger Sport- und Geländewagen verkauft. Von Januar bis Juni wurden weltweit 155.945 Fahrzeuge ausgeliefert - 6,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Auch die Erneuerung mehrerer Modelle trug einen Teil zu den gesunkenen Verkaufszahlen bei.
Der österreichische OMV-Konzern muss im zweiten Quartal mit im April wirksam gewordenen Gesetzesänderungen und dem geplante Stillstand des rumänischen Kraftwerks Brazi fertig werden. Beides schlage sich "deutlich negativ" auf das bereinigte operative Ergebnis des Gasgeschäfts in Osteuropa nieder, so OMV. Die OMV-Aktien gaben daraufhin knapp vier Prozent nach und waren damit Schlusslicht im Index der größten österreichischen Börsenunternehmen, dem ATX.
In London steht die BP-Aktie unter Druck. Der Ölkonzern kündigte eine Abschreibung von ein bis zwei Milliarden Dollar an - auch im Zusammenhang mit einer Raffinerie in Gelsenkirchen. BP hatte im März angekündigt, den Standort verkleinern zu wollen, da die Kosten dort zu hoch sind und die Nachfrage sinkt. Hinzu kommt ein negativer Kommentar der Bank JPMorgan.