Kräftiges Kursplus Aktienmarkt sieht Ampel-Aus als Chance
Die Anleger reagieren erleichtert auf das Ende der Regierungskoalition. Der DAX holt sich den Kursverlust, den die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten gestern gekostet hat, wieder zurück.
Politische Börsen haben kurze Beine, heißt eine alte Börsenweisheit. Ob das stimmt, werden die kommenden Wochen zeigen, aktuell bestimmen politische Ereignisse das Geschehen auf dem Parkett.
Nachdem gestern die Wiederwahl Donald Trumps das beherrschende Thema war, reagieren die Marktakteure heute auf das Ende der Berliner Ampel-Koalition - und zwar hocherfreut. Der DAX steigt bis zum Mittag um 1,3 Prozent auf 19.281 Zähler.
Ökonomen sehen das Ende der Ampel-Koalition gelassen, es überwiegen positive Reaktionen. Zentrale Forderung von Verbänden und Ökonomen nach dem Ende der Koalition sind Neuwahlen - und das möglichst bald. "Das Ende der Ampel-Regierung war überfällig und kam insofern nicht allzu überraschend", schrieb Carsten Mumm vom Bankhaus Donner & Reuschel. Nun bestehe die Chance eines "ökonomischen und politischen Aufbruchs".
"Das ist eine gute Nachricht für Deutschland. Nur mit vorgezogenen Neuwahlen lässt sich offensichtlich der Gordische Knoten, in den sich diese Regierung verwickelt hat, durchschlagen. Eine neue Regierung kann die neuen Koordinaten, die sich durch die Wahlen in den USA ergeben haben, möglicherweise besser berücksichtigen als eine mit Streit und Animositäten belastete Ampel-Koalition", kommentiert Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank.
Eine über einen längeren Zeitraum ungewisse Situation wird von den Anlegern üblicherweise nicht geschätzt. "Der Bruch der Regierungskoalition mag zwar perspektivisch Raum für konjunkturelle Stimuli und wirtschaftspolitische Reformen schaffen, zunächst aber ist die Regierung nicht mehr handlungsfähig, was zur Verunsicherung beitragen dürfte“, kommentieren die Marktbeobachter der Helaba.
Christian Zoller, Marktexperte bei der ING, sieht das ähnlich: "Deutschland braucht eine starke Regierung und eine längere Hängepartie wäre nicht nur weiteres Gift für die Wirtschaft, sondern auch für die Börsen. Ein Neuanfang sollte dem DAX aber wohl weiteren Antrieb geben können und könnte zu einer Jahresendrally beitragen", lautet seine Einschätzung.
Dabei war gestern die Stimmung am deutschen Aktienmarkt noch ausgesprochen schlecht gewesen. Aus Furcht vor Handelshemmnissen hatte der DAX 1,1 Prozent auf 19.039 Punkte verloren. Donald Trump hatte angekündigt, Produkte aus China mit einem Strafzoll von 60 Prozent sowie Produkte aus Deutschland und allen anderen Teilen der Welt mit zehn bis 20 Prozent zu belegen. Der europäische Auswahlindex EuroStoxx50 verlor 1,4 Prozent.
Neben den beiden dominierenden politischen Themen werden die Anleger auch den heutigen Zinsentscheid der US-Notenbank Federal Reserve im Blick haben. Ökonomen erwarten überwiegend eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte in eine Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Der Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen dürfte sich wohl nicht auf die Entscheidung auswirken. Mittelfristig könnte der Wahlsieg jedoch starke Auswirkungen auf die US-Geldpolitik haben.
"Niedrigere Unternehmenssteuern und höhere Zölle haben auch Implikationen für die US-Geldpolitik", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. So würden niedrigere Steuersätze das Wachstum befördern und höhere Zölle die Inflation antreiben. "Käme es so, müsste auch die US-Notenbank Fed von ihren geplanten Zinssenkungen Abschied nehmen", schreibt Gitzel.
Gestern hatte der Wahlsieg Trumps die US-Anleger euphorisiert und die Wall Street auf einen Höhenflug geschickt. Alle drei großen US-Indizes sprangen auf Rekordhochs, der Dow Jones schloss 3,6 Prozent höher auf 43.729 Punkten. Der technologielastige Nasdaq rückte drei Prozent auf 18.983 Zähler vor. Der breit gefasste S&P 500 legte 2,5 Prozent auf 5.929 Stellen zu.
Mit dem gleichen Tempo wie gestern dürfte es heute in den USA nicht weitergehen. Aktuell sieht es danach aus, als drosselten die Anleger das Tempo der Rally deutlich. Gleichwohl deuten die US-Futures weitere leichte Gewinne an.
Der Kurs des Euro ist vor der Zinsentscheidung der Fed leicht gestiegen. Er hat damit einen Teil der deutlichen Kursverluste vom Vortag wettgemacht. Nach dem Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen war der Euro zeitweise unter 1,07 Dollar gefallen und damit auf den tiefsten Stand seit etwa vier Monaten. Am Devisenmarkt richtet sich der Fokus im Tagesverlauf aber wieder stärker auf die Geldpolitik.
Rheinmetall steuert aufgrund der gestiegenen Rüstungsausgaben der westlichen Staaten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine auf Rekordkurs. Der Umsatz kletterte nach neun Monaten um 36 Prozent auf rund 6,3 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis legte um 72 Prozent auf 705 Millionen Euro zu. Der Auftragseingang kletterte auf über 21 Milliarden Euro. Der Auftragsbestand erreichte nun eine Höhe von insgesamt rund 52 Milliarden Euro.
Der Ingolstädter Autobauer Audi steht einem Medienbericht zufolge vor einem Stellenabbau. Mittelfristig sollten hauptsächlich im indirekten Bereich Jobs gestrichen werden, allein in der Entwicklung gehe es um mehr als 2.000 Arbeitsplätze, berichtete das "Manager Magazin" unter Berufung auf Insider.
Die Zielgröße im indirekten Bereich liege bei einem Abbau von rund 15 Prozent, das wären allein in Deutschland etwa 4.500 Jobs. Die Volkswagen-Tochter bestätigte, dass derzeit der Vorstand mit dem Betriebsrat verhandle, äußerte sich aber nicht zur Zahl der möglicherweise betroffenen Stellen.
Wirbelstürme und andere Katastrophen haben den weltgrößten Rückversicherer Munich Re im dritten Quartal mehr als doppelt so viel gekostet wie ein Jahr zuvor. Die Großschäden in der Rückversicherung summierten sich auf 1,6 Milliarden Euro. Am teuersten schlug mit einer halben Milliarde Euro Hurrikan "Helene" in den USA zu Buche. Im dritten Quartal verdiente die Munich Re wegen der hohen Schäden unter dem Strich 930 Millionen Euro und damit ein Fünftel weniger als ein Jahr zuvor.
Gestiegene Absatzmengen und Einsparungen haben dem Spezialchemiekonzern Lanxess zu einem Ergebnissprung verholfen. Das Betriebsergebnis (Ebitda) vor Sondereinflüssen stieg im dritten Quartal um mehr als 45 Prozent auf 173 Millionen Euro. Der Umsatz lag mit 1,598 Milliarden Euro nahezu auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums, denn Gegenwind kam von niedrigeren Verkaufspreisen.
In den ersten neun Monaten erhöhte sich der Umsatz des Windturbinenhersteller Nordex um 14 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro. Das Ebitda verbesserte sich deutlich auf 189 Millionen Euro. Hier war im Vorjahr ein Verlust von 67 Millionen Euro angefallen. Die Ebitda-Marge liegt bei 3,7 Prozent. Im dritten Quartal verbesserte sich die Marge dabei von 0,1 auf 4,3 Prozent.