Anleger scheuen das Risiko Investoren fürchten Eskalation im Nahen Osten
Die geopolitische Lage hat zum Wochenschluss den Handel an der Wall Street und an der Frankfurter Börse bestimmt. Während der DAX weit zurückfiel, konnte sich der Dow Jones immerhin behaupten.
Angesichts der gefährlichen Lage im Nahen Osten haben sich die Investoren an der Wall Street zurückgehalten. Marktteilnehmer verwiesen vor allem auf eine mögliche Zuspitzung der Situation nach den Terrorangriffen der islamistischen Hamas auf Israel. Vor diesem Hintergrund gehen Anleger lieber auf Nummer sicher. Es dominiert offensichtlich das Prinzip Vorsicht", sagte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research.
"Die Furcht, das am Wochenende eine Invasion Israels in Gaza bevorstehen könnte, erhöht die Unsicherheit und könnte eine Ausweitung der Verluste am Montag mit sich bringen", kommentiert IG-Investmentexperte Salah-Eddine Bouhmidi.
Der Dow Jones hat nach zeitweisen Kursverlusten ein Plus von 0,1 Prozent auf 33.670,29 Punkte ins Ziel gerettet. Der breiter gefasste S&P 500 büßte dagegen 0,5 Prozent auf 4327,78 Punkte ein. Der Technologieindex Nasdaq 100 verlor 1,2 Prozent auf 14.995,12 Zähler.
Die Lage im Nahen Osten hatte zuvor auch den DAX zurückgeworfen. Nach einer zunächst erfolgreichen Woche kam es zum Wochenschluss zu einem deutlichen Kursrücksetzer. Der DAX ging mit einem Minus von 1,6 Prozent auf 15.186,66 Punkten aus dem Handel. Auf Wochensicht liegt das Minus bei 0,3 Prozent.
"Die Risikobereitschaft sank in der letzten Handelssitzung der Woche, da die Anleger eine militärische Eskalation im Nahen Osten befürchteten", meint Pierre Veyret, Analyst beim Broker ActivTrades. Für manchen Fachmann kommt der Rückschlag nicht überraschend: "Ohnehin standen die zuvor erzielten Gewinne angesichts der unsicheren, geopolitischen Lage auf wackligen Füßen", kommentieren die Experten der Helaba die aktuelle Situation.
Auf die Stimmung drückten ebenfalls die enttäuschenden Daten zur US-Inflation vom Donnerstag und uneinheitliche Konjunkturdaten aus China. Der Exportmotor in der Volksrepublik stotterte weiter und die Verbraucherpreise stagnierten. "Die Regierung hat schon Hunderte kleine Maßnahmen angekündigt, aber der gewünschte Wachstumsimpuls blieb bislang aus", sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst vom Broker CMC Markets.
Für die Investoren stellt sich nun die Frage, wie es nach dem schwachen Wochenausklang am Aktienmarkt weitergehen könnte. Aus charttechnischer Sicht müsse der DAX den Widerstandsbereich bei 15.400 Punkten nachhaltig überwinden, damit der Weg in Richtung 15.600 Punkte frei werde, sagte IG-Investmentexperte Salah-Eddine Bouhmidi.
Sven Streibel, Aktienexperte bei der DZ Bank, sieht derzeit zwar Potenzial am deutschen Aktienmarkt, aber er bleibt zurückhaltend: "Wir sehen mehrere gute Gründe für eine Fortsetzung der jüngsten Kurserholung, mahnen jedoch, die aktuellen Risiken ernst zu nehmen. Der Israel-Konflikt stellt ein zusätzliches Risiko für die Weltwirtschaft dar." Eine Eskalation inklusive Beeinträchtigung der globalen Erdölversorgung könnte die Aktienmärkte laut Streibel erneut belasten.
Maik Bolsmann vom Kölner Vermögensverwalter B&K Vermögen traut dem DAX trotz der jüngsten Inflationsdaten aus den USA weitere Gewinne zu. Dafür sprächen neben dem verbesserten Chartbild und der positiven Saisonalität die eher schlechte Stimmung unter den Anlegern, die er als Kontraindikator werte. "Viele Investoren sitzen auf hohen Cashbeständen und geraten bei steigenden Kursen unter Zugzwang."
Eine wichtige Rolle werden auch die Quartalszahlen der Unternehmen spielen. Mitte kommender Woche wird die Hauptphase der US-Berichtssaison eingeläutet. "Die Berichtssaison hat das Potenzial, über die Börsenrichtung der kommenden Wochen zu bestimmen", fasste Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners zusammen. "Im Extremfall kann diese Berichtssaison sogar darüber entscheiden, ob wir demnächst eine Weihnachtsrallye an den Börsen sehen oder nicht."
Mit Blick auf die anstehenden Berichte europäischer Unternehmen herrscht unter Experten etwas Hoffnung. "Wir erachten die regionalen Gewinnschätzungen als etwas konservativ und sehen positives Überraschungspotenzial", schrieb der DZ-Bank-Analyst Stephen Schneider.
Heute gab es schon einen Einblick in die Bilanzen wichtiger US-Banken. Die guten Resultate von JPMorgan, Citigroup und Wells Fargo halfen aber weder dem DAX noch dem Dow Jones weiter. Der größten US-Bank JPMorgan zum Beispiel haben die gestiegenen Zinsen und die Übernahme des kollabierten Geldhauses First Republic im Sommer überraschend viel Gewinn beschert. Sie steigerte ihren Quartalsgewinn um 35 Prozent und die bereinigten Erträge um 21 Prozent. Dass JPMorgan mehr verdiente als von Analysten geschätzt, lag nicht zuletzt an der unerwartet niedrigen Risikovorsorge für gefährdete Kredite.
Die Citigroup verdiente im dritten Quartal zwar gerade mal zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Analysten hatten im Schnitt allerdings mit einem Gewinneinbruch gerechnet. Die Erträge der Großbank stiegen um neun Prozent. Die Großbank Wells Fargo wies einen Nettogewinn aus, der die durchschnittliche Analystenprognose klar übertraf.
Der Goldpreis ist heute weiter gestiegen und auf den höchsten Stand seit Ende September geklettert. Bis zum Abend zog der Preis für eine Feinunze (rund 31,1 Gramm) an der Rohstoffbörse in London auf 1924 Dollar an. Das waren etwa 55 Dollar mehr als am Donnerstag. Auftrieb erhält Gold derzeit zum einen durch die hohe Unsicherheit nach dem Großangriff der Hamas auf Israel zu Wochenbeginn.
Zum anderen wurde der Goldpreis jüngst durch Aussagen von Vertretern der US-Notenbank Fed gestützt. Sie hatten signalisiert, dass die Leitzinsen nicht weiter steigen müssen, um die hohe Inflation zu zähmen. Niedrigere Zinssätze sind im Allgemeinen positiv für Gold, da das Edelmetall keine Zinsen abwirft.
Die Ölpreise legten zum Wochenschluss zu. Sowohl die Nordseesorte Brent als auch die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI) verteuerten sich. "Das lauernde geopolitische Risiko wird die Preise wahrscheinlich in nächster Zeit hoch halten", sagte Kelvin Wong, Analyst beim Handelshaus Oanda. Die Ökonomen der Commerzbank zeigten sich allerdings gelassen. "Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass die führenden Ölproduzenten in der Region direkt in den militärischen Konflikt verwickelt werden", schrieben Thu Lan Nguyen und Carsten Fritsch.
Der US-Softwarekonzern Microsoft hat die Übernahme des Videospielentwicklers Activision Blizzard abgeschlossen. Die britischen Wettbewerbshüter hatten kurz zuvor endgültig grünes Licht für die Übernahme gegeben, die einen der größten Zusammenschlüsse der Geschichte im Technologie-Sektor darstellt. Microsoft hatte im Januar 2022 angekündigt, den für Videospiele wie "Call of Duty", "Candy Crush" und "World of Warcraft" bekannten Entwickler für 69 Milliarden US-Dollar kaufen zu wollen. Es gab aber Widerstand von Wettbewerbsbehörden in mehreren Ländern.
Im DAX ragt die Sartorius-Aktie mit einem Kurseinbruch negativ heraus. Titel des Laborausrüsters fallen zeitweise um mehr als 13 Prozent auf ein Dreieinhalb-Jahres-Tief von 278,40 Euro. Nach einem deutlichen Ergebnisrückgang in den ersten neun Monaten hat der Pharmazulieferer erneut seine Jahresziele gesenkt.
Merck-Aktien geraten nach der neuerlichen Gewinnwarnung von Sartorius mit in den Abwärtsstrudel. Merck bietet ebenfalls Produkte für die Pharmaforschung und Arzneimittelherstellung an. "Das ist wie bei der ersten Gewinnwarnung von Sartorius im Juni, als Merck wegen Sorgen um die Laborsparte mit unter Druck geriet", sagte ein Händler.
Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich noch nicht über eine verlängerte Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat des Bayer-Konzerns einigen können. Bei einer Abstimmung am Freitag gab es weder eine qualifizierte Mehrheit für noch gegen eine Verlängerung der Zulassung, die noch bis zum 15. Dezember läuft. Die Mitgliedsstaaten wollen nun in der ersten November-Hälfte einen weiteren Anlauf für einen Beschluss nehmen. Gelingt das nicht, ist die EU-Kommission am Zug.
Der Absatzrückgang von Volkswagen in China verlangsamt sich. Im September verkaufte das Unternehmen 0,9 Prozent weniger Fahrzeuge in der Volksrepublik. Weltweit lieferte Volkswagen im dritten Quartal gut 2,3 Millionen Fahrzeuge aus, das sind 7,4 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Deutliche Zuwächse in Westeuropa und Nordamerika machten dabei den Rückgang in China mehr als wett.
Porsche hat von Januar bis September mehr Sport- und Geländewagen verkauft. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres wurden 242.722 Fahrzeuge ausgeliefert - rund zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Absatz wuchs Porsche zufolge in fast allen Weltregionen. Im wichtigsten Automarkt China ging er jedoch um rund zwölf Prozent zurück.
Der italienische Versicherungskonzern Generali will seine auf Kraftfahrtversicherungen spezialisierte Tochter Tua Assecurazioni an die Allianz abgeben. Der Kaufpreis für den Sachversicherer mit Fokus auf Italien liege bei 280 Millionen Euro, teilte Generali am Donnerstagabend in Mailand mit. Tua vermittelt vor allem Kraftfahrtversicherungen über nicht gebundene Vermittler und Makler.
Die Airlines der Lufthansa-Gruppe setzen aufgrund von Sicherheitsbedenken den Flugverkehr mit Israel noch länger aus. Reguläre Flüge bleiben bis einschließlich 22. Oktober ausgesetzt. Dazu hätten sich die Fluggesellschaften aufgrund der sich weiterhin unklar entwickelnden Situation in Israel entschieden. "Sicherheit hat für die Airlines der Lufthansa Group oberste Priorität."
Der Energieversorger EnBW will künftig grundsätzlich Batteriespeicher in neu geplante Solarparks einbauen. Damit setzt der Karlsruher Konzern nach eigenen Angaben als erstes Energieunternehmen in Deutschland standardmäßig auf solche Speicher in Solarparks. Mit Batteriespeichern kann Ökostrom flexibler und unabhängig von wetterbedingten Schwankungen ins Netz eingespeist werden.
Der Streaming-Riese Netflix will den Erfolg seiner Filme und Serien für Erlebnis-Standorte nutzen. In einem "Netflix House" werde man unter anderem Fanartikel kaufen und an Sendungen angelehnte Gerichte essen können, sagte Netflix-Manager Josh Simon dem Finanzdienst Bloomberg. Die ersten beiden Standorte sollen 2025 in den USA eröffnet werden, danach sei ein internationaler Ausbau geplant.