US-Teuerung verlangsamt Rekordjagd nach Inflationsdaten
Aktuelle Daten zur Inflation und zum Zustand der US-Konjunktur haben die Aktienmärkten zur Wochenmitte beflügelt. Sowohl in den USA als auch in Deutschland gab es neue Rekorde.
Die aktuellen Inflationsdaten aus den Vereinigten Staaten waren mit Spannung erwartet worden, und sie enttäuschten die Marktteilnehmer nicht. Mit 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat schwächte sich der Preisanstieg im April etwas ab. Im März waren die US-Verbraucherpreise noch um 3,5 Prozent gestiegen. Das beflügelte die Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks.
"Endlich mal wieder eine Veröffentlichung der Inflationsrate, welche nicht negativ überraschte", kommentierte LBBW-Ökonom Dirk Chlench. Dies und gleichzeitig enttäuschende Einzelhandelszahlen aus den USA bestätigten ihre Annahme, dass die US-Notenbank Fed im weiteren Jahresverlauf zweimal ihren Leitzins senken werde. An den Finanzmärkten wird derzeit mit einem ersten Zinsschritt im September gerechnet.
Die US-Aktienindizes gingen nach den Inflationsdaten auf Rekordjagd. Der Dow Jones schloss mit einem Plus von 0,88 Prozent auf einem Rekordniveau von 39.908 Punkten. Im Verlauf hatte der US-Leitindex sogar 39.928 Punkte erreicht.
Bei den wegen ihrer meist höheren Schuldenquote zinssensitiveren Technologieunternehmen kamen die Daten noch besser an. Der Technologieindex Nasdaq 100 überschritt ebenfalls seine Bestmarke aus dem März und stieg um 1,49 Prozent auf 18.596 Punkte.
Eine Reihe schwächerer US-Konjunkturdaten stützte die Erwartung einer Zinssenkung der Fed im September. So trübte sich die Industriestimmung im US-Bundesstaat New York im Mai unerwartet ein. Der Empire-State-Index fiel um 1,3 Punkte auf minus 15,6 Punkte. Zudem stagnierten die landesweiten Einzelhandelsumsätze im April. Analysten hatten dagegen mit einem Anstieg um 0,4 Prozent gerechnet. Die Umsätze der Einzelhändler gelten als Indikator für den Konsum, der für das Wachstum der weltgrößten Volkswirtschaft besonders wichtig ist.
Schließlich ging die Stimmung auf dem US-Häusermarkt im Mai stärker als erwartet zurück. Der NAHB-Hausmarktindex fiel von 51 Punkten im Vormonat auf 45 Punkte. Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Rückgang auf 50 Punkte gerechnet.
Der DAX stieg nach der Veröffentlichung der US-Inflationsdaten in der Spitze um 0,9 Prozent auf 18.893 Zähler und erreichte damit ein neues Rekordhoch.
Zuvor hatten bereits erfreuliche Quartalsbilanzen aus der DAX-Familie die Kurse gestützt.
Düstere Aussichten für die deutsche Wirtschaft verkündete heute die EU-Kommission: Die Brüsseler Behörde prognostiziert der größten Volkswirtschaft der EU für 2024 nur noch ein minimales Wachstum von 0,1 Prozent. Das liege etwa an einer schwachen Auslandsnachfrage, schleppendem privaten Konsum und zu geringen Investitionen. Zuletzt hatte die Kommission für 2024 ein Wachstum von 0,3 Prozent vorausgesagt.
Auch die fünf "Wirtschaftsweisen" senkten ihre Wachstumsprognose in ihrem aktuellen Frühjahrsgutachten auf 0,2 Prozent. Im vergangenen Herbst hatten sie noch ein Wachstum von 0,7 Prozent prognostiziert.
Der Euro konnte angesichts der Reihe schwächerer US-Konjunkturdaten weiter zulegen. Am späten Abend kostete die Gemeinschaftswährung 1,0880 Dollar und damit so viel wie zuletzt Mitte April. Der Goldpreis zog an auf 2.387 Dollar pro Feinunze.
Die Ölpreise erholten sich nach der Veröffentlichung von US-Rohöllagerbestände von zeitweisen Verlusten. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 82,92 Dollar. In den USA sind die Ölreserven in der vergangenen Woche stärker als erwartet gesunken. Die Bestände an Rohöl fielen im Vergleich zur Vorwoche um 2,5 Millionen auf 457,0 Millionen Barrel. Zuvor hatte sich die Internationale Energieagentur (IEA) skeptischer für die globale Erdölnachfrage gezeigt. Zum zweiten Mal in Folge revidierte sie ihre Prognose für das laufende Jahr nach unten. Die Fachleute begründeten ihre Erwartung vor allem mit der mauen Konjunktur und dem milden Winterwetter. Beides dämpfe den Ölverbrauch.
Der weltgrößte Cloud-Anbieter Amazon Web Services (AWS) will in den kommenden Jahren neue Rechenzentren in Deutschland bauen. Bis zum Jahr 2040 würden 7,8 Milliarden Euro in Standorte in Brandenburg investiert, teilte die Tochter des Online-Händlers mit. Die neuen Investitionen würden durchschnittlich 2.800 Vollzeitarbeitsplätze in deutschen Unternehmen vor Ort pro Jahr unterstützen.
Die sogenannten Meme-Aktien GameStop und AMC Entertainment machten ihrem Image als Zockerwerte weiterhin alle Ehre. Die Papiere des Computerspielhändlers GameStop sackten zweistellig ab, nachdem sie sich an den beiden Vortagen in der Spitze nahezu vervierfacht hatten. Für die Titel des Kinobetreibers AMC ging es zur Wochenmitte ebenfalls dramatisch abwärts, nach ähnlich hohen Ausschlägen in die andere Richtung am Montag und Dienstag.
Die Commerzbank ist mit einem Gewinnsprung ins laufende Jahr gestartet und hat nach eigenen Angaben ihr bestes Ergebnis in einem ersten Quartal seit mehr als zehn Jahren erzielt. Das Ergebnis vor Steuern lag mit knapp 1,1 Milliarden Euro um fast ein Viertel über dem Niveau des Vorjahreszeitraums, hieß es. Unter dem Strich standen 747 Millionen Euro Gewinn und damit rund 29 Prozent mehr als vor Jahresfrist.
Die Aktionäre von SAP haben bei der heutigen Hauptversammlung die Weichen für die Zeit nach der Ära Hasso Plattners gestellt. Sie wählten Pekka Ala-Pietilä trotz Kritik mehrerer Investoren in den Aufsichtsrat. Die Zustimmungsquote lag bei knapp 96 Prozent. Damit kann der Finne wie geplant die Nachfolge des SAP-Mitgründers Plattner als Aufsichtsratschef antreten, der sich nach 50 Jahren weitgehend aus dem Walldorfer Softwarekonzern zurückzieht. Er wolle aber gar nicht erst versuchen, in die großen Fußstapfen Plattners zu treten, erklärte der frühere Nokia-Chef.
Der Münchner Technologiekonzern Siemens soll dem taiwanischen Elektronik-Auftragsfertiger Foxconn mit digitaler Technik beim Ausbau und der Modernisierung seiner Produktion helfen. Die beiden Unternehmen unterzeichneten laut Siemens eine entsprechende Absichtserklärung.
Merck bekommt weiter eine schwache Nachfrage nach Produkten für die Arzneimittelherstellung zu spüren. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) sank im ersten Quartal um mehr als acht Prozent auf 1,454 Milliarden Euro, wie das DAX-Unternehmen mitteilte. Analysten hatten zuvor mit einem stärkeren Rückgang gerechnet. Anlegern gefiel dennoch das besser als erwartet ausgefallene Ergebnis des Darmstädter Pharma- und Technologiekonzerns.
Höhere Preise in der Schaden- und Unfallversicherung haben den Gewinn der Allianz nach oben getrieben. Das operative Ergebnis stieg im ersten Quartal um sieben Prozent auf 3,99 Milliarden Euro, wie der Münchner Versicherungsriese mitteilte. Vor allem in der Sachversicherung übertraf das Ergebnis die Erwartungen. Der bereinigte Nettogewinn nach Anteilen Dritter schnellte um 16 Prozent auf 2,51 Milliarden Euro.
Der Energieversorger E.ON hat zum Jahresstart an sein Vorjahresergebnis anknüpfen können. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) lag im ersten Quartal wie im Vorjahr bei rund 2,7 Milliarden Euro. Der bereinigte Konzernüberschuss bewegte sich mit gut einer Milliarde Euro ebenfalls auf Vorjahresniveau. Der Konzern bestätigte seine Prognose für 2024.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp hat im ersten Halbjahr seines Geschäftsjahres 2023/24 (per Ende September) unter dem Strich einen Verlust von 392 Millionen Euro eingefahren. Im Gesamtjahr drohe ein Nettoverlust im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Damit senkte der Vorstand seine bisherige Prognose das zweite Mal binnen weniger Monate.
Auch bei der Wasserstofftochter Thyssenkrupp Nucera läuft es aktuell nicht rund: Beim Neugeschäft bekam das Unternehmen eine zunehmende Investitionszurückhaltung in dem Bereich zu spüren. Nucera senkte daher die Erwartungen für das Wasserstoffgeschäft für das laufende Geschäftsjahr sowie für 2024/25.
Hapag-Lloyd hat zu Jahresbeginn einen deutlichen Gewinnrückgang im Vergleich zu dem noch von der Corona-Sonderkonjunktur geprägten Vorjahresquartal hinnehmen müssen. Das Betriebsergebnis (Ebit) fiel um gut 79 Prozent auf 365 Millionen Euro, wie Deutschlands größte Containerreederei mitteilte.
Im Endspurt zum Einstieg der Großreederei MSC bei der HHLA muss der Hamburger Hafenlogistik-Konzern einen deutlichen Gewinnrückgang hinnehmen. Wie das Unternehmen heute mitteilte, schrumpfte das Betriebsergebnis (Ebit) des börsennotierten Teilkonzerns Hafenlogistik im ersten Quartal um gut ein Viertel auf 13,7 Millionen Euro. Die Krise im Roten Meer führt zu deutlichen Verzögerungen und Ausfällen an Standorten des Hafenbetreibers.
Der Mobilfunk- und TV-Anbieter Freenet hat im ersten Quartal wegen höherer Werbeausgaben weniger verdient. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen ging um drei Prozent auf 124,2 Millionen Euro zurück, wie das MDAX-Unternehmen am Abend mitteilte. Das Management führte den Rückgang auf Investitionen in die Markenbekanntheit des TV-Streamingangebots waipu.tv zurück. In diesem Jahr fällt das sogenannte Nebenkostenprivileg für den Kabelanschluss weg, daher dürften sich viele TV-Kabelkunden neue Anbieter suchen - Freenet will davon profitieren. Der Umsatz der Norddeutschen blieb mit plus 0,2 Prozent auf 638,9 Millionen Euro stabil. Das Unternehmen bestätigte seine Jahresprognose.
Der Reisekonzern TUI hat im zweiten Quartal seines Geschäftsjahres einen Rekordumsatz erzielt und das Ergebnis deutlich verbessert. Von Januar bis März stieg der Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 500 Millionen Euro auf 3,65 Milliarden Euro, hieß es.
Die USA haben den Weg für strafrechtliche Konsequenzen aus den Qualitätssicherungsproblemen bei Boeing geebnet. Der Flugzeugbauer habe es versäumt, "ein Compliance- und Ethikprogramm zu entwickeln, umzusetzen und durchzusetzen, um Verstöße gegen US-Betrugsgesetze im gesamten Unternehmen zu verhindern und aufzudecken", erklärte das Justizministerium in einer bei einem texanischen Gericht eingereichten Klageschrift.