Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

Verluste wieder wettgemacht Wall Street auf Erholungskurs

Stand: 24.03.2022 21:29 Uhr

Schnäppchenjäger haben nach den gestrigen Verlusten heute die Wall Street angeschoben, wobei vor allem Tech-Werte gefragt waren. Gespannt blickten die Anleger auch in Richtung Gipfel-Trio nach Brüssel.

An der Wall Street ging es heute zwar deutlich bergauf, insgesamt fehlt derzeit aber eine eine klare Linie. Denn nach den Verlusten des Vortages haben die Anleger heute die niedrigeren Kurse wieder zum Einstieg genutzt. Unter der Führung der Technologiebörse Nasdaq, die 1,93 Prozent zulegte auf 14.191 Zähler, standen am Ende alle großen Indizes deutlich im Plus. Der Auswahlindex Nasdaq 100 legte sogar 2,2 Prozent zu auf 14.765 Punkte. Der Dow Jones gewann 1,02 Prozent auf 34.707 Punkte, der marktbreite S&P-500-Index schloss 1,43 Prozent höher bei 4520 Zählern.

Schnäppchenjäger seien wieder auf der Pirsch und pickten sich diejenigen Branchen heraus, die zuvor unter die Räder gekommen seien, sagte Art Hogan, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters National Securities. Hierzu gehörten die großen Technologiewerte. So legten die Aktien von Apple oder der Google-Mutter Alphabet jeweils mehr als zwei Prozent zu. Noch beherzter griffen sie bei Chip-Herstellern zu: Die Titel von Nvidia legten knapp zehn Prozent zu, Intel stiegen um über 3,5 Prozent.

US-Staatsanleihen haben derweil schwächer tendiert. Der Terminkontrakt für zehnjährige Treasuries (T-Note-Future) gab um rund 0,2 Prozent nach. Die Rendite für zehnjährige Staatspapiere stieg im Gegenzug auf 2,36 Prozent. Sie bewegt sich damit in der Nähe ihres höchsten Standes seit Mitte 2019, der mit 2,42 Prozent vom Vortag stammt.

Beobachter nannten zum einen die wieder freundlichen US-Aktienmärkte als Bremse für das Interesse an sicheren Anlagen, zu denen amerikanische Staatsanleihen generell zählen. Zudem wurde die Erwartung weiterer Zinsanhebungen durch die US-Notenbank Fed als stetige Belastung genannt. Die Fed hatte unlängst die Zinswende eingeleitet, als sie erstmals in der Pandemie ihren Leitzins anhob und weitere Anhebungen für dieses Jahr in Aussicht stellte. Hintergrund ist die hohe Inflation.

Mit Spannung blickten die Märkte diesseits und jenseits des Atlantiks heute auf die zahlreichen Gipfeltreffen der westlichen Staaten. Konkret trafen sich die Staats- und Regierungschefs der sieben größten Industriestaaten (G7), der EU sowie der NATO-Mitglieder zu Verhandlungen, um über weitere Konsequenzen im Verhältnis zu Russland zu beraten.

Dabei befürchten die Investoren bei einer neuen Sanktionsrunde gegen Russland eine weitere Verteuerung von Rohstoffen mit entsprechenden Folgen für die Wirtschaft. Aktuell haben die USA gegen hunderte russische Parlamentarier Sanktionen erlassen. Das hat zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Börse, zeigt aber, dass eine Verhandlungslösung mit Russland noch in weiter Entfernung liegen dürfte. Präsident Joe Biden schlug zudem einen Ausschluss Russlands aus der G20-Staatengemeinschaft vor.

"Ein Ölembargo der EU zählt wahrscheinlich nicht dazu, weil einige Länder mit hoher Abhängigkeit von russischem Öl wie Deutschland sich dagegen ausgesprochen haben", sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. "Die Frage ist aber, ob die Gegner eines Importstopps ihre Meinung nun doch noch ändern, nachdem die Gaskäufe sogenannter 'unfreundlicher Staaten' laut gestriger Anweisung von Russlands Präsident Wladimir Putin künftig in Rubel abgewickelt werden sollen."

Eine robuste Wall Street hat am Nachmittag stärkere Verluste des DAX verhindert. Der deutsche Leitindex schloss nach wechselvollem Handel bei 14.273 Punkten mit einem Mini-Minus von 0,07 Prozent nahezu unverändert. Bei nachlassender Volatilität lag das Tagestief bei 14.187 Punkten, das Tageshoch bei 14.375 Zählern. Gestern hatte der deutsche Leitindex 1,3 Prozent auf 14.284 Zähler verloren.

Aussagen der Europäischen Zentralbank (EZB), dass sich die europäische Wirtschaft durch den Ukraine-Krieg abkühlen werde, hätten belastet, hieß es von Experten. Dadurch seien Sorgen über eine mögliche Stagflation, aber auch neu angefachte, erhebliche Inflationsängste angefacht worden. Letztere primär als Folge der durch den Krieg drastisch gestiegenen Energiepreise, die wie ein Damoklesschwert über den Märkten hängen.

Während sich die Aktienmärkte aber derzeit noch einigermaßen behaupten, ging der Ausverkauf am Rentenmarkt weiter und sorgte für erneut steigende Renditen. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten bei 0,52 Prozent, der Bund-Future verlor weitere 0,4 Prozent und sackte unter 160 Prozent auf ein neues Jahrestief.

Samir Ibrahim, HR, mit Informationen zur Börse

tagesschau 12:00 Uhr

Neben den Gipfeltreffen der westlichen Staaten heute bleibt die Aussicht auf eine anziehende Inflation ein derzeit sehr wichtiger Belastungsfaktor, der eng mit den Sanktionen gegen Russland verbunden ist. So rechnet das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) im laufenden Jahr mit einer Teuerungsrate von 5,8 Prozent. Belastet werden dabei vor allem auch Arbeitnehmer: Wegen der stärksten Inflation seit fast drei Jahrzehnten haben sie 2021 zum zweiten Mal in Folge Reallohneinbußen hinnehmen müssen. Die Reallöhne sanken um 0,1 Prozent.

Maßgeblicher Treiber der Preisspirale bleiben dabei die hohen Energiepreise, die aber zunehmend Zweitrundeneffekte nach sich ziehen, etwa bei Lebensmitteln. Selbst die sehr zögerliche EZB ist mittlerweile von ihrem lange Zeit gültigen Narrativ abgerückt, dass die hohe Inflation nur ein kurzzeitiges Phänomen sei. Mittlerweile gibt es immer mehr Gedankenspiele, der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in ihrem Zinserhöhungskurs zu folgen.

Der starke Ölpreisanstieg lasse die Inflationsspirale schneller drehen, fasst Christian Henke, Marktbeobachter bei IG Marktes, die Lage zusammen. "Dies schürt zum einen Konjunktursorgen und zum anderen die Angst davor, dass die Notenbanken zur Eindämmung der Teuerungsrate schneller und stärker an der Zinsschraube drehen könnten."

Die Ölpreise weiteten im Verlauf ihre Verluste deutlicher aus, bleiben dabei aber auf sehr hohem Niveau. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Abend rund 3,3 Prozent weniger bei gut 117 Dollar je Fass. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fällt ebenfalls um 3,3 Prozent auf rund 111 Dollar je Fass.

Seit Beginn der Woche wurden die Ölpreise durch Spekulationen über neue Sanktionen gegen Russland bewegt, die auch den Ölhandel betreffen könnten. Deshalb wurden die politischen Treffen auch am Ölmarkt mit Spannung verfolgt.

Commerzbank-Fachmann Carsten Fritsch verweist zudem auf neue Lieferausfälle. Nach einem schweren Sturm sei ein wichtiges Exportterminal nahe des russischen Schwarzmeerhafens Noworossijsk beschädigt. "Über das Terminal werden die Ölexporte des Caspian Pipeline Consortium abgewickelt, die zu 90 Prozent aus Kasachstan stammen." Das kasachische Erdöl sei somit ebenfalls vom Markt abgeschnitten, nachdem das russische Öl im Westen kaum noch Käufer finde.

Die europäische Gemeinschaftswährung tendiert im US-Handel gegenüber dem Dollar wenig verändert und ringt mit der Marke von 1,10 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0978 (Mittwoch: 1,0985) Dollar fest.

Der Devisenmarkt blickte heute aber primär auf den russischen Rubel. Dieser legt nach Putins Ankündigung zu, russisches Gas nur noch gegen Rubel zu verkaufen.

Analysten der Dekabank bewerteten Schritt Russlands als ökonomisch wenig sinnvoll. Er dürfte letztlich ein Versuch sein, die EU zu zwingen, die eigenen Sanktionen zu unterlaufen. "Denn aktuell wären solche Zahlungen sanktionsbedingt kaum umsetzbar."

Der Schritt Putins dürfte außerdem darauf abzielen, den taumelnden Rubel zu stützen. Mit der Zahlung der Gas-Lieferungen in der russischen Währung würde die Rubel-Nachfrage zunehmen, was den Rubelkurs unterstütze, kommentierte Expertin Kerstin Hottner vom Investmenthaus Vontobel. Aktuell würden etwa 60 Prozent der russischen Gaslieferungen in Euro und 40 Prozent in US-Dollar bezahlt.

Der DAX-Neuling Daimler Truck hat im vergangenen Jahr den Corona-Schock von 2020 verdaut und einen milliardenhohen Gewinn geschrieben. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sei 2021 auf 3,3 Milliarden Euro gestiegen nach dem Einbruch auf 491 Millionen Euro im Vorjahr. Unter dem Strich schrieb der Konzern 2,4 Milliarden Euro Gewinn nach einem Verlust von 131 Millionen Euro 2020. Der Umsatz stieg um zehn Prozent auf 39,8 Milliarden Euro. Die Aktie legte gegen den Trend deutlich zu und stand an der DAX-Spitze.

T-Aktien waren gegen den Trend stärker gefragt. Denn im Rennen um die Tochter Deutsche Funkturm hätten Europas Marktführer Cellnex aus Spanien, Vodafone mit der Infrastrukturtochter Vantage Towers, American Tower aus den USA und auch Infrastrukturinvestoren Offerten abgegeben, berichtete das "Handelsblatt" aus informierten Kreisen. Im Mai würden finale Gebote erwartet, bis Juni wolle sich die Telekom für einen Partner entschieden haben, hieß es.

Das Thema Funktürme bleibt in jedem Fall spannend für die Anleger. Erst in der Vorwoche hatten Papiere von Vantage Towers positiv auf kolportiertes Investoreninteresse reagiert. Damals hieß es, Vodafone bevorzuge eine große Fusion in der Branche. Spekulationen über eine Zusammenlegung der Funkturm-Sparten der Deutschen Telekom und Orange mit Vantage Towers kursieren bereits einige Zeit.

Der Baustoffkonzern Heidelbergcement will nach einem Milliardengewinn mehr an seine Aktionäre ausschütten. Für das Jahr 2021 soll eine Dividende in Höhe von 2,40 Euro je Aktie gezahlt werden, wie der DAX-Konzern am Morgen in seinem Geschäftsbericht mitteilte. Das sind 20 Cent mehr als im Vorjahr. Analysten hatten aber mehr auf ihren Zetteln. Das Unternehmen hatte bereits im Februar vorläufige Gesamtjahreszahlen vorgelegt und einen ersten Ausblick auf das laufende Jahr gegeben, an dem festgehalten wurde.

2021 hatte Heidelbergcement dank gut laufender Geschäfte mit einem Milliardengewinn geschlossen. Der auf die Aktionäre anfallende Überschuss betrug wie bereits bekannt 1,76 Milliarden Euro nach einem Verlust von 2,1 Milliarden Euro im Vorjahr. Die Anleger zeigten sich enttäuscht, sie hatten mehr erwartet. Die Aktie stand am DAX-Ende.

Der französische Autohersteller Renault stellt seine Produktion in Moskau ein. Die Aktivitäten im Renault-Werk in Moskau würden mit sofortiger Wirkung ausgesetzt, teilte der Autobauer mit. Das Aufsichtsgremium des Autobauers hatte am Mittwoch getagt und entschieden, die Produktion in der Moskauer Fabrik auf Eis zu legen, in der die SUV-Modelle Arkana, Kaptur, Duster sowie Nissan Terrano gefertigt werden.

Nach Einschätzung von Deutschlands größtem Agrarhändler Baywa droht in Europa trotz des Ukrainekriegs in diesem Jahr keine Lebensmittelknappheit. "Ich glaube nicht, dass wir in Deutschland und Mitteleuropa eine Ernährungs- oder Versorgungsproblematik haben werden", sagte Baywa-Vorstandschef Klaus Josef Lutz den Fernsehsendern RTL/ntv. Für kommendes Jahr seien die Aussichten hingegen ungewiss.

Russland und die Ukraine zählten bisher auf dem Weltmarkt zu den wichtigsten Exporteuren von Weizen, Mais und Ölsaaten wie Raps. Lutz geht aber davon aus, dass Lieferungen aus der Ukraine in diesem Jahr zum großen Teil ausfallen und Lebensmittel erheblich teurer werden könnten.

Deutschlands größter Gasspeicherbetreiber Uniper hat den Entwurf für das geplante Gasspeichergesetz kritisiert. Zwar sei die Schaffung einer Rechtsgrundlage zu angemessenen Mindestfüllständen sinnvoll, teilte das Unternehmen mit. "Allerdings werden die Regelungen im jetzt vorgeschlagenen Gesetzentwurf aus unserer Sicht dazu führen, dass das Speichergeschäft für die teilnehmenden Handelsunternehmen an Attraktivität einbüßt." Auf den Energiekonzern Uniper entfällt rund ein Viertel der deutschen Speicherkapazität.

Die Berliner Medizintechnikfirma hat im abgelaufenen Jahr Umsatz und Gewinn gesteigert und will ihren Wachstumspfad 2022 fortsetzen. Der Umsatz kletterte 2021 auf 180,4 Millionen Euro von 176,1 Millionen im Jahr davor und erfüllte damit die Prognose, wie das SDAX-Unternehmen mitteilte.

Unter dem Strich sprang der Gewinn auf 34,5 (Vorjahr: 22,9) Millionen Euro. Die Aktionäre sollen daher für 2021 eine um fünf Cent auf 0,50 Euro pro Aktie erhöhte Dividende erhalten. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet der Vorstand mit einem Umsatzanstieg auf rund 200 Millionen Euro und einem Jahresüberschuss von etwa 38 Millionen Euro.

Der Konzertveranstalter und Ticketverkäufer CTS Eventim rechnet damit, dass es mit dem Abflauen der Corona-Pandemie in diesem Jahr wieder große Pop-Tourneen und Festivals geben kann. Im vergangenen Jahr schrieb CTS Eventim dank der Corona-Hilfen der Bundesregierung wieder schwarze Zahlen. Insgesamt 157 Millionen Euro flossen aus der Staatskasse an das Unternehmen. Zugleich zogen die Ticketverkäufe wieder an. Der Nettogewinn lag 2021 bei 87,9 Millionen Euro, 2020 war ein Minus von 82,3 Millionen Euro angefallen.

Der Konzernumbau des Kohlefaserspezialisten SGL Carbon trägt Früchte. Nach drei Verlustjahren sei 2021 wieder ein positives Konzernergebnis erzielt worden. Unterm Strich blieben 75,4 Millionen Euro. Für das laufende Jahr geht das Management davon aus, zumindest einen Teil der vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs gestiegenen Energiekosten an die Kunden weitergeben zu können. Es bleiben aber zahlreiche Unsicherheiten durch den Krieg.

Die Credit Suisse hat auf den Bermudas eine juristische Niederlage erlitten. Ein Gericht werde dort in Kürze "ein negatives Urteil" gegen die lokale Versicherungstochter Credit Suisse Life Bermuda veröffentlichen, teilte die Bank mit. Laut der Mitteilung geht es dabei um "möglicherweise mehr als 500 Millionen US-Dollar". In der Vergangenheit seien zwar Rückstellungen in dieser Sache getätigt worden, hieß es weiter. Es werde nun aber geprüft, ob weitere Rückstellungen vorgenommen werden müssten.

Die Alphabet-Tochter Google teilt mit, dass das Unternehmen Spotify erlauben will, sein eigenes Bezahlsystem in seiner Android-App zu verwenden. Das neue Pilotprojekt soll Bedenken der App-Hersteller wegen hoher Gebühren und angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens Googles entgegenwirken. Nutzer, die Spotify aus dem Google Play Store heruntergeladen haben, werden in den kommenden Monaten in einigen Ländern vor die Wahl gestellt, entweder mit dem Spotify-Zahlungssystem oder mit Google Play Billing zu bezahlen.