Anleger geschockt Bankenkollaps erschüttert Märkte
Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) verdarb den Anlegern an der Wall Street den Start ins Wochenende. Die größte Bankpleite nach der Finanzkrise hatte zuvor bereits den DAX auf Talfahrt geschickt.
Der Dow Jones verlor 1,1 Prozent auf 31.909,64 Punkte. Auf Wochensicht ergibt dies ein Minus von 4,4 Prozent. Der breiter gefasste S&P 500 sackte um 1,5 Prozent auf 3861,59 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq 100 schloss 1,4 Prozent leichter auf 11.830,28 Punkten.
Ausgelöst wurde die Talfahrt durch einen Kurseinbruch bei der auf Risikokapital für die Technologiebranche spezialisierten kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB). Das Finanzinstitut hatte Verluste von 1,8 Milliarden Dollar nach dem Verkauf eines Anleihenportfolios realisiert.
Im Handelsverlauf wurde die SVB von einer kalifornischen Regulierungsbehörde geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt. Insidern zufolge war zuvor eine Not-Kapitalerhöhung gescheitert. Es ist die größte US-Bankenpleite seit der Finanzkrise.
Infolgedessen gerieten auch andere US-Banken unter Druck: "Viele Banken halten große Portfolios von Anleihen und steigende Zinsen machen diese weniger wertvoll. Die SVB-Situation erinnert daran, dass viele Institute auf großen nicht realisierten Verlusten bei ihren festverzinslichen Beständen sitzen", sagte Russ Mould, Investmentexperte von AJ Bell.
Zuvor war der DAX zum Wochenschluss aufgrund der Turbulenzen im Bankensektor mit einem Abschlag von 1,3 Prozent bei 15 427,97 Punkten aus dem Handel gegangen. Das Tagestief erreichte er bei 15.316 Punkten. Aus Wochensicht liegt das Minus bei rund einem Prozent.
Kann die Krise sich ausweiten? Die Nachrichten über den Risikokapitalgeber hätten bei Investoren "mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben", schrieb Analyst Craig Erlam vom Broker Oanda.
"Auch deutsche Banken stehen jetzt im Visier der Verkäufer, weil der Startup-Finanzierer SVB Financial etwas offenbart hat, was auch sie angehen könnte: unrealisierte Verluste im Anleiheportfolio", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Hintergrund sei, dass viele Banken Anleihen hielten, die in ihrem Kurs teilweise in nie dagewesener Geschwindigkeit eingebrochen seien.
Was der Markt jetzt fürchte, sei eine Implosion in den Bilanzen der Banken, sagte Stanzl. Die Investoren würden nun auf Klarstellungen der großen Geldhäuser warten, ob und in welchem Ausmaß die Probleme von SVB Financial auch auf sie zutreffen.
Einige Experten warnen davor, die SVB-Probleme auf den gesamten Sektor zu übertragen. So geht etwa Joachim Klement, Chefstratege der Investmentbank Liberum Capital, nicht davon aus, dass die Situation der SVB eine unmittelbare Bedrohung für das europäische Bankensystem darstellt.
Das US-Institut habe ein sehr spezielles Geschäftsmodell, es sei auf Wagniskapital sowie die Finanzierung junger Wachstumsunternehmen spezialisiert. Das sei innerhalb der Bankenszene ziemlich einmalig. Notleidende Kredite dürften im laufenden Jahr zwar zunehmen, aber die Reserven der Banken in Europa und den USA seien ausreichend, um mögliche Probleme aufzufangen.
Auch laut dem Harvard-Professor und früheren US-Finanzminister Larry Summers sind große Sorgen vor Ansteckungsgefahren übertrieben. Im US-Finanzsender Bloomberg TV sprach Summers von einer "Überreaktion". Solange die Krise bei SVB vernünftig bewältigt und Kundengelder ausgezahlt würden, sei von keinen systemischen Risiken für den Bankensektor auszugehen.
Der US-Arbeitsmarktbericht für den Monat Februar verlor angesichts der akuten Bankensorgen im Tagesgeschäft an Bedeutung. Er zeigte ein abgeschwächtes Lohnwachstum, was die Inflationssorgen und die Ängste der Anleger vor weiteren großen Zinsanhebungen der US-Notenbank etwas lindert.
"Der Arbeitsmarkt entfernt sich zumindest ein Mini-Stück vom Höhepunkt seiner Stärke", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Handelshaus QC Partners in einer ersten Reaktion. "Das ist sicherlich nicht ganz der Bericht, den die Fed gerne gesehen hätte, aber er geht definitiv in die richtige Richtung." Besonders die im Monatsvergleich so gering wie zuletzt vor zwölf Monaten gestiegenen Löhne seien erfreulich.
"Trotz des widrigen Umfeldes mit hoher Inflation und gestiegenen Zinsen läuft der Job-Motor ziemlich passabel", resümierte Bernd Krampen von der NordLB. "Der US-Arbeitsmarkt hat nur vom vierten Gang in den dritten Gang heruntergeschaltet." Eine robuste Beschäftigungsdynamik habe im Kampf gegen die hohe Inflation eine Kehrseite, da es Ende März wohl eine weitere Zinsanhebung der US-Notenbank Fed geben werde. Krampen betonte, die Wahrscheinlichkeit einer Erhöhung um einen halben Prozentpunkt sei gesunken.
Der Euro legte nach dem US-Arbeitsmarktbericht deutlich zu. Bei einigen Marktteilnehmern ist offenbar tatsächlich die Erwartung gestiegen, dass die US-Notenbank am 22. März ihren Leitzins doch nur um 0,25 Prozentpunkte anheben könnte. Notenbankchef Jerome Powell hatte zuletzt auch eine Anhebung um 0,50 Prozentpunkten ins Gespräch gebracht. Die Entscheidung hatte er jedoch von der Entwicklung der Wirtschaftsdaten abhängig gemacht. Ein starker Arbeitsmarkt treibt über die Lohnentwicklung auch die Inflation.
Die schlechte Stimmung an den Finanzmärkten hat zum Wochenschluss auch Kryptowährungen erfasst. Der Bitcoin fällt zeitweise unter die Marke von 20.000 Dollar. Tags zuvor hatte die Krise am Markt für Digitalwährungen mit dem US-Finanzkonzern Silvergate Capital ein Schwergewicht der Branche in die Knie gezwungen.
Die Furcht vor einer Bankenkrise schwappt auch auf die heimischen Institute über. Unter den Einzelwerten versammeln sich daher die Aktien der Deutschen Bank und der Commerzbank am DAX-Ende.
Optimistische Jahresziele haben den Aktien von Daimler Truck nur kurz Auftrieb gegeben. Gewinnmitnahmen drücken die Papiere in die Tiefe. Der Nutzfahrzeughersteller hatte angekündigt, den Gesamtumsatz 2023 auf 55 Milliarden bis 57 Milliarden Euro zu steigern. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern soll "deutlich", sprich mindestens 15 Prozent, zulegen gegenüber dem Vorjahreswert von 4,0 Milliarden Euro.
Die Fondsgesellschaft Union Investment ist gegen eine weitere Amtszeit von Bayer-Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann. "Wir werden gegen die Wiederwahl von Herrn Winkeljohann stimmen", sagte Fondsmanager Janne Werning der "Wirtschaftswoche". Ihn störten die zahlreichen Ämter des Aufsichtsratschefs. Der Posten sei kein Teilzeitjob.
Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Post hält die Gewerkschaft ver.di den Druck weiter hoch und droht mit Streik nächste Woche. Heute wollen ver.di und die Post an den Verhandlungstisch zurückkehren, die vierte Gesprächsrunde in Düsseldorf dürfte bis Samstag andauern.
Der Autobauer Mercedes-Benz hat seine Pläne für ein eigenes Ladenetz für Elektroautos konkretisiert. In Deutschland und Frankreich sollen in diesem Jahr die ersten Schnellladesäulen gebaut werden, sagte Franz Reiner, Vorstandschef von Mercedes-Benz Mobility, der dpa.
Der Herzogenauracher Auto- und Industriezulieferer Schaeffler gibt sein Russland-Geschäft an den österreichischen Unternehmer Siegfried Wolf ab. Im Geschäftsbericht des Unternehmens heißt es, am 29. Dezember habe Schaeffler einen Vertrag zum Verkauf des Werks in Uljanowsk an die PromAvtoConsult unterzeichnet; der Kaufpreis liege bei zehn Millionen Euro.
Der Finanzdienstleister Hypoport rechnet nach einer rückläufigen Geschäftsentwicklung im vierten Quartal auch im laufenden Jahr mit schweren Zeiten. Der Umsatz dürfte 2023 um bis zu zehn Prozent zurückgehen. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) erwartet Hypoport sogar einen Rückgang um bis zu 30 Prozent.
Papiere von Stratec brechen ein und fallen auf das tiefste Niveau seit April 2020. Der Diagnostikspezialist geht nach einem Gewinnrückgang im vergangenen Jahr von einer anhaltenden Belastung der Profitabilität aus. Weiter steigende Kosten sowie die Einführung einer neuen Gerätegeneration in der Tiermedizin dürften die operative Marge 2023 erneut drücken.
Die Facebook-Mutter Meta lotet den Aufbau eines sozialen Netzes für Textnachtrichten aus. Dies könnte ein direkter Konkurrent zu dem Textdienst Twitter werden, der dem Tesla-Chef Elon Musk gehört. "Wir untersuchen ein eigenständiges dezentrales, soziales Netzwerk für den Austausch von Text-Updates", teilte ein Meta-Sprecher in einer E-Mail an Reuters mit.
Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma verzichtet in Zusammenhang mit umstrittenen Aussagen von Credit-Suisse-Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann zu Abflüssen von Kundengeldern auf weitere Schritte. "Sie sieht keinen ausreichenden Anlass, in dieser Sache ein aufsichtsrechtliches Verfahren zu eröffnen", erklärte die Behörde.
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte im Februar berichtet, dass die Finma die Bank in der Angelegenheit kontaktiert habe. Lehmann hatte Anfang Dezember erklärt, dass die Abflüsse von verwalteten Vermögen zum Erliegen gekommen seien. Danach waren aber nochmals Milliarden von dem krisengeplagten Institut abgezogen worden.