Börsen auf Talfahrt Anleger fliehen in den Dollar
Erst waren es die Inflations- und Zinssorgen, die die Börsen belasteten. Nun geht an den Aktienmärkten die Angst vor einer Rezession um. Gefragt sind sichere Häfen wie der Dollar.
Droht bald ein wirtschaftlicher Abschwung? Das befürchten immer mehr Anleger. Weitere Zinserhöhungen der Fed könnten eine Rezession in den USA auslösen. In Europa würde ein Lieferstopp von russischem Gas die Wirtschaft in den Abschwung reißen.
Besonders an Europas Börsen waren die Rezessionssorgen groß. Der DAX brach um 2,9 Prozent auf 12.401 Punkte ein, den niedrigsten Stand seit November 2020. Ähnlich groß war das Minus im europäischen Leitindex EuroStoxx50. Der Fokus an den Finanzmärkten verschiebe sich von Inflations- und Zinssorgen zu Stagnations- und Rezessionsängsten, meinte Aktienstratege Martin Lück vom Vermögensverwalter Blackrock. Angefacht wurden diese Befürchtungen durch den Streik norwegischer Öl- und Gasarbeiter. Am Abend gab es Entwarnung: Die Regierung griff ein und beendete den Streik.
An der Wall Street verlor das "R"-Wort im Laufe des Tages seinen Schrecken. Gespräche zwischen USA und China sorgten für etwas Zuversicht und verdrängten die Rezessionssorgen. Washington könnte womöglich einige der unter dem damaligen US-Präsident Donald Trump eingeführten Handelszölle auf Importe chinesischer Waren wieder zurücknehmen, hoffen Anleger.
Der Dow Jones machte einen Großteil seiner deutlichen Kursverluste wett und schloss 0,4 Prozent tiefer. Der US-Blue-Chip-Index war nach dem verlängerten Wochenende mit einem Minus von rund zwei Prozent in den Handel gestartet. Der breiter gefasste S&P 500 drehte gar ins Plus undlegte um 0,2 Prozent zu. Der technologielastige Index Nasdaq gewann 1,8 Prozent. Er war allerdings in den letzten Tagen besonders stark unter Druck geraten.
Anleger bevorzugten "sichere Häfen" wie den US-Dollar. Dies hievte den Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, um bis zu 1,6 Prozent auf 106,78 Punkte. Der Euro erreichte zum US-Dollar den tiefsten Stand seit fast 20 Jahren. Die europäische Gemeinschaftswährung fiel um 1,7 Prozent auf 1,0254 Dollar. Damit sei die Parität zur Weltleitwährung nur noch eine Frage der Zeit, warnte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Es sei denn, der Europäischen Zentralbank gelinge das Kunststück, die Inflation zu bekämpfen, ohne die Wirtschaft abzuwürgen und gleichzeitig einen übermäßigen Anstieg der Finanzierungskosten für hoch verschuldete Euro-Länder zu verhindern.
Der starke Dollar lastet auf dem Goldpreis, macht er doch das gelbe Edelmetall im Nicht-Dollar-Raum teurer und schwächt so die Nachfrage. Die Feinunze Gold verbilligte sich heute um über zwei Prozent auf 1767 Dollar. So niedrig notierte das Edelmetall zuletzt im Dezember 2021.
Nach einer monatelang anhaltenden Aufwertung ist der russische Rubel an der Moskauer Börse heute deutlich eingebrochen. Gegenüber dem Dollar und dem Euro verlor die russische Landeswährung am Dienstag rund zehn Prozent. Am Ende des Börsentags kostete der Dollar mehr als 61 Rubel, der Euro mehr als 63 Rubel. Im Tagesverlauf lagen die Leitwährungen zeitweise sogar mehr als 62 beziehungsweise 64 Rubel. Das ist der höchste Stand seit Anfang Mai. Die plötzliche Rubel-Abwertung begründen Experten mit der Lockerung der Devisenpolitik durch die Zentralbank und der Erwartung, dass die Zentralbank an der Börse auch die Devisenkäufe wieder aufnimmt.
Wegen der zunehmenden Rezessionsängste sackten die Ölpreise ab. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um fast zehn Prozent auf 102,41 Dollar je Barrel (159 Liter). Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel ähnlich stark und sank unter die Marke von 100 Dollar. Die hohe Inflation und die Zinserhöhungen vieler Notenbank dürften die wirtschaftliche Entwicklung dämpfen und so auch die Nachfrage nach Rohöl sinken lassen. Im Falle einer globalen Rezession halten die Experten der Citigroup einen Rückgang des Ölpreises auf 65 Barrel zum Jahresende für möglich.
Unter den Einzelwerten am deutschen Aktienmarkt rückte einmal mehr die Uniper-Aktie in den Fokus. Die Bundesregierung will in der Gaskrise einen "Schutzschirm" für angeschlagene Energieunternehmen schaffen. Mit gesetzlichen Änderungen soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass sich der Bund an Firmen wie Uniper beteiligen kann. Uniper-Aktien schlossen nach einer Berg- und Talfahrt 9,5 Prozent im Minus bei 10,25 Euro - auf dem tiefsten Stand seit sechs Jahren.
Der Großhändler Metro verkauft ein rund 73.000 Quadratmeter großes Grundstück an seinem Hauptsitz in Düsseldorf. Käufer seien Swiss Life Asset Managers, teilte Metro mit. Über den Kaufpreis hätten die Unternehmen Stillschweigen vereinbart. Auf dem Gelände befinden sich aktuell noch ein Metro-Großmarkt sowie ein Media Markt. Auf dem Areal sollen nun ab 2027 unter anderem rund 1500 Wohnungen entstehen.
Der spanische Wettbewerber Glovo gehört nun zum Essenslieferdienst Delivery Hero. Es seien alle Maßnahmen für den Abschluss der Transaktion ergriffen worden, teilte der MDAX-Konzern mit. Jetzt stünden nur noch die Erhöhung des Aktienkapitals und die anschließende Zulassung der Aktien zum Handel aus. Danach hält Delivery Hero dann 94 Prozent der Aktien an dem spanischen Konzern.
Fielmann-Aktien knüpften nach einigen teils skeptischen Analystenkommentaren an ihre hohen Vortagesverluste an. Erstmals seit 2013 kosteten sie weniger als 40 Euro. Zum Wochenstart waren sie um gut zwölf Prozent eingebrochen, nachdem die Optikerkette die Gewinnprognose für 2022 gesenkt hatte. Analysten streichen nun ihre Gewinnschätzungen zusammen.
Der Solar- und Windpark-Betreiber Encavis stellt seinen Vorstand für die europäische Energiewende neu auf. Unternehmenschef Dierk Paskert werde sein Mandat zum 31. Dezember 2022 niederlegen und den Konzern "vorzeitig einvernehmlich verlassen", teilte die MDAX-Gesellschaft gestern nach Börsenschluss mit. Finanzchef Christoph Husmann werde zum 1. Januar 2023 zum Sprecher des Vorstands ernannt und wahre so die Kontinuität der grundsätzlichen Geschäftsausrichtung.
Der Leasingspezialist Grenke hat das Wachstum im zweiten Quartal weiter beschleunigt und sich damit weiter vom Corona-Tief erholt. Das Leasingneugeschäft stieg in den Monaten April bis Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast die Hälfte auf 587 Millionen Euro gestiegen. Es war damit das dritte Quartal in Folge, in dem der SDAX-Konzern das Tempo beim Zuwachs des Neugeschäfts steigern konnte.
Die Aktien der Shop Apotheke zogen gegen den negativen Markttrend um gut 13 Prozent an. Das SDAX-Unternehmen hat im zweiten Quartal dank der Nachfrage nach nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten seine Erlöse gesteigert. Der Umsatz stieg um 14,7 Prozent auf 287 Millionen Euro. Das Unternehmen scheine das Schlimmste hinter sich zu haben, schrieben die Analysten vom Investmenthaus Stifel. Das beschleunigte Umsatzwachstum in einem schwierigen Marktumfeld sei ermutigend.
Ins Rampenlicht rückten heute zwei deutsche Impfstoff-Firmen. CureVac wirft dem Rivalen BioNTech vor, bei dessen Coronavirus-Impfstoff Patente verletzt zu haben. BioNTech wies den Vorwurf zurück. Die in den USA notierten Aktien von BioNTech legten trotzdem um über zwei Prozent zu, die Papiere von CureVac büßten rund ein Prozent ein.
Mit einem Plus von 2,6 Prozent gehörte Tesla zu den Gewinnern an den US-Börsen. Die Aktien hatten zunächst um bis zu fünf Prozent nachgegeben. Der Elektroautobauer hat erstmals seit zwei Jahren einen Rückgang des Quartalsabsatzes bekannt gegeben. Er rechne zwar mit einer Erholung der Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte, sagte Analyst Garrett Nelson vom Research-Haus CFRA. Allerdings schmälerten die neuen Werke nahe Berlin und in Austin (Texas) den Gewinn, da ihre Auslastung bislang gering sei.
Die russischen Konzerne Nornickel und Rusal nehmen einen Zusammenschluss ins Visier. Der russische Geschäftsmann Vladimir Potanin, Großaktionär des Bergbauunternehmens Nornickel, erklärte, für eine Fusion mit dem Aluminiumproduzenten bereit zu sein. Eine Fusion sei nötig, um Sanktionen zu widerstehen, betonte Potanin. Der Vorschlag sei vom Rusal-Management gekommen.
Nach der Eskalation des Tarifstreits mit ihren Piloten hat die skandinavische Fluggesellschaft SAS die Reißleine mit einer Insolvenz nach US-Recht gezogen. Einen Tag nach Beginn des Pilotenstreiks teilte die Airline heute mit, sie habe in den USA Gläubigerschutz beantragt. Analysten sehen darin die Chance auf einen Neustart.
Der Spotify-Rivale Deezer konnte bei seinem Börsendebüt in Paris bei den Anlegern nicht punkten. Die Aktien starteten bei 8,50 Euro, brachen dann aber um mehr als 17 Prozent auf 6,99 Euro ein. Ähnlich wie der Marktführer Spotify steht Deezer für die Neuausrichtung der Musikindustrie auf Streamingangebote und weg vom Kauf und Download einzelner Alben oder Songs.
Die mexikanische Fomento Económico Mexicano (Femsa) hat für die Schweizer Kioskkette Valora ein öffentliches Kaufangebot von 260 Franken je Valora-Aktie vorgelegt. Der Betreiber von Ladengeschäften und Apotheken in Lateinamerika will den Kaufpreis von bis zu 1,1 Milliarden Franken mit verfügbaren Barmitteln finanzieren. Der Valora-Verwaltungsrat unterstützt die Transaktion.