Großer Schritt nach unten US-Notenbank Fed senkt den Leitzins
Die US-Notenbank hat die Zinswende nach unten gestartet - mit einem ungewöhnlich großen Schritt. Sie setzte den Leitzins um einen halben Prozentpunkt nach unten. Was bedeutet das für die Märkte und die Wirtschaft?
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat auf die abflauende Inflation reagiert und zum ersten Mal seit Ausbruch der Corona-Pandemie ihren Leitzins gesenkt. Die Fed teilte mit, der Leitzins werde um 0,5 Prozentpunkte auf einen Korridor von 4,75 bis 5,00 Prozent gesenkt.
Dass die Fed die Zinswende einleiten würde, galt als ausgemacht. Offen war jedoch, wie groß der Zinsschritt wird. Die Senkung markiert einen Wendepunkt in der Zinspolitik: Denn im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation hatte die Fed den Zins ab März 2022 in einem rekordverdächtigen Tempo hochgeschraubt und zuletzt über ein Jahr lang in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent gehalten.
Notenbank nimmt Arbeitsmarkt stärker in den Blick
In den USA hat sich der Preisauftrieb zuletzt aber abgeschwächt, was den Währungshütern mehr Handlungsspielraum für Zinssenkungen gab. Die Europäische Zentralbank hatte bereits im Juni die Zinswende eingeleitet.
Notenbankchef Jerome Powell hatte auch mit Blick auf das Doppelmandat der Fed darauf verwiesen, dass sich die Notenbank angesichts der Fortschritte im Kampf gegen die Teuerungswelle nicht mehr zu "100 Prozent" auf die Inflation fokussieren müsse. Die Zentralbank soll neben Preisstabilität auch Vollbeschäftigung fördern.
Was bedeutet die Zinssenkung für die Wirtschaft?
Fallende Zinsen können viele Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Eine Senkung des Zinssatzes verbilligt etwa Kredite, was sowohl für Unternehmen als auch Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiv ist. Für Firmen wird es dadurch leichter zu investieren. Bürger müssen weniger für Schulden ausgeben und haben so ein höheres Einkommen für Konsumausgaben zur Verfügung. Beides kann die Wirtschaft ankurbeln.
Auch der Arbeitsmarkt kann von niedrigeren Zinsen profitieren. Der war in den USA zuletzt ins Stocken geraten und hat Sorgen vor einer möglichen Rezession geschürt. Höhere Investitionen und Konsumausgaben infolge niedrigerer Zinsen könnten dabei zu einer höheren Nachfrage nach Arbeitskräften führen.
Die Zinssenkung dürfte den Dollar dagegen weiter schwächen. Eine schwache Währung vergünstigt aber den Export von US-Produkten, da diese im Ausland günstiger zu erwerben sind. Umgekehrt werden Importe teurer, was den inländischen Konsum stärken kann.
Auswirkungen auf den Aktienmarkt
An der Börse führen niedrigere Zinssätze in der Regel längerfristig zu einem Anstieg des gesamten Aktienmarktes, da die Anleger dazu verleitet werden, mehr Risiken einzugehen, wenn sichere Anlagen wie Staatsanleihen weniger Rendite abwerfen. Die US-Indizes, die zuvor auf der Stelle getreten hatten, legten in direkter Reaktion auf die Zinssenkung deutlich zu.
Für Anleger sind Zinssenkungen tendenziell eine gute Nachricht, nicht so sehr für die Sparer in den USA, die weniger Zinsen auf ihre Einlagen erhalten.
Ein Balanceakt für die Fed
Für die Fed ist der Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise ein Balanceakt. Bei zu hohen Zinsen besteht die Gefahr einer Rezession. Werden die Zinsen aber zu früh gesenkt, könnte die Inflationsrate wieder ansteigen. Die US-Verbraucherpreise sind im vergangenen August im Vergleich zum Vorjahr nur noch um 2,5 Prozent gestiegen. Die Inflationsrate ist damit aktuell so niedrig wie seit Februar 2021 nicht mehr. Auf mittlere Sicht strebt die Fed aber eine Inflationsrate von zwei Prozent an.
Gegner einer lockeren Geldpolitik argumentieren jedoch, dass Zinssenkungen angesichts einer robusten US-Wirtschaft zurzeit noch nicht notwendig seien. Außerdem verharrt die Kerninflationsrate ohne Energie und Nahrungsmittel bei 3,2 Prozent. Sie gibt den allgemeinen Preistrend nach Meinung von Fachleuten besser wieder als die Gesamtrate.
Geldpolitik im Wahlkampf-Jahr
Die Entscheidung zur Zinssenkung fiel ausgerechnet in die heiße Phase des US-Wahlkampfes. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat die unabhängige Notenbank zuvor aufgefordert, eine Zinswende nicht vor den Wahlen im November einzuleiten. Fed-Chef Powell hat darauf verwiesen, dass die Zentralbank keine politische Behörde sei. Sie werde niemals geldpolitische Entscheidungen mit Blick auf den Ausgang einer Wahl treffen, die noch nicht abgehalten worden sei.
Trump behauptete, die Fed dürfe die Zinsen nicht vor der Wahl im November senken, weil dies die Stimmung zugunsten der aktuellen Regierung des demokratischen Präsidenten Biden verbessern würde.
Wie geht es weiter?
Die heutige Zinssenkung dürfte nur der Startschuss für weitere geldpolitische Lockerungen der Fed sein. Die US-Notenbank stellte heute eine weitere Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte noch in diesem Jahr in Aussicht. Die Entscheider der Fed rechnen für dieses Jahr im Mittel mit einem Leitzins von 4,4 Prozent. Und auch im nächsten Jahr dürften Zinssenkungen bevorstehen: Für 2025 geht die Notenbank im Mittel von einem Leitzins von 3,4 Prozent aus.
Die Fed hat dabei bereits erklärt, dass sie aber nicht davon ausgeht, dass der Leitzins wieder auf unter zwei Prozent fällt - vor 2022 lagen die Zinsen mehr als ein Jahrzehnt unter diesem Niveau.