Gut gelaunte Händler an der Frankfurter Börse
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Börse und Konjunktur DAX auf Rekordhoch - warum gerade jetzt?

Stand: 31.07.2023 17:53 Uhr

Deutschland steht am Rande der Rezession, die Inflation bleibt hoch. Gleichzeitig steigt der DAX gerade jetzt auf neue Höchststände. Wie passt das zusammen?

Von Detlev Landmesser, ARD-Finanzredaktion

Etwas scheint seltsam am aktuellen Abbild der deutschen Wirtschaft. In seinem Hintergrund herrscht Düsternis. Deutschland droht im zweiten Halbjahr erneut in die Rezession abzurutschen. Und die Inflation, die den Menschen das tägliche Leben schwer macht, bleibt trotz nachlassender Dynamik hoch.

Im Vordergrund aber erstrahlt der DAX in vollem Glanz. Gerade hat der deutsche Leitindex, der die 40 größten börsennotierten Unternehmen des Landes abbildet, den höchsten Stand aller Zeiten erreicht.

Wie passt das zusammen? Ist die Welt des Kapitals verrückt geworden? Durchaus nicht - sofern man den Märkten so manche irrationale Übertreibung nachsieht. Vielmehr folgen die Finanzmärkte ihrer eigenen Logik. Der alte Spruch "An der Börse wird die Zukunft gehandelt" ist keine hohle Phrase, sondern ist für das Verständnis dieser Logik entscheidend.

DAX hat internationale Perspektive

Dabei sollte man sich zunächst vergegenwärtigen, dass der DAX nicht allein die Aussichten für die deutsche Konjunktur abbildet, sondern eine internationale Perspektive hat: "Die 40 DAX-Unternehmen erwirtschaften nicht einmal mehr 20 Prozent ihrer Umsätze in Deutschland, sondern 80 Prozent ihrer Umsätze weltweit", erklärte Chris-Oliver Schickentanz von Capitell Vermögensmanagement bei tagesschau24.

Umso wichtiger wird der Blick über den Tellerrand, und tatsächlich sind die konjunkturellen Aussichten weltweit besser, insbesondere für den wichtigen Handelspartner USA. So lagen bisher auch die meisten Quartalsergebnisse der DAX-Konzerne in der laufenden Berichtssaison über den Erwartungen, was den Markt mit angetrieben hat.

Schickentanz sieht noch einen weiteren Grund für die jüngste Börsenrally: "Ich glaube, dass die gute Performance, die wir im bisherigen Börsenjahr gesehen haben, im Wesentlichen darauf zurückzuführen war, dass die Großinvestoren nach dem schwachen Jahr 2022 kaum noch in Aktien investiert waren." Daher reichten kleine positive Überraschungen, "um diese großen Adressen sukzessive in den Markt hinein zu drängen, und das hat die Kurse nach oben getrieben".

Zinserwartungen und KI-Boom treiben Kurse

In den vergangenen Monaten war aber vor allem eine starke Fixierung der Börsen auf die Entscheidungen der Geldpolitik zu beobachten. Den letzten Anschub für den DAX-Rekord gaben die Ankündigungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) in der vergangenen Woche, bei weiteren Zinsentscheidungen verstärkt die Konjunkturentwicklung zu beachten. Das schürte die Hoffnung, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa könnte der Zinsgipfel bald erreicht sein.

Warum spielen die Zinserwartungen eine so eminent wichtige Rolle für die Börse? Zum einen beflügeln geringere Zinsen die Nachfrage, zum anderen verbilligen sie die Finanzierung der Unternehmen. Über diese Kanäle beeinflusst das Zinsniveau erheblich das konjunkturelle Geschehen. Und damit die eigentliche Essenz der Börsenkurse, die erwarteten Unternehmensgewinne.

Auch grundlegende technologische Trends und ihre Perspektiven für die zukünftigen Unternehmensgewinne sind ein wesentlicher Treiber für die Börsen. Als solcher hat sich in den vergangenen Monaten der Boom der Künstlichen Intelligenz (KI) erwiesen.

Keine Einbahnstraße

Dass an der Börse besonders die erwarteten Firmengewinne die Kurse bestimmen, bedingt aber auch ihr spezifisches Risiko. Werden die großen Hoffnungen der Märkte auf die Zukunft enttäuscht, kann es auch sehr rasch in die andere Richtung gehen.

Derzeit ist es noch keineswegs ausgemacht, ob die weltweite Inflation nicht weiter hartnäckig und damit das Zinsniveau noch länger lähmend hoch bleibt. Sollten sich die hohen Erwartungen an die Unternehmensgewinne in den kommenden Quartalen nicht erfüllen, stehen auch dem DAX schwierige Zeiten bevor.

Claudia Wehrle, HR, tagesschau, 28.07.2023 17:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 31. Juli 2023 um 18:00 Uhr.