Japanische Notenbank Bank of Japan lässt Geldpolitik locker
Gegen den globalen Trend hat die Bank of Japan ihre Zinsen nicht erhöht - trotz Inflation und der Talfahrt der Währung. Warum sendet die Notenbank einer der größten Volkswirtschaften der Welt ein solches Signal?
Japans Zentralbank widersetzt sich dem globalen Trend zur geldpolitischen Straffung und lässt die Zügel trotz der steigenden Inflation und der rasanten Talfahrt des Yen extrem gelockert. Während andere Zentralbanken ihren Leitzinsen zuletzt anhoben oder zumindest eine Zinswende ankündigten, beschloss die Bank of Japan (BoJ) heute nach zweitägiger Tagung, ihre wichtigsten geldpolitischen Hebel unverändert zu lassen.
So sollen die kurzfristigen Zinssätze bei minus 0,1 Prozent und die langfristigen bei etwa null bleiben. Auch hält die BoJ an ihren Käufen von Staatsanleihen und Aktien fest. Damit fahren die japanischen Währungshüter weiter unbeirrt einen gegensätzlichen Kurs im Vergleich zu den Zentralbanken in Europa und den USA.
Yen auf tiefstem Stand seit 1998
Nach der Entscheidung der BoJ wertete der Yen gegenüber dem Dollar weiter rasant ab, fing sich daraufhin aber wieder. Der Handel am Devisenmarkt verlief jedoch weiter volatil. Die japanische Währung war diese Woche gegenüber dem Dollar auf ein 24-Jahres-Tief gesackt. Seit Jahresbeginn ist der Yen um fast 15 Prozent gefallen.
Die Schwäche des Yen schürt an den Märkten die Besorgnis, dass die weiter niedrigen Zinsen der BoJ die Inflation verschärfen und dies der Wirtschaft schadet. Der ökonomischen Lehre zufolge sorgen höhere Zinsen für eine Begrenzung der Preissteigerung. Zum einen wird die Währung attraktiver für Anleger, was ihren Kurs anschiebt und damit Importe von Rohstoffen und Energie billiger machen kann. Zum anderen führen sie zu teureren Krediten, was den Konsum, die Investitionen und damit die Nachfrage dämpft.
Niedrige Zinsen sollen Wirtschaft Auftrieb verleihen
Die Entscheidung der japanischen Notenbank, an ihrem Kurs einer gelockerten Geldpolitik festzuhalten, war allerdings erwartet worden. Zwar steigen die Preise auch in Japan, die Inflation wird jedoch vor allem durch die hohen Energiepreise getrieben, woran höhere Zinsen wenig ändern können. Angesichts des noch relativ verhaltenen Preisdrucks in Japan habe es für die Notenbank weniger Anlass für einen Zinsschritt gegeben, heißt es etwa von den Analysten der Maybank.
BoJ-Gouverneur Haruhiko Kuroda hatte bereits zu erkennen gegeben, dass es ungeachtet der dramatischen Abschwächung des Yen vorerst zu keiner Straffung der geldpolitischen Zügel kommen dürfte. Die Bank of Japan hält die Zinsen weiter niedrig, um die schleppende Wirtschaft anzukurbeln. Günstige Zinsen führen zu mehr Kreditvergabe, es wird mehr Geld ausgegeben und konsumiert.
Andere Notenbanken drehen an der Zinsschraube
In den USA und Europa scheint der Kampf gegen die Inflation, der die Angst vor einer Rezession schürt, dagegen Vorrang gegenüber dem Wirtschaftswachstum zu haben. So hatte zur Wochenmitte die US-Notenbank Federal Reserve den Leitzins um 75 Basispunkte erhöht und damit den größten Zinsschritt seit 1994 gewagt.
Gestern zogen die Bank of England (BoE) und die Schweizer Notenbank (SNB) mit Zinserhöhungen nach. Die SNB hob den Leitzins um 0,50 Punkte an. Kaum ein Ökonom hatte dies erwartet. Die straffere Geldpolitik soll verhindern, dass die Inflation in der Schweiz stärker auf Waren und Dienstleistungen übergreift. Die Zentralbank betonte zudem ihre Absicht, bei Bedarf weiterhin am Devisenmarkt zu intervenieren.
Damit wächst der Druck auf die bisher eher zögerliche Europäische Zentralbank (EZB). Sie hat für Juli eine erste kleine Zinserhöhung um 0,25 Punkte signalisiert. Die Bank of England erhöhte den Leitzins wie allgemein erwartet um weitere 0,25 Punkte.