Interview

Interview zur Entwicklung von Facebook Probieren, bis es passt

Stand: 30.01.2014 19:54 Uhr

Die Quartalszahlen blendend, die Zahl der User weiter steigend: Kurz vorm 10. Geburtstag hat Facebook allen Grund zum Feiern. Social-Media-Experte Philipp Roth erklärt im tagesschau.de-Interview das Erfolgsrezept - und sieht in der Ferne einen Konkurrenten.

tagesschau.de: Facebook hat seinen Umsatz von Oktober bis Dezember 2013 um fast zwei Drittel gesteigert. Was sind die Gründe für diesen Erfolg?

Philipp Roth: Das vierte Quartal ist in der Werbung immer das beste. Außerdem ist Facebook nicht untätig gewesen: Es hat gegen Ende des Jahres mehr neue Feature für Unternehmen veröffentlicht als zuvor. Firmen können dadurch immer besser messen, wie gut die Werbung auf Facebook wirkt - und setzen dadurch immer mehr Budget ein.

Zur Person

Philipp Roth ist Gründer des größten inoffiziellen Facebook-Blogs in Deutschland, Allfacebook.de. Er berät Unternehmen bei deren strategischer Entwicklung in dem sozialen Netzwerk.

tagesschau.de: Das wichtige Werbegeschäft für Smartphones und Tablets galt lange als Problemzone bei Facebook. Im Schlussquartal wurden erstmals mehr Werbegelder mobil als über die klassische Website eingenommen.

Roth: Es wurde lange Zeit kritisiert, dass Facebook Werbung nicht auf seiner App ausspielen kann. Inzwischen ist das kein Problem mehr. Mobile Nutzer lassen sich sehr gut mit Werbung im Newsfeed erreichen.

"Neues wird auch gegen Widerstand durchgesetzt"

tagesschau.de: Andere soziale Netzwerke wie Myspace oder studiVZ waren nach wenigen guten Jahren wieder weg vom Fenster. Facebook feiert am 4. Februar seinen 10. Geburtstag und die Userzahlen steigen noch immer. Wie kann es sich so lange behaupten?

Roth: Das Firmenmotto von Facebook spiegelt das ganz gut wider, "Move fast and break things": Facebook hat sich extrem oft gewandelt. Neue Designs werden auch gegen den Widerstand von Millionen Nutzern durchgebracht. Andere würden sich von soviel Protest abschrecken lassen, Facebook ist da strikt: Wenn sie ein neues, innovatives Konzept haben, probieren sie es so oft in Testphasen aus, bis es passt.

StudiVZ hat immer mehr Nutzer verloren, weil es irgendwann keine Innovationen mehr hervorbrachte. Facebook drängt seine Innovationen den Usern regelrecht auf - ohne dies wäre es irgendwann auch veraltet.

tagesschau.de: Ist die Konkurrenz zu schwach?

Roth: Die Konkurrenz ist unglaublich stark und steckt auch sehr viel in seine Produkte. Aber damit Nutzer zu einem anderen Netzwerk wechseln, müsste dieses so attraktiv sein, dass deren kompletter Bekanntenkreis mitzieht.

tagesschau.de: Was müsste die Konkurrenz bieten?

Roth: Mit besserem Datenschutz, leichterer Listenverwaltung oder schönerem Design kann man Facebook nicht vom Thron stoßen. Eine gute, ernsthafte Konkurrenz müsste etwas komplett Neues bieten und bei Innovationen deutlich schneller und agiler sein als Facebook. Ob das in den nächsten Jahren kommt, ist fraglich. Noch fraglicher ist, was das sein wird.

"WhatsApp ist der einzige wirkliche Konkurrent"

tagesschau.de: Vielleicht WhatsApp, das bei den Nutzerzahlen in Deutschland schon an Facebook heranreicht?

Roth: WhatsApp ist derzeit der einzige wirkliche Konkurrent, weil es einen ähnlichen Mehrwert liefert: Die Eins-zu-Eins-Kommunikation. Allerdings bietet es momentan auch nicht mehr - und es ist nur mobil. Wie WhatsApp sich entwickelt, lässt sich noch nicht wirklich absehen.

tagesschau.de: Es sind vor allem die jüngeren Internetnutzer, die WhatsApp, Instagram oder Tumblr verwenden. Warum meidet diese Zielgruppe Facebook zunehmend?

WhatsApp-Logo

Reicht in Deutschland bei den Nutzerzahlen schon an Facebook heran: Die mobile Chatplattform WhatsApp.

Roth: Das ist ein klassisches Phänomen: Jugendliche wollten sich schon immer differenzieren. Das geht auf einer Plattform wie Facebook, wo auch Eltern, Großeltern oder Lehrer Profile haben, ziemlich schlecht. Sie stellen sich lieber auf anderen Plattformen dar.

tagesschau.de: Das Durchschnittsalter der User bei Facebook steigt. Studien sagen immer wieder den Untergang binnen der nächsten Jahre voraus. Wird Facebook mittel- oder langfristig sterben?

Roth: Langfristig wird es vielleicht mal etwas geben, das Facebook ablöst. Mittelfristig sehe ich das nicht. Facebook altert mit seinen Nutzern. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass Facebook älter oder erwachsener wird. Für Unternehmen wird Facebook dadurch immer attraktiver. Die aktuellen Zahlen zeigen jedenfalls weiter einen positiven Trend.

Das Interview führte Thomas Reinhold, tagesschau.de.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 30. Januar 2014 um 22:30 Uhr.