Höhere Belastung soll erlaubt sein Bundesregierung will gegen EU-Spielzeugrichtlinie klagen
Wie stark darf Spielzeug mit Schadstoffen belastet sein? Darüber streiten die Bundesregierung und die EU-Kommission. Die Brüsseler wollen höhere Grenzwerte durchsetzen als sie in Deutschland gelten. Das gefällt der Bundesregierung nicht - sie will klagen. Die Kommission reagierte mit Unverständnis.
Die Bundesregierung will höhere Gesundheitsrisiken bei Spielzeug abwehren und plant deswegen eine Klage gegen die EU-Kommission. Wenn es um die Sicherheit der Kinder gehe, dürfe es keine Kompromisse geben, sagte Verbraucherministerin Ilse Aigner. Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagte, die hohen Schutzstandards in Deutschland müssten beibehalten werden. Einen Antrag auf Fortbestehen der deutschen Regelung hatte die EU-Kommission den Angaben zufolge zuvor etwa für Blei, Arsen und Quecksilber abgelehnt. Die Klages soll Anfang kommender Woche beim Gericht der Europäischen Union eingereicht werden.
Die Bundesregierung und Verbraucherpolitiker der Koalition hatten bereits mehrfach deutlich gemacht, dass sie auf schärfere Grenzwerte pochen. Ein erster Teil der Richtlinie war schon im Juli 2011 in Kraft getreten. Darin werden unter anderem strengere Vorgaben für Produktion, Kontrollen und Warnhinweise gemacht - etwa für Spielzeug, das aus vielen kleinen Teilen besteht. Die Regelungen der Richtlinie für die chemischen Anforderungen an Spielzeug sollen ab Juli 2013 wirksam werden.
Unverständnis in Brüssel
Die EU-Kommission reagierte mit Unverständnis auf das Vorgehen Deutschlands. Es gebe keinen Zweifel, dass die Richtlinie den höchsten Sicherheitsstandards für Spielzeug entspreche, sagte ein Sprecher. Zudem seien Deutschland bei mehreren Chemikalien eigene Werte erlaubt worden. Für andere Chemikalien sei dies nicht in Betracht gezogen worden, weil die Begründung nicht ausreichend gewesen sei. Ein Problem sei zudem, dass Deutschland Wirkung und Gefahr mancher Stoffe nach anderen Maßstäben bewerte als die EU-Kommission, fügte der Sprecher hinzu.
EU-Richtlinien müssen generell von allen Mitgliedstaaten in nationales Recht übernommen werden. Sie haben den Zweck, Vorschriften und Regelungen EU-weit zu vereinheitlichen und damit das grenzüberschreitende Zusammenwachsen zu fördern. Nationale Abweichungen von EU-Mindestanforderungen sind teilweise aber erlaubt.
Grüne kritisieren Aigner
Die Grünen hielten Aigner bisheriges Versagen im Ringen um die Grenzwerte für Gift in Kinderspielzeug vor. Das Agieren der Bundesregierung bei Schadstoffgrenzwerten in Kinderspielzeug sei "eine Chronik der bürokratischen Verschleppung", sagte die Grünen-Verbraucherschutzexpertin Nicole Maisch.