Sondergipfel der Eurozone zur Schuldenkrise Feilschen um die Griechenland-Hilfen
In Brüssel sucht der Euro-Sondergipfel eine Lösung der Schuldenkrise. Ziel sind ein neues Hilfspaket für Griechenland und Maßnahmen zur Stabilisierung der Eurozone. Private Gläubiger sollen die Kosten der Griechenland-Rettung mittragen. Die Details sind trotz einer deutsch-französischen Einigung strittig.
In Brüssel ringen die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Staaten auf einem Sondergipfel um die Details des geplanten zweiten Hilfspakets für Griechenland. Gleichzeitig suchen sie nach einem gemeinsamen Konzept, um die Schuldenkrise in mehrere Staaten der Eurozone unter Kontrolle zu bringen. "Ich gehe davon aus, dass wir ein neues Griechenland-Programm verabschieden können", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel beim ihrem Eintreffen in Brüssel. "Mit diesem Programm wollen wir die Probleme auch wirklich an der Wurzel anpacken." Es sei dringend nötig, die Schuldentragfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands und anderer hochverschuldeter Länder zu verbessern. Das Treffen sei ein wichtiger Schritt bei der Überwindung der Schuldenkrise.
Sie verwies auf den Lösungsvorschlag, den sie am Abend mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ausgehandelt und mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, abgestimmt hatte. Zu den Details hatten die Beteiligten aber keine Angaben gemacht. Nach ARD-Informationen verständigten sich beide Seiten darauf, private Gläubiger an den Kosten des neuen Rettungspakets für Griechenland zu beteiligen. Die französische Regierung warnte allerdings davor, die Einigung zwischen Merkel und Sarkozy bereits als Durchbruch zu werten. Die Partner müssten überzeugt werden, und es müsse breite Übereinstimmung geben, sagte Haushaltsministerin Valérie Pécresse.
Juncker glaubt nicht an Beschluss einer Bankensteuer
Der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, bewertete die Chancen für eine Kompromisslösung positiv. "Ich glaube, wir werden heute zu einem guten Ergebnis kommen", sagte er. "Wir brauchen eine Gesamtlösung für Griechenland und die gesamte Eurozone." Es könnten nicht alle zwei Wochen neue Entscheidungen nachgeschoben werden. "Zu einer Gesamtlösung gehört eine Beteiligung des Privatsektors, die wird es auch geben", sagte Juncker. Er habe dabei den Eindruck, dass man sich nicht auf einen Bankensteuer einigen werde. Auf die Frage zu einheitlichen EU-Anleihen, sogenannten Eurobonds, sagte Juncker, dass sie nicht genannt werden sollten, "aber die Lösungen, die angedacht werden, sind nicht meilenweit davon entfernt".
Auch die Niederlande unterstützten die Forderung nach einer Beteiligung privater Gläubiger an den Hilfen für Griechenland. Dies sei ein zentraler Punkt für sein Land, sagte Regierungschef Mark Rutte. Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager ergänzte, dass sich Deutschland und Frankreich darauf geeinigt hätten, einen teilweisen Zahlungsausfall Griechenlands in Kauf zu nehmen, um die angestrebte Beteiligung des Privatsektors zu ermöglichen.
EZB nimmt womöglich Zahlungsausfall doch in Kauf
Offiziell sperrt sich die Europäische Zentralbank zwar im Fall Griechenland weiter gegen einen Schuldenschnitt und die damit verbundene Feststellung des Zahlungsausfalls durch die Ratingagenturen. "Eine Umschuldung wäre ein Desaster - ganz gleich ob sanft oder hart", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi der "Welt". Seiner Prognose zufolge hätte dies den Kollaps des griechischen Bankensystems sowie möglicherweise ein humanitäres Drama und soziale Unruhen zur Folge. Aus Kreisen von EU-Regierungen verlautete allerdings, dass die EZB entgegen ihrer bisherigen Linie einen teilweisen Zahlungsausfall Griechenlands akzeptieren könnte.
Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann sagte, bei der Unterstützung Griechenlands gehe es darum, den Rückzahlungszeitraum für die Schulden zu strecken und die Zinsen zu senken, damit sich das Land die Belastungen leisten könne. Außerdem werde eine Art "Marshall-Plan" für Investitionen diskutiert. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte: "Ich bin sicher, dass wir eine gute Lösung finden für Griechenland und für die Euro-Mitglieder."
Seit Wochen werden verschiedene Modelle debattiert, wie Griechenlands Finanzen auf eine tragfähige Grundlage gestellt und private Gläubiger daran beteiligt werden können. Ungeachtet des zwischen Deutschland und Frankreich abgestimmten Vorschlags zur Lösung der Probleme wird auf dem Sondergipfel mit langwierigen Verhandlungen gerechnet.