Euro und Aktienkurse stabil Milliardenpaket beruhigt die Finanzmärkte
Das Milliarden-Paket zur Stabilisierung des Euro zeigt offenbar Wirkung: Der Kurs der Währung ist gefestigt, und an den Börsen gab es Kursgewinne. Die Einzelheiten der Vereinbarung müssen erst noch ausgearbeitet werden. Kritiker sehen die Unabhängigkeit der EZB in Gefahr.
Das beispiellose Hilfspaket im Umfang von 750 Milliarden Euro hat die Finanzmärkte vorerst beruhigt. Der Euro übersprang zunächst die Marke von 1,30 Dollar, bröckelte dann aber wieder etwas ab. Gleichzeitig legten viele Aktienkurse kräftig zu - der Dax stieg um fünf Prozent. Offenbar fassen die Anleger wieder Vertrauen.
Der Internationale Währungsfonds lobte das Rettungspaket als großen Schritt in die richtige Richtung. Auch EU-Kommission, spanische Ratspräsidentschaft und G-7-Staaten äußerten sich zustimmend.
Bundeskanzlerin Merkel informierte die Spitzen der Bundestagsfraktionen über die Einigung. Für die Opposition blieben dabei viele Fragen offen. SPD-Fraktionschef Steinmeier kritisierte, es seien noch nichts darüber bekannt, auf welcher Rechtsgrundlage die EU-Staaten einander Geld leihen sollten.
Deutschland bürgt für knapp 150 Milliarden
In der Nacht war nach zwölfstündigen Verhandlungen ein Paket im Umfang von 750 Milliarden Euro geschnürt worden: Die ersten 60 Milliarden stellt die EU-Kommission bereit, 440 Milliarden kommen in Form von Garantien und Krediten der Eurostaaten untereinander, und der IWF trägt bis zu 220 Milliarden Euro bei, verteilt auf drei Jahre.
Merkel: Rettungspaket schützt das Geld der Menschen
Merkel bezeichnete den Rettungsschirm als alternativlos. "Wir schützen das Geld der Menschen in Deutschland", sagte sie. Das Paket sei notwendig, um die "Zukunft des Euro zu sichern". Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union hätten damit gezeigt, "dass sie gemeinsam den politischen Willen haben, alles für die Stabilität unserer gemeinsamen Währung zu tun". Merkel machte deutlich, dass künftige Hilfen für überschuldete Euro-Staaten an Bedingungen gekoppelt seien.
Im Gegenzug für die Hilfszusagen verpflichteten sich die Sorgenkinder des Euroraums, Spanien und Portugal, zu erheblichen zusätzlichen Konsolidierungsmaßnahmen, erklärte Innenminister Thomas de Maizière, der den plötzlich erkrankten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vertrat. Deutschland werde für die Unterstützung ein Gesetz verabschieden müssen, sagte der Minister. Er rechne damit, dass das Paket schon in den kommenden Tagen "instrumentell erarbeitet" werde.
Diesmal kein Eilverfahren
Anders als bei der Hilfe für Griechenland wird der Gesetzentwurf diesmal aber nicht im Eilverfahren durchs Parlament gehen. Denn die ersten Kredite über 60 Milliarden Euro können direkt aus dem Notfall-Fonds der EU genommen werden. Die rechtliche Grundlage dafür ist Artikel 122 des Lissabon-Vertrages. Er erlaubt finanziellen Beistand der Union bei "außergewöhnlichen Ereignissen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen". Diese Klausel wollte man im Falle Griechenlands nicht anwenden, weil die Schuldenkrise dort nicht erst durch die Spekulation ausgelöst worden war, sondern durch den unseriösen Staatshaushalt.
Zentralbanken stützen Euro
Die fünf Zentralbanken kündigten ebenfalls umfassende Hilfsmaßnahmen an. Die US-Notenbank Fed, die Europäische Zentralbank, die Bank of England, die kanadische Zentralbank und die Schweizerische Nationalbank vereinbarten die Wiedereinführung sogenannter Swap-Geschäfte, mit denen sie Devisen untereinander austauschen. Dadurch wird es vor allem für Europa leichter, die Märkte mit US-Dollar zu versorgen. Die EZB dürfte zudem erstmals in ihrer Geschichte Staatsanleihen aufkaufen. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte bei der G-7-Konferenz am Freitag vor Verwerfungen auf den Märkten gewarnt und die Staats- und Regierungschefs zum Eingreifen aufgerufen.
Ähnlichkeiten zum Bankenrettungsplan
Der europäische Stabilisierungsmechanismus funktioniert in etwa so wie der Bankenrettungsplan vor anderthalb Jahren. Damals sollten die Banken vor der Pleite bewahrt werden - heute geht es um überschuldete Staaten. Den schwächelnden Euroländern wird ein Kreditrahmen eingeräumt. Wenn es ernst wird, können sie die Kredite abrufen. Die EU-Kommission nimmt Kredite auf und reicht sie an gefährdete Euro-Länder weiter.
Zweckgesellschaft soll Kredite aufnehmen
Sollten die ersten 60 Milliarden Euro nicht reichen, dann sind weitere 440 Milliarden in der Hinterhand - und zwar im Rahmen einer noch zu gründenden Zweckgesellschaft. Wie die funktioniert, erläutert der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden: "Die Gesellschaft kann im Namen aller Euro-Staaten Geld leihen, und dies wird dann von den Mitgliedsstaaten in der Eurozone garantiert. Die EU-Länder geben das Geld also nicht direkt in die Zweckgellschaft, aber sie stehen dafür in Form von Kreditgarantien gerade."