EU-Gipfel Gemeinsam regieren oder besser koordinieren?
Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder wollen in Brüssel Maßnahmen für mehr Wachstum auf den Weg bringen. Diskutiert wird auch über eine "Europäische Wirtschaftsregierung". Doch schon der Begriff lässt Raum für Interpretationen und eine Umsetzung könnte lange dauern.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Finanzkrise, das Griechenland-Fiasko, der abrutschende Euro - all das hat den EU-Mitgliedsländern gezeigt: So geht es nicht weiter, Strukturreformen müssen her. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte vor dem Treffen mit den anderen 26 Staats- und Regierungschefs, man werde die Weichen für eine gemeinsame Wirtschaftsstrategie stellen, eine Strategie, die auf Wachstum ausgelegt ist. "Europa tut etwas, was weltweit erwartet wird. Wir zeigen, wo wir Entwicklung dynamisch gestalten wollen: Bildung, umweltfreundliche Technologien, Beschäftigung", sagte Merkel.
Bei verbindlichen Vorgaben für eine abgestimmte Wirtschaftspolitik taten sich die EU-Staaten bisher immer schwer. Doch auch das soll sich jetzt ändern. Der Begriff "Europäische Wirtschaftsregierung" steht im Raum. Dieser Begriff lässt allerdings viel Spielraum für Interpretationen.
"Eine Regierung im klassischen Sinn wird es nicht geben"
"Eine Regierung im klassischen Sinn, dass eine Mehrheit zu einer Entscheidung kommt und das gilt dann für alle Länder - das wird es in Steuerfragen nicht geben", sagte der dazu der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann. "Da werden alle Länder ihre Hoheit behalten. Es kann also nur um eine gute Koordinierung gehen."
Die Bereitschaft dazu sei da, die Umsetzung werde aber sicher länger dauern. Und auch der schwedische Regierungschef Fredrik Reinfeldt sagte, natürlich könne man auf EU-Ebene darüber diskutieren, was nötig sei. Aber die Umsetzung, etwa bei der Sanierung der Staatshaushalte, müsse jedes Land selbst in die Hand nehmen, es gebe keine Abkürzung.
Schweden hat Bankenabgabe bereits eingeführt
Reinfeldt kann bei diesem Thema entspannt sein. Schweden hat seinen Haushalt im Griff und liegt bei der Neuverschuldung unter der erlaubten Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Und das Land hat auch schon bei der Frage, wie man die Verursacher der Finanzkrise zur Kasse bitten kann, Fakten geschaffen: Seit Herbst gibt es in Schweden eine Bankenabgabe. Das Geld fließt in einen Fonds und wenn wieder eine Krise kommt, ist man gewappnet.
Juncker fordert Transaktionssteuer
Der Chef der Eurogruppe, der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, hält Bankenabgaben für eine gute Idee - will aber dazu auch eine Transaktionssteuer, also eine Steuer auf jede Geldbewegung bei Banken und an den Börsen. "Es kann nicht sein, dass große internationale Banken und Finanzmarktakteure sich nicht an den Folgen der Krise finanziell beteiligen."
Juncker hätte hier ebenso wie Kanzlerin Merkel am liebsten eine globale Lösung. Aber er ist Realist genug, um das für vage Zukunftsmusik zu halten. Und so fügt er hinzu: "Wenn das nicht geht, dann brauchen wir halt eine europäische Regelung - im Notfall eben eine für die Eurozone." Also für die 16 Länder mit der Gemeinschaftswährung Euro.