EU berät über Finanztransaktionssteuer Eine Steuer entzweit Europa
Kommt die Finanztransaktionssteuer oder nicht? Soll sie in der ganzen EU erhoben werden oder notfalls auch nur in der Eurozone? Über diese Fragen streiten heute erneut die EU-Finanzminister. Die Gruppe der Befürworter der Steuer wächst. Doch auch die Gegner zeigen sich entschlossen.
Das Treffen der EU-Finanzminister wird heute ein weiteres Mal zum Schauplatz des Streits über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble machte deutlich, dass er sich im Ringen um die Abgabe nicht länger von den Briten bremsen lassen wolle. Falls sich zeige, dass die Abgabe im Kreis aller 27 nicht schnell zu schaffen sei, "dann fangen wir natürlich an, über Alternativen nachzudenken", sagte er vor dem Treffen. Bislang verfolgen die Befürworter das Ziel, die Finanztransaktionssteuer in der gesamten EU einzuführen. Vor allem Frankreich und Deutschland ließen erkennen, dass die neue Abgabe notfalls zunächst auch nur in den 17 Staaten der Eurozone erhoben werden könnte.
Folgen der Steuer umstritten
Die Finanztransaktionssteuer verfolgt drei Hauptziele: Sie soll die Finanzbranche an den Kosten bei der Bewältigung der Krise beteiligen. Sie soll riskante Finanzspekulationen unattraktiver machen und damit eindämmen. Zudem sollen die Einnahmen bei der Sanierung der Staatshaushalte helfen. Die Gegner argumentieren vor allem, dass nur eine international abgestimmte Einführung sinnvoll sei. Denn wenn die EU allein vorangehe, werde das nur zu einer Verlagerung der Finanzgeschäfte hin zu anderen internationalen Standorten führen. Unter dem Strich werde daher eine Schwächung der europäischen Finanzplätze stehen, ohne dass die Ziele der Befürworter erreicht würden.
Die EU-Kommission hatte im September einen Vorschlag für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU vorgelegt. Starttermin soll demnach das Jahr 2014 sein. Erwartet werden demnach jährliche Einnahmen von bis zu 57 Milliarden Euro. Die Gruppe der Befürworter wuchs in den vergangenen Monaten: Auf die Seite Deutschland, Österreichs und Frankreichs schlugen sich mittlerweile fünf weitere Länder. In einem gemeinsamen Brief forderten sie die dänische Ratspräsidentschaft zu mehr Tempo bei diesem Thema auf. "Aber die Schweden und die Briten sind noch etwas sperrig", sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter. Sie hoffe dennoch, dass beim heutigen Treffen der Startschuss für die Steuer komme. "Wir rechnen 2015 mit dem ersten Geld", sagte sie.
Briten, Schweden und Tschechen dagegen
Neben Großbritannien und Schweden sperrt sich auch Tschechien gegen eine Finanztransaktionssteuer. "Für uns ist eine Finanztransaktionssteuer schwer zu akzeptieren", sagte der schwedische Finanzminister Anders Borg. Die Folgen seien höhere Kosten bei der Aufnahme von Krediten für Unternehmen und Regierungen gleichermaßen. "Dieser Vorschlag ist daher nicht gut für das europäische Wachstum", sagte Borg.
Die Euro-Mitgliedsländer Niederlande, Luxemburg und Irland lehnen zumindest die aktuell diskutierte Variante ab, sie zunächst nur in den 17 Euro-Staaten einzuführen. Wenn überhaupt, müssten alle 27 EU-Staaten mitziehen, sagte Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden. Sonst drohe eine Abwanderung der Finanzmarktgeschäfte, argumentierte er.
Vor diesem Hintergrund wollen die EU-Finanzminister eine grundsätzliche Debatte darüber führen, wie Geschäfte auf den Finanzmärkten besteuert werden könnten. Dabei geht es laut Finanzminister Schäuble darum, "dass man schaut, gibt es eine Chance, gibt es keine Chance, muss man noch über Alternativen oder Kompromisse nachdenken".
FDP bekräftigt Ablehnung
Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel sehen sich aber nicht nur internationalem Widerstand gegenüber. Auch innerhalb der Koalition fehlt eine einheitliche Position. Die FDP ist gegen die Finanztransaktionssteuer und tritt stattdessen für eine eine Stempelsteuer nach britischem Vorbild ein. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), rief die FDP vor dem Treffen der EU-Finanzminister zur Unterstützung einer Finanztransaktionssteuer auf. Eine solche Steuer trage dazu bei, "die völlig aus dem Ruder geratene Spekulation und einige absurde Kunstprodukte, die mit der Realwirtschaft nichts zu tun haben, einzudämmen", sagte Schulz der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Der FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing bekräftigte jedoch die Ablehnung seiner Partei. Die Finanztransaktionssteuer sei eine "Mogelpackung für die Bürger", weil die Banken die Kosten an die Kunden weiterreichen würden, sagte er im Deutschlandfunk. Zudem werde dadurch der Finanzplatz Deutschland geschwächt.
Die Finanztransaktionssteuer wird am frühen Abend voraussichtlich auch Thema eines Gesprächs zwischen Merkel und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti in Rom sein.