Gesetz zu Kryptotransfers EU reguliert den "Wilden Westen"
Wer Kryptowährungen nutzt, handelt meist anonym. Bei Geldwäschern und Betrügern sind Bitcoin und Co. deshalb beliebt. Nun hat das EU-Parlament die weltweit erste umfassende Regulierung der Digitalwährungen verabschiedet.
Die EU will die Kryptomärkte fester an die Leine nehmen. Mit breiter Mehrheit hat das EU-Parlament heute für das erste EU-Gesetz zu Kryptotransfers gestimmt. Damit werden schärfere Regeln gegen Geldwäsche mit Kryptowährungen wie Bitcoin eingeführt. Die EU-Länder müssen noch zustimmen, das gilt aber als Formsache.
Das Gesetz ist keine Revolution. Binance und andere große Kryptoportale sind bereits jetzt weitgehend auf EU-Linie. Nun aber sollen in der gesamten Kryptowelt die gleichen Regeln wie im traditionellen Bankensektor gelten.
Sicherer Ort statt "Wildwest"
Die EU fokussiert sich bei den Maßnahmen gegen Krypto-Geldwäsche auf die Stelle, an der Bitcoin, Ether und andere Digitalwährungen in herkömmliches Geld wie Euro oder US-Dollar umgetauscht werden. Daher bleiben direkte Transfers zwischen Inhabern von plattformunabhängigen Krypto-Wallets außen vor. Sie wären aber ohnehin schwer zu kontrollieren.
Bisher war die Situation auf den digitalen Geldmärkten vergleichbar mit "Wildwest", sagt der CDU-Europaparlamentarier Stefan Berger, der für die EVP-Fraktion an der Verordnung mitarbeitete. Aber nun werde es ein sicherer Ort für Verbraucher und Investoren.
"Zunächst klassifizieren wir Coins, um sie beurteilen zu können", erklärt Berger. "Dann klären wir auch Informationsrechte der Verbraucher, und deshalb müssen Herausgeber von Coins ab jetzt ein Whitepaper erstellen, in dem sie auf die zugrunde liegende Technologie, Risiken, Umtausch- und Rückgaberechte und vieles mehr eingehen müssen." Anhand dieser Daten solle künftig jeder selbst für sich entscheiden können, ob er ein Kryptoasset kauft oder nicht, so der CDU-Politiker.
"Missbrauch durch Manipulation wird verhindert"
Auch wenn die Cyberdevisen, angesichts extremer Kurskapriolen, keine verlässliche Absicherung gegen Inflationsrisiken sind, wird die Akzeptanz für Kryptooptionen größer. Deshalb gäbe es auch immer mehr Schnittpunkte zwischen den traditionellen und den Krypotmärkten, sagt Mairead McGuinness.
Die zuständige Kommissarin für Finanzdienstleistungen glaubt, dass die neue EU-Verordnung zuallererst für mehr Rechtssicherheit sorgen wird. "Zweitens werden Regeln eingeführt, um Missbrauch beispielsweise durch Manipulationen auf den Kryptomärkten zu verhindern", sagt die Kommissarin. "Außerdem möchten wir, dass sich die Dienstleister und Anbieter in der Branche den Geldwäscheregelungen unterwerfen."
Drittens würden Plattformen und Kryptobörsen den nationalen Überwachungsbehörden unterliegen. Und viertens müssten die Anbieter Informationen über Absender und Empfänger der Transaktionen abrufbar haben, so McGuinness.
Piratenpartei: Gesetz beraubt Bürger ihrer Freiheit
Anonyme Zahlungen werden mit dem Gesetz faktisch verboten. Eine Problematik, die die Gemüter erhitzt - neben der Frage, ob der hohe Energieverbrauch von Kryptowährungen nicht die Klimaziele der EU ad absurdum führt.
Nicht nur der Europaabgeordnete der Piratenpartei Patrick Breyer hält es für ein Bürgerrecht, dass man mit Kryptos so anonym wie mit Bargeld zahlen kann. "Zum Beispiel um an Wikileaks spenden zu können, wenn die Banken der Enthüllungsplattform wieder mal die Kreditkartenspenden abgedreht haben", meint Breyer. "Zum Beispiel damit russische Bürger den Dissidenten unterstützen können ohne Angst vor Repressionen durch das Putin-Regime."
Dass anonyme Zahlungen und Spenden in digitalen Währungen "total und ab dem ersten Euro verboten werden", habe kaum nennenswerte Auswirkungen auf die Kriminalität, beraube aber gesetzestreue Bürger ihrer finanziellen Freiheit.
Dagegen steht das Argument, dass Kriminelle Kryptowährungen nutzen, um anonym Geld zu waschen oder Terror zu finanzieren. Doch können solche kriminellen Transaktionen schon heute besser verfolgt werden als reine Bargeldgeschäfte.
Neuregelung tritt spätestens 2025 in Kraft
Die Kryptotransfers sogenannter unabhängigen Wallets - einer Art von digitaler Brieftasche -, lassen sich als App in wenigen Sekunden anonym herunterladen und sind auch mit den neuen EU-Regeln kaum zu kontrollieren. Bei Transaktionen mit diesen unabhängigen Wallets greift die Informationspflicht ab Beträgen ab 1000 Euro.
Vom 23. Juli an soll die Verordnung nun stufenweise in Kraft treten. So müssen beispielsweise an Währungen gebundene Kryptowerte - sogenannte Stablecoins - bereits ab Juli 2024 größere Finanzreserven nachweisen, um zugelassen zu werden. Spätestens im Januar 2025 soll dann die komplette Neuregelung gelten.