Treffen der EU-Finanzminister Wer regiert bald bei Europas Klimabank?
Die Europäische Investitionsbank hat an Bedeutung stark gewonnen, als Finanzierer des Klimaschutzes und beim Ukraine-Wiederaufbau. Nun steht ein Führungswechsel an - und sie könnte eine Chefin bekommen.
Nadia Calviño hat ein Heimspiel, und das will sie nutzen: Die spanische Finanzministerin ist Gastgeberin des Treffens mit ihren EU-Kolleginnen und -Kollegen im Wallfahrtsort Santiago de Compostela. Dies ist eine hervorragende Gelegenheit, um weiter für sich zu werben. Denn die Ministerrunde entscheidet über die Leitung der Europäischen Investitionsbank (EIB) - und Calviño will deren Präsidentin werden.
Nach ihren Worten ist die EIB eine sehr starke Institution, die noch stärker gemacht werden muss. Calviño sieht einen "Moment mit großen Herausforderungen, aber auch eine sehr inspirierende Aufgabe". Als ehemalige Spitzenbeamtin der Kommission kennt Calviño den EU-Politikbetrieb bestens, sie gilt als hervorragend vernetzt.
Nadia Calviño nutzt den Heimvorteil - die spanische Finanzministerin will Leiterin der Europäischen Investitionsbank werden.
Künftig mutigere Kreditvergabe?
Ihre schärfste Konkurrentin um den EIB-Chefposten ist Margrete Vestager, früher dänische Wirtschaftsministerin, jetzt stellvertretende Kommissionschefin und zuständig für Wettbewerb, derzeit für ihre Bewerbung beurlaubt. Vestager hat sich einen Namen gemacht, indem sie Milliardenstrafen gegen mächtige IT-Konzerne wie Google oder Apple verhängte.
Zuletzt hatte sie allerdings keinen guten Lauf: Kartellverfahren scheiterten vor Gericht, und Frankreich bremste ihren Versuch aus, eine US-Amerikanerin zur Chefökonomin ihrer Generaldirektion zu ernennen. Falls sie EIB-Chefin werden sollte, will Vestager die Bank mit Sitz in Luxemburg schneller machen und risikofreudiger bei der Kreditvergabe.
Von der Wettbewerbskommissarin zur Leiterin der Europäischen Investitionsbank? Margrete Vestager ist die schärfste Konkurrentin von Calviño.
Fördergeld soll privates Kapital mobilisieren
Aber die Chancen ihrer Konkurrentin Calviño sind gestiegen, nachdem im Rennen um einen anderen Posten eine spanische Kandidatin scheiterte. Dabei ging es um die Leitung der europäischen Bankenaufsicht - die übernimmt Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch. Die EU-Regierungen achten peinlich darauf, dass bei der Besetzung von Europas Topjobs kein Mitgliedsstaat zu viel abbekommt.
Die EIB ist nach eigenen Angaben weltgrößter multilateraler Kreditgeber, und sie wächst weiter mit ihren Aufgaben. Die sind gewaltig: Europas nachhaltiger Umbau und der Wiederaufbau der Ukraine kosten Hunderte Milliarden Euro. Die EIB soll dafür mit Hilfe ihrer Fördermittel ein Vielfaches an privatem Kapital mobilisieren.
Der scheidende Präsident Werner Hoyer hat die EIB zur Klimabank umgebaut: Im vergangenen Jahr vergab sie mehr als die Hälfte ihrer Kredite für Klimaschutz und Energieprojekte. Seit Russlands Einmarsch im vergangenen Jahr hat die EIB rund 2,3 Milliarden Euro für die Ukraine bereitgestellt, besonders um wichtige Infrastruktur wieder aufzubauen.
Der Reformdruck steigt
Die Ministerrunde berät in Santiago de Compostela Personalfragen. Und sie streitet weiter über die Reform der EU-Schuldenregeln, die wegen der Corona-Pandemie und dem Krieg gegen die Ukraine ausgesetzt sind. Viele halten die derzeitigen Vorgaben für Haushaltsdefizite und Gesamtverschuldung für kompliziert und praxisfern.
Gastgeberin Calviño gibt sich deshalb zuversichtlich: Mit Blick auf Prioritäten und gemeinsame Ziele der Reform seien die 27 gar nicht so weit auseinander. Die Bundesregierung verlangt beim Schuldenabbau weiter klare Richtwerte für alle EU-Staaten. Berlin will es nicht der EU-Kommission überlassen, mit den Regierungen einzeln über deren Haushaltspläne zu verhandeln.
Frankreich lehnt automatische und allgemeingültige Vorgaben dagegen kategorisch ab. Trotzdem ist der französische Finanzminister Bruno Le Maire nach eigenen Worten davon überzeugt, dass sich Frankreich und Deutschland bis Ende des Jahres einigen können. Der Druck steigt. Denn falls die 27 EU-Staaten das nicht schaffen, gelten automatisch wieder die alten Regeln. Und das will eigentlich niemand.