EU-Kommission wirft E.ON Behinderung von Ermittlungen vor 38 Millionen Euro Strafe für aufgebrochenes Siegel
In Brüssel ist man verärgert über den Energiekonzern E.ON. EU-Ermittler hatten mehrere Unterlagen des Unternehmens beschlagnahmt und in einem versiegelten Raum zwischengelagert. Doch das Siegel wurde durchbrochen. Die EU verurteilte E.ON nun zu einer Geldstrafe von 38 Millionen Euro.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Bei E.ON staunte man Ende Mai 2006 nicht schlecht, als eine Handvoll EU-Beamte in die Konzernzentrale spazierte, ihre Ausweise zückte und verlangte, stapelweise interne Unterlagen und Geschäftsberichte einzusehen. Der Vorwurf: illegale Geschäftspraktiken, oder in EU-deutsch: Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht. Nicht nur bei E.ON wurden die EU-Ermittler vorstellig, sondern auch bei anderen Energiekonzernen in ganz Europa. Sie sollen mit illegalen Preisabsprachen und Knebelverträgen die Energiepreise künstlich in die Höhe getrieben haben - die Untersuchungen laufen immer noch.
EU-Siegel aufgebrochen
Die EU-Ermittler fackelten nicht lange: Sie beanspruchten einen Raum für sich und lagerten dort alles Material, das ihnen wichtig erschien, erst einmal ein. Am nächsten Tag wollten sie es dann sichten und gegebenenfalls beschlagnahmen. Zur Sicherheit wurde der Raum versiegelt. Als sie am nächsten Tag wieder kamen, stellten sie allerdings fest, dass das Siegel beschädigt war. "Das ist ein sehr ernster Vorfall", sagte Kommissionssprecher Jonathan Todd. Ernst genug, um ernsthafte Konsequenzen nach sich zu ziehen: Die EU-Kommission ist überzeugt davon, dass E.ON das Siegel aufgebrochen hat, um in den Raum zu gelangen.
"Ein starkes Signal an die Unternehmen"
Der Konzern wird deshalb zur Kasse gebeten - Brüssel verdonnert E.ON zu einer Geldbuße in Höhe von 38 Millionen Euro. "Wir haben diese Summe verhängt, weil wir ein starkes Signal an die Unternehmen senden wollten, dass wir keine Versuche tolerieren werden, unsere Untersuchungen zu untergraben", sagte der Kommissionssprecher. Ob Unterlagen aus dem Raum verschwunden sind, ließ sich nicht feststellen - sie waren noch nicht gesichtet worden.
Ärger über kreative Erklärungsversuche
Zur Verärgerung hat in Brüssel aber durchaus beigetragen, dass E.ON große Kreativität an den Tag legte, um eine Erklärung für den Siegelbruch zu finden: "Es gab verschiedene Erklärungen, die sich mit der Zeit geändert haben: Einmal war es die Putzfrau, dann hatte jemand eine Party gegeben, dann hieß es die Wände hätten vibriert weil Möbel verrückt wurden", sagte Kommissionssprecher Todd. Die EU-Kommission gab schließlich ein Gutachten in Auftrag: Aus dem sei eindeutig hervorgegangen, dass das Siegel bewusst aufgebrochen sein müsse, hieß es. E.ON kann nun gegen die Geldbuße vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Allerdings weist Brüssel darauf hin, dass die Geldbuße auch deutlich höher hätte ausfallen können: Bis zu 68 Millionen Euro wären möglich gewesen.