Konzerne nach der Atomwende, Teil 3 EnBW - ein grün-rotes Finanzproblem

Stand: 17.08.2011 11:54 Uhr

Bei keinem Energiekonzern ist die Lage verworrener als bei EnBW. Der halbstaatliche Versorger aus Baden-Württemberg hing wie kein anderer von der Kernkraft ab. Nun muss EnBW investieren, doch die Kassen sind leer - und Grün-Rot lehnt eine Kapitalerhöhung ab.

Von Werner Eckert, SWR

50 Prozent der Stromerzeugung kommen bei EnBW aus den Atomkraftwerken, zudem hat das Unternehmen durch den Atomausstieg aber auch wie kein anderes verloren: Neckarwestheim I und Philippsburg I bleiben abgeschaltet. Das bedeutet: Ein Viertel des Stroms muss jetzt woanders herkommen. Die Blöcke II beider Anlagen laufen dafür noch bis 2019 beziehungsweise 2022.

Grün-rote Landesregierung "besitzt" Atomkraftwerke

Das Pikante: Das Unternehmen gehört fast zur Hälfte dem Land Baden-Württemberg - und das wird von der ersten grün-roten Landesregierung in Deutschland geführt. In diese wenig angenehme Situation hat Ex-Ministerpräsident Mappus (CDU) seine Nachfolger gebracht. Mappus hat im vergangenen Jahr die Anteile des französischen Energieriesen EdF an der EnBW für 4,7 Milliarden Euro aufgekauft.

Die Folge: Der Atomausstieg, den die neue Landesregierung auf der einen Seite sehr begrüßt, kostet sie auf der anderen nun viel Geld. Denn das Unternehmen hat im ersten Halbjahr 2011 herbe Verluste eingefahren: fast 600 Millionen Euro nach 900 Millionen Euro Gewinn im Vergleichszeitraum 2010.

Stichwort
Die EnBW mit Sitz in Karlsruhe hat ihre rund sechs Millionen Kunden schwerpunktmäßig in Baden-Württemberg. Gut 20.000 Menschen arbeiten bei EnBW, der Umsatz des Unternehmens lag 2010 bei 17,5 Milliarden Euro, operatives Ergebnis: zwei Milliarden Euro (adjusted EBIT).

Der Wert von EnBW ist kräftig gesunken, an Verkaufen ist derzeit nicht zu denken. Das Land richtet sich darauf ein, für viele Jahre auf der "Erblast" - so Nils Schmid, der neue SPD-Finanzminister - sitzen zu bleiben. Gemeinsam übrigens mit den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken, hinter der wiederum einige Landkreise mit "schwarzen" Landräten stecken. Eine politisch schwierige Situation.

Erneuerbare statt Atom

EnBW fehlen jetzt massiv Kraftwerke. Das Unternehmen setzt öffentlichkeitswirksam ein Ausbauziel für Erneuerbare Energien: 20 Prozent bis 2020. Das bedeutet zwar, dass sich der Anteil von Sonne, Wind und Wasser etwa verdoppeln soll, dennoch ist dieses Ziel gemessen am bundesdeutschen Schnitt nicht wirklich ehrgeizig: Da sind es aktuell bereits 17 bis 18 Prozent.

EnBW hat also Nachholbedarf. Jetzt sollen ein weiterer Wasserkraftblock im Rhein und Beteiligungen an Off-Shore-Windparks die Wende bringen. Ursprünglich war ein Drei-Milliarden-Euro-Programm für den Umbau  vorgesehen. Aber: Die Kassen sind gerade jetzt, wo Geld gebraucht wird, leer.

Kein frisches Geld in Sicht

Um den Umstieg zu finanzieren, hat EnBW eine Kapitalerhöhung vorgeschlagen - die Kreise und das Land müssten frisches Geld nachschießen. Aber zumindest das Land will derzeit nicht. Finanzminister Schmid will nicht noch mehr Geld in das Unternehmen stecken.

Deshalb gibt es jetzt einen strikten Sparkurs. EnBW-Chef Hans-Peter Villis will bis 2013 nun 600 Millionen Euro einsparen - zum großen Teil wohl über den Abbau von Arbeitsplätzen. Mindestens zehn Prozent der gut 20.000 Arbeitsplätze könnten auf dem Spiel stehen. EnBW bemüht sich nun auch um mehr Zusammenarbeit mit Stadtwerken. Bisher wurden die eher als Konkurrenten gesehen. 

Ernst - aber nicht aussichtslos

Auch wenn die Lage ernst ist - bereits 2004 hatte das Unternehmen schon einmal kräftig Stellen gestrichen. Und da war von den Auswirkungen eines Atomausstieges noch nichts zu spüren. Und die extrem schlechten Zahlen der Halbjahresbilanz rühren aus Sonderabschreibungen und Wertberichtigungen. Die Brennelemente in den abgeschalteten Blöcken verlieren an Wert, es muss wegen der kürzeren Laufzeiten schlagartig mehr Geld für den Abbau der AKW zurückgestellt werden und auch sonst nutzt das Unternehmen die Chance, manches gerade zu rücken.

Rechnet man das raus, dann ist das Betriebsergebnis zwar um ein Viertel zurückgegangen, aber längst nicht mehr so desaströs in die Miesen gestürzt. Um die Kasse wieder zu füllen, soll jetzt der Gas-Sektor des Konzerns neu aufgestellt werden.