Studie von DIW und IfW Sanktionen führen zu erheblichen Schäden
Auch ohne die Beteiligung wirtschaftlich bedeutender Länder wirken Sanktionen. Seit den 2014 verhängten Maßnahmen fielen etwa die russischen Exporte um mehr als ein Drittel. Im Iran war der Einbruch noch deutlicher.
Wirtschaftssanktionen wirken sich auch ohne die Beteiligung ökonomisch bedeutender Länder wie China erheblich auf die betroffenen Staaten aus. Sowohl die 2014 wegen der Krim-Besetzung verhängten Maßnahmen gegen Russland, als auch die gegen den Iran im Jahr 2012 hätten spürbar gewirkt, heißt es in einer heute veröffentlichten Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW).
"Mit Blick auf die in diesem Jahr gegen Russland verhängten Sanktionen ist relevant, dass erhebliche Wohlstandsverluste beim sanktionierten Land auch dann eintreten, wenn nicht alle weltweit wirtschaftlich bedeutenden Länder mitziehen", lautet das Fazit von Mitautor Julian Hinz vom IfW-Forschungszentrum Handelspolitik.
Wohlstandsverluste nach Sanktionen
Russische Exporte fielen der Untersuchung zufolge dauerhaft um 36 Prozent und die Importe um mehr als 30 Prozent niedriger aus, als es vor den 2014 verhängten Sanktionen der Fall war. Das habe zu einem Verlust von 1,5 Prozent des Wohlstands und von zehn Prozent der Handelsgewinne des Landes geführt.
Für den Iran fiel das Minus mit 41 Prozent bei den Exporten und 83 Prozent bei den Importen noch deutlicher aus. Das Land erlitt demnach einen dauerhaften Wohlstandsverlust von 1,7 Prozent und einen Einbruch der Handelsgewinne um zwölf Prozent.
Die bekannteste und gebräuchlichste Größe, um Wohlstand zu messen, ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Es erfasst alle in einem Land innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf dem Markt oder durch den Staat erwirtschafteten Güter und Dienstleistungen.
Welche Staaten würden Sanktionen schlagkräftiger machen?
Die Wirkung der Sanktionen sei eingetreten, obwohl es keine geschlossene, weltweite Koalition für die Strafmaßnahmen gegeben habe, so die Forscherinnen und Forscher. "Selbst wenn in einer globalen Koalition wichtige Länder fehlen, können gemeinsam verhängte Sanktionen das betroffene Land erheblich schwächen", sagte Hinz.
Die Simulationen zeigen jedoch auch, welche weiteren Länder besonders wirksam zu den Sanktionen hätten beitragen können, wären sie der westlichen Koalition um die USA beigetreten: Im Fall Russlands wären das insbesondere China, Vietnam, Belarus, die Türkei und Südkorea. Hätten sie sich an den Strafmaßnahmen beteiligt, wäre der wirtschaftliche Schaden für Russland besonders stark ausgefallen.
Die Iran-Sanktionen hätten ebenfalls vor allem durch eine Beteiligung Chinas und auch der Vereinigten Arabischen Emirate, Indiens, Singapurs und Brasiliens deutlich an Durchschlagskraft gewonnen. Chinas Kooperation bei den wirtschaftlichen Maßnahmen gegen den Iran und Russland würde das Abschreckungspotential der Sanktionen deutlich erhöhen, heißt es weiter in der Studie. "Große, sich entwickelnde Länder wie China, Indien, Brasilien und Vietnam sind wichtige Alliierte, will man die Kosten von Sanktionen für den Iran und Russland nach oben treiben", sagte Hinz.
Kleine sanktionierende Länder leiden mehr
Mit Hilfe der Simulation wurde auch untersucht, welche der sanktionierenden Länder jeweils die höchsten Lasten in Form eigener Wohlstandverluste tragen. Die Kosten würden tendenziell überproportional von kleinen Staaten getragen. Im Fall Russland fielen vor allem für Länder wie Lettland, Litauen und Estland hohe Kosten an - aber auch für die Ukraine.
Absolut gesehen sind die Lasten für Deutschland, Polen und die Ukraine am höchsten. Die niedrigsten Kosten in absoluten Werten tragen die USA, Großbritannien, Japan, Kanada und Australien, teilten die beiden Institute mit.
Maßnahmen gegen Iran und Russland
Sowohl gegen den Iran als auch gegen Russland hat der Westen in diesem Jahr Sanktionen verhängt. Die USA haben wegen des brutalen Vorgehens gegen die Proteste im Iran erst kürzlich Maßnahmen unter anderem gegen den Befehlshaber der iranischen Revolutionsgarden und seinen Stellvertreter, gegen hochrangige Beamte wie den Direktor des berüchtigten Ewin-Gefängnisses in der Hauptstadt Teheran sowie gegen Mitglieder des Geheimdienstes ergriffen. Auch in Deutschland will man den Iran zu den bereits bestehenden Sanktionen in der EU mit weiteren Restriktionen belegen. So sollen etwa ohnehin schon eingeschränkte Wirtschaftskontakte weiter reduziert werden - auch hinsichtlich noch bestehender Geschäftsbeziehungen iranischer Banken.
Zu den Maßnahmen gegen Russland auf EU-Ebene gehören eine Reihe von Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen. So dürfen spezielle Güter, die zur Ölraffination benötigt werden, nicht aus der EU nach Russland exportiert werden. Auch der Erwerb, die Einfuhr oder die Weiterleitung von Rohöl und bestimmten Erdölerzeugnissen aus Russland in die Mitgliedsländer wurde mit dem sechsten Sanktionspaket verboten.
Mit dem in diesem Monat beschlossenen achten Sanktionspaket gegen Russland schaffen die EU-Staaten zusätzlich die Grundlage dafür, dass Russland Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien verkaufen muss als derzeit. So sollen die Einnahmen Moskaus reduziert werden, aus denen auch der Krieg gegen die Ukraine finanziert wird.