Gasfaserkabel vor einem Haus
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Telekommunikationsgesetz Wie schnell muss schnelles Internet sein?

Stand: 22.04.2021 11:58 Uhr

Die vom Bundestag beschlossene Reform verspricht den Bürgern erstmals ein Recht auf schnelles Internet. Doch was bedeutet das? Wer legt fest, wie schnell das schnelle Internet mindestens sein muss?

Wer in entlegenen Gebieten oder auf dem Land wohnt und bisher gar nicht oder nur im Schneckentempo durchs Internet surft, kann sich ab Mitte nächsten Jahres bei der Bundesnetzagentur darüber beschweren. Die Behörde prüft dann den Fall und beauftragt gegebenenfalls einen Anbieter mit der Verlegung eines Breitbandzugangs. Das Geld dafür kommt aus einem Finanztopf, der von Telekom-Firmen gefüllt wird.

Wie schnell muss "schnelles Internet" sein?

Diese Regelung ist Teil der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG), die der Bundestag beschlossen hat. Die TKG-Reform legt erstmals gesetzlich ein "Recht auf schnelles Internet" fest. Bisher hatten die Bürger lediglich Anspruch auf einen funktionalen Internetzugang mit einem Tempo von 56 Kilobit (0,056 Mbit pro Sekunde). Dieses Mindesttempo soll nun deutlich angehoben werden.

Noch aber ist unklar, wie schnell das Internet mindestens sein muss, das die Anbieter der Endkunden zur Verfügung stellen müssen. Denn das Gesetz enthält hierzu keine konkrete Zahl. Vielmehr soll die rechtlich verbindliche Untergrenze noch berechnet werden - vermutlich durch die Bundesnetzagentur - und dann als Teil einer Verordnung in einigen Monaten veröffentlicht werden.

Referenz ist Bandbreite der Bevölkerungsmehrheit

Die rechtlichen Vorgaben für die Berechnung berücksichtigen Geschwindigkeiten bei Download, Upload sowie Werte zur Verzögerung bei der Datenübertragung (Latenz). Die Bundesnetzagentur klammert die 20 Prozent der Bevölkerung mit den besten Internetverbindungen dabei aus. Bei den übrigen 80 Prozent, die ein langsameres Netz haben, schaut sich die Behörde deren vertraglich zugesichertes Mindest-Downloadtempo an und ermittelt hierzu einen Mittelwert. Laut Expertenschätzungen dürfte so die Download-Untergrenze im niedrigen zweistelligen Megabit-pro-Sekunde-Bereich liegen, bei unter 20 Mbit.

Diese Vorgaben dürften daher nur Menschen betreffen, die auf dem Land oder am Stadtrand leben. In größeren Städten sind schon jetzt bessere Internetverbindungen möglich.

Kritik der Branche

Die Mobilfunk- und Internetbranche sieht diesen Universaldienstanschluss kritisch. In einem Brief an Bundestagsabgeordnete warnten der Branchenverband Anga und andere Lobby-Verbände davor, dass größere Ausbauprojekte verzögert werden könnten, weil nun der Schwerpunkt auf "besonders schlecht versorgte Einzellagen" gelegt werden müsste. Die Netzbetreiber könnten verpflichtet werden, schnelle Internetleitungen in entlegene Ecken und zu einsamen Bauernhöfen zu verlegen.

Auch Verbraucherschützer üben Kritik am Recht auf schnelles Internet. Sie vermissen eine gesetzlich festgelegte Mindestbandbreite. Die Regelung biete kein "Mehr für Verbraucher", kritisiert Susanne Blohm, Referentin für Telekommunikation beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Noch immer gebe es laut Hochrechnungen des Statistischen Bundesamts drei Millionen Haushalte in Deutschland ohne Internet-Anschluss. "Dieses Problem wird durch das neue Gesetz erst einmal nicht gelöst."

Dagegen begrüßen die Verbraucherschützer Neuerungen beim Kundenschutz. So können Kunden ihren Internetvertrag kündigen oder den Tarifpreis mindern, wenn die Bandbreite niedriger ist als im Vertrag festgelegt wurde. Ebenso steht den Nutzern eine Entschädigung zu, wenn der Ausfall des Internets nicht binnen zwei Tagen behoben wurde. "Das sind tolle Verbesserungen für die Verbraucher", freut sich Verbraucherschützerin Blohm vom vzbv.

Kabel-TV könnte teurer werden

Umstritten ist dagegen die Abschaffung des so genannten "Nebenkostenprivilegs". Ab 2024 dürfen Vermieter nicht mehr die Kosten für TV-Kabelgebühren auf die Mieter umlegen. Bisher konnten sie zu günstigeren Preisen Sammelverträge mit Kabelnetznetzbetreibern abschließen und pauschal acht bis zehn Euro über die Nebenkosten bei den Mietern berechnen. Für die Mieter war das billiger als selbst Verträge abzuschließen. Andererseits mussten sie die TV-Kosten auch zahlen, wenn sie den Anschluss gar nicht nutzten oder andere Fernsehanbieter bevorzugten.

Künftig können Vermieter die TV-Kosten nur noch bei Verlegung von Glasfaserleitungen auf die Mieter abwälzen. Für ein abgespecktes "Bereitstellungsentgelt" dürfen dann maximal fünf Euro pro Monat berechnet werden. Separat dazu müssen die Mieter Einzelverträge mit den TV-Anbietern abschließen.

Wer profitiert, wer verliert?

Millionen Mietern drohen dann höhere Kosten für ihren TV-Anschluss. Der Breitbandverband warnt vor einer Verdoppelung der Anschlussentgelte. Rund 12,5 Millionen Mieter zahlen hierzulande über die Nebenkostenabrechnung ihre Fernsehkosten.

Die Verbraucherschützer befürworten zwar die Streichung des "Nebenkostenprivilegs", monieren aber die Quersubventionierung durch den Glasfaserausbau. Unterm Strich steigen dadurch die Kosten für die Mieter, sagt vzbv-Referentin Blohm.

Am meisten unter dieser neuen Regelung dürfte Vodafone leiden. Der Kabelnetzanbieter war bisher Marktführer in diesem Segment und verkaufte Millionen Sammelverträge zu TV-Kabelanschlüssen. Profiteur der Reform dürfte dagegen die Deutsche Telekom sein. Sie war bisher im Fernsehmarkt im Hintertreffen. Die Mieter könnten ab 2024 geneigt sein, einen anderen Anbieter als Vodafone auszuwählen, wenn die TV-Kosten nicht mehr vollständig in den Mietnebenkosten enthalten sind.

4G-Pflicht ab 2026

Erstmals gibt das neue Telekommunikationsgesetz auch ein Mobilfunk-Ausbauziel vor. Demnach sollen alle Nutzer "möglichst" bis zum Jahr 2026 auf allen Straßen und Bahnstrecken mindestens 4G empfangen können. Und das durchgehend und ruckelfrei.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 22. April 2021 um 11:01 Uhr.